Ratgeber Enterprise 2.0

Social Collaboration professionell nutzen

17.06.2014
Von 
Silvia Hänig ist Kommunikationsberaterin und Geschäftsführerin der iKOM in München.

Mit Yammer zur virtuellen Piazza

Auch die Zühlke Group, Anbieter von Softwarelösungen und Management-Beratung, wertet Mitarbeiterakzeptanz als A und O für die Einführung von Social Collaboration. Jörg Dirbach macht die Bedeutung der Mitarbeiterintegration an einem Kundenprojekt deutlich. Laut dem Chief Knowledge Officer suchte der Kunde Ende 2010 ein System für Informations- und Knowledge-Management, um es an acht Standorten in vier Ländern einzuführen. Zu Projektbeginn interviewte Dirbachs Team über 40 Mitarbeiter aller Hierarchiestufen und Funktionen an allen Standorten. Schnell, so der Berater, wurde klar, dass nahezu alle Mitarbeiter an der Einrichtung eines "Expert Profiling" sowie einer dazugehörenden Expertensuche interessiert waren. Unter diesem Aspekt wurde deutlich, dass kein Weg an einem Enterprise Social Network vorbeiführte.

"Davon war in der ursprünglichen Planung nie die Rede", erinnert sich Dirbach. Um den Mitarbeitern gleich zu Beginn die nötige Motivation und Begeisterung für diese neue Art der länder- und standortübergreifenden Zusammenarbeit mit auf den Weg zu geben, wurde Yammer eingeführt und zur "virtuellen Piazza" erkoren. "Dieser Name hat innerhalb unseres Unternehmens bereits eine eigene Historie. Denn physisch existieren diese Treffpunkte bereits an jedem Standort in Gestalt einer Cafeteria. Dort kann man sich stets persönlich mit den Kollegen austauschen. Mit Yammer funktioniert das jetzt auch virtuell", verdeutlicht Dirbach.

Dreh- und Angelpunkt bei der Plattformnutzung ist der gegenseitige Erfahrungsaustausch sowie das Lernen und natürlich die Expertensuche. Denn bei Zühlke basiert die Zusammenarbeit auf themenspezifischen Fokusgruppen, die aus verschiedenen Business Units weltweit zusammengestellt werden, je nach Skill-Anforderung im Projekt. "Viel entscheidender als unsere strukturellen Voraussetzungen sind allerdings die Fähigkeiten der Mitarbeiter im Umgang mit Beziehungen über soziale Netzwerke", so Dirbach weiter. "Das haben wir bei der Einführung unserer Piazza sofort erkannt. Diejenigen, die Twitter oder Facebook privat nutzen, haben den Sinn dieses Netzwerkes und dessen Anwendung sofort verstanden. Denn eine wesentliche Fähigkeit ist es, sehr viele Informationen schnell filtern zu können und vor allem auch seine persönlichen On- und Off-Zeiten zu kennen. In Phasen höchster Konzentration muss der Mitarbeiter in der Lage sein, alle Informationskanäle abstellen zu können."

Als wesentliche Erfolgsfaktoren beim Etablieren von Yammer als virtuelle Piazza sieht Dirbach vor allem die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Topmanagement, Chief-Knowledge-Management und Corporate Communications. Ferner nennt er den Abgleich von Kommunikationsbedürfnissen mit den Vorteilen von Yammer als Enterprise Social Network sowie dem Management-Sponsoring, das nicht allein aus finanziellem Engagement bestehen darf.

Mehr Effizienz in der Kommunikation

Dass es sich bei Social Collaboration nicht allein um eine technische Herausforderung handelt, sondern um ein Kommunikationswerkzeug, das Präsenz-Meetings, Mails sowie virtuellen Austausch zwischen Unternehmen managt, war der Selbst GmbH nicht von Anfang an klar.

"Zuerst gab es die Website des Verbands mit User-Zugang, Dokumenten-Sharing und Forum, aber das wurde nicht gut genutzt", berichtet Stephan Grabmeier, Unternehmer und Vorstand der Selbst GmbH, einem unabhängigen Netzwerk von Human-Resource-Experten für Innovation im System Arbeit. Der Verein besteht aus 500 aktiven Mitgliedern und 250 Unternehmen, die sich stets kontinuierlich und reibungslos zu neuen HR-Themen vernetzen und austauschen möchten.

"Unsere Mitglieder wollten immer den Überblick über Veränderungen haben und wissen, welche Personen welche Themen besetzen oder Arbeitskreise organisieren. Dafür waren Website, Xing-Gruppe und Facebook auf Dauer nicht die richtige Kombination. Wir brauchten ein durchgängiges Medium, das unserem Kommunikationsbedarf entsprach und mehr Effizienz brachte", so Grabmeier.

Erst auf Basis der konkreten Kommunikationsanforderungen der Mitglieder machte sich der Vorstand auf die Suche nach einer passenden Plattform. Fündig wurde der Verein schließlich bei Zyncro, einem Anbieter für Enterprise-Social-Software für eine unternehmensübergreifende Zusammenarbeit. Damit sah der Verband nicht nur einen nahtlosen Austausch gewährleistet, sondern es sei auch möglich, aus den jeweiligen Firmen-E-Mails heraus zu arbeiten. Bei anderen Anbietern hätte dafür erst mühselig eine Selbst-GmbH-E-Mail eingerichtet werden müssen.

Laut Grabmeier können heute alle aktiven Mitglieder besser im Thema bleiben und sich effizienter mit Kollegen aus anderen Firmen austauschen als zuvor. Auch dieses Beispiel zeigt, dass es in Sachen Social Collaboration nicht damit getan ist, nur die Technik zu sehen und entsprechende Lösungen bereitzustellen. Vielmehr muss zuvor ein vertieftes Verständnis für Kommunikations- und Kollaborationsbedürfnisse entwickelt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein Enterprise Social Network intensiv genutzt wird.

Wie sich Social-Collaboration-Projekte von klassischen IT-Projekten differenzieren

  1. Social-Collaboration-Projekte sind interdisziplinär: Von Anfang an sollten neben der IT die interne Kommunikation, Human Resource sowie die Marketing-Abteilung aktiv beteiligt sein.

  2. Social-Collaboration-Einführungen sind auf die freiwillige Nutzung durch die Mitarbeiter angewiesen. Deshalb sollten Unternehmen in der Lage sein, den konkreten Nutzen für den Einzelnen benennen zu können.

  3. Social-Collaboration-Projekte sind nach Paragraf 87 des Betriebsverfassungsgesetzes mitbestimmungspflichtig. Eine frühzeitige Einbindung des Betriebsrats gibt deshalb in jedem Fall Sinn. (pg)