Das Arbeiten nach den Prinzipien des sozialen Netzwerkens gerät zunehmend in Mode. Unternehmen betiteln sich dann gerne als "Enterprise 2.0" oder "Social Company". Wer den Weg in Richtung Social Business nur technisch beschreitet, kann aber schnell in der Sackgasse landen. Drei Experten treten den Beweis an, dass Social Collaboration mehr als technische Implementierung bedeutet.
Manchmal nutzt man bewährte Praktiken und bemerkt erst später, dass das ursprüngliche Ziel auf diesem Weg niemals erreicht werden kann. Das trifft vor allem auf die Einführungen von Social Collaboration zu. Gartner-Analysten können diese Tatsache mit Zahlen belegen: 80 Prozent der bisherigen Einführungsprojekte von Social Collaboration werden ihre Ziele bis 2015 nicht erreichen. Klare Fakten, für die es Gründe gibt, denn wenn es darum geht, langfristig eine Netzkultur zu etablieren, sehen viele Unternehmen in erster Linie die IT in der Pflicht.
Schließlich sollen doch mittels Social-Media-Techniken Arbeitsabläufe optimiert und beschleunigt werden. Und jeder Mitarbeiter, ob nun der Kollege vor Ort oder am anderen Ende der Welt, soll per Enterprise Social Network jederzeit auf das gesamte Firmenwissen zugreifen können. "Es ist prinzipiell richtig, allerdings zu kurz gesprungen, die sozialen Formen des täglichen Austauschs allein auf das technisch Machbare zu reduzieren", erklärt Siegfried Lautenbacher, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Beck et al. Services. Allerdings wundert ihn diese Herangehensweise nicht, weil die IT in den vergangenen Jahren stark durch Rollouts von Geschäftsanwendungen und Kernprozessen geprägt wurde, zum Beispiel bei einer ERP-Einführung. Die Haltung, auch Social Collaboration so anzupacken, sei offensichtlich.
- Mit Teamwork Wissen sammeln und sparen
Mit Social-Business-Software und der Integration von Anwendungen können Unternehmen ihre Effizienz und Gewinne steigern. Allerdings nur dann, wenn "Social Collaboration" von den Mitarbeitern akzeptiert wird. Tipps zur Planung und Softwareauswahl finden Sie hier. - Akzeptanz für Teamarbeit schaffen
Bei zahlreichen Unternehmen und ihren Mitarbeitern konnte das Prinzip der Enterprise 2.0 aufgrund der schnelleren und geradlinigeren Kommunikation sowie einer größeren, geteilten Wissensbasis schon hohe Akzeptanz erlangen. Überzeugt hat ferner die kostensensible Kopplung verschiedener Funktionen, die früher in separaten Lösungen parallel gepflegt werden mussten. - Modulare Softwarelösungen sind von Vorteil
Ist dieser Punkt geklärt, empfiehlt es sich, Anbieter zu vergleichen und eine Social-Softwarelösung auszuwählen, die modular zusammengestellt werden kann. Auf diese Weise ist die Lösung nicht nur maßgeschneidert, sondern zudem jederzeit um zusätzliche Module erweiterbar. - Anwendungsgebiete für den Mittelstand
Eine "Rundum-Sorglos-Lösung", die wirklich jeden Unternehmensbereich abdeckt, ergibt für kleine und mittelständische Betriebe sicherlich erst ab einer gewissen Größe Sinn. So wäre es beispielsweise bei wenigen Mitarbeitern, die alle an demselben Standort arbeiten, eine Lösung überdimensioniert, die Buchhaltung oder Urlaubsverwaltung über eine Enterprise-2.0-Lösung zu betreiben. Hingegen kann es bereits in kleinen Teams sehr sinnvoll sein, Wissen zu sammeln und zu speichern, eine Datenbank zu pflegen und Dokumente zu verwalten. - Positive Gruppenbildung für mehr Kommunikation und Wissen
So greifen in einer Intranet-Enterprise 2.0-Lösung beispielsweise Kommunikationsbausteine ineinander, die ansonsten parallel gepflegt werden müssten. Der Austausch kann über Chats oder Messaging-Funktionen ebenso erfolgen wie über persönliche Nachrichten innerhalb des Systems, die der E-Mail ähnlich sind. - Activity Streams halten auf dem Laufenden
Social-Software-Angebote haben ihren Ursprung oft in Funktionalitäten, die sich an Social-Media-Netzen orientieren. So kann ein mittelständisches Unternehmen seine Mitarbeiter mit sogenannten Activity Streams auf dem Laufenden halten: Direkt auf der Portalstartseite eines Mitarbeiters blendet der Activity-Stream neue Postings oder Aktionen der Organisationsmitglieder ein, auch Aktivitäten in Gruppen werden angezeigt. - Wissens-Pool hilft Zeit und Geld sparen
Wikis, Blogs und Foren, die ihren Ursprung ebenfalls im sozialen Netz haben, können sich auf dieselbe Weise positiv auf die Kommunikation in mittelständischen Firmen auswirken. Klassische Anwendungsbeispiele sind hier Nachfragen zu einem Projektstatus, die für jeden Beteiligten einsehbar sind, Fragen zu Problemen oder Vorgängen, die über diese Wege direkt geklärt werden können, oder der Austausch zu fachspezifischen Themen. - Kundendaten verwalten und Projekte abwickeln
In einer Social-Software-Lösung können Kundenkommunikation, interner Austausch, organisatorische Aufgaben und vieles mehr gleichzeitig abgewickelt werden. So verfügen einige Anbieter über ein integriertes CRM-System, in dem alle Kontakte angelegt und verwaltet werden. Damit werden erforderliche Ansprechpartner über eine Suchfunktion inklusive aller Kontaktdaten schnell gefunden. - Dokumenten-Management integrieren
Auch in der Koordination von Projekten kann Social-Business-Software den Mittelstand unterstützen, und zwar auch über die bereits erwähnten Gruppen hinaus. Zum Beispiel führt ein in die Social-Software integriertes Dokumenten-Management-System dazu, dass Dateien und Dokumente sicher ausgetauscht und versionsgetreu oder parallel bearbeitet werden können. - Buchhaltung, Reisekosten, Urlaubs- und Projektplanung inklusive
Mittelständler, die ihre Buchhaltung intern abwickeln, können die Fibu bei einigen Anbietern direkt mit der Social-Business-Software verknüpfen - wovon auch Mitarbeiter über die Finanzabteilung hinaus profitieren. Dazu legen einige Lösungen zum Beispiel Personalakten je Mitarbeiter an, die jeweils die vertraglich geregelten Arbeitszeiten sowie Urlaubstage dokumentieren.
Mitarbeitern Social Collaboration schmackhaft machen
Doch viele, die "social" werden, neue Plattformen einführen oder dem Intranet einen anderen Anstrich verleihen wollten, stecken dem Insider zufolge heute in handfesten Schwierigkeiten. Der Grund: Auf diesen Systemen tummeln sich nur ein Bruchteil der Mitarbeiter, es finden sich zu viele Informationen, zu wenig Struktur und noch weniger Nutzen. "Genau das ist dann auch der Zeitpunkt, an dem die eigene Strategie neu durchdacht werden muss", weiß Lautenbacher aus eigenen Projekten. Soziale Initiativen unterschieden sich maßgeblich von der traditionellen Einführung technischer Lösungen, weil der bisherige "Push"-Ansatz, der hinter der verpflichtenden Nutzung der Software stecke, beim Einsatz von Social Media durch einen "Pull-Ansatz" ersetzt werden müsse.
Konkret bedeutet das, Unternehmen müssen lernen, den Mitarbeitern nicht mehr nur eine neue Software vorzusetzen, sondern sie vielmehr dafür zu begeistern. Diese kulturellen, organisatorischen und auch strategischen Aspekte standen aber allem Anschein nach bisher nicht zur Diskussion.
- Team-Collaboration
Google Docs, Microsoft SharePoint - Web- und Videokonferenzen
Cisco WebEx, Citrix GoToMeeting, Microsoft Lync Online - Datenspeicher / -austausch
SSP Secure Dataspace, CenterDevice - Enterprise Social Software
IBM Connections, Jive Software, Microsoft Yammer, Salesforce Chatter
Ein Projekt für IT, Marketing und Human Resource
Was also müssen Unternehmen konkret tun, um in puncto Social Collaboration voranzukommen? Zielsicher können interne Netze nur gespannt werden, wenn alle Fachbereiche an einer echten Transformation arbeiten. Eine Vernetzung aller Arbeitsstrukturen muss in Gang gebracht werden. Das bedeutet, neben der Technik auch kulturelle und organisatorische Aspekte zu berücksichtigen. Effektivität durch vernetzte Zusammenarbeit kann nur funktionieren, wenn IT, Marketing und Human Resource an einem Strang ziehen. "Geht es darum festzustellen, welche Social Skills - also Mitarbeiterfähigkeiten - vorhanden sind oder wie die Kommunikationsbedürfnisse aussehen, können alle drei Bereiche passgenaueren Input liefern als nur die IT allein", erläutert Lautenbacher. Ein bloßer Tool-Einsatz würde hier bestenfalls an der Oberfläche kratzen, spiegle aber noch lange nicht die Erwartungen der Mitarbeiter an eine Plattform wider.
Das Sammeln und Auswerten der sozialen Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter ist der erste Schritt auf dem Weg zur Social Collaboration. Es bildet eine verlässliche Grundlage für die eigentliche Bedarfssituation, auf deren Basis dann die Social Software ausgewählt werden kann. Laut IT-Spezialist Lautenbacher steht im Anschluss daran die nicht zu unterschätzende Aufgabe ins Haus, die Mitarbeiter allmählich mit der anderen Arbeitsweise vertraut zu machen, sie quasi hineinwachsen zu lassen. Das sollte am besten Schritt für Schritt geschehen, zum Beispiel in Form einer Pioniergruppe. Sie kann dem Unternehmen in zweierlei Hinsicht dienen: zum einen als Katalysator, um zu prüfen, ob die Funktionen der Plattform den Mitarbeiteransprüchen gerecht werden, zum anderen als Early Adopter oder Use Cases, die immer mehr Kollegen auf die Plattform ziehen sollen.
Das gesamte Vorhaben steht und fällt mit der Mitarbeit beziehungsweise der Akzeptanz der Multiplikatoren oder Startgruppe in ihrem Arbeitsumfeld. Wurden soziale Reife überprüft und entsprechende Use Cases entwickelt, braucht das Thema noch eine langfristige Führung, das heißt, es muss personell und organisatorisch verankert werden. Diese Maßnahme ist nicht nur erforderlich, damit Nachhaltigkeit gewährleistet und mehrere Budgettöpfe angezapft werden können. Sie ist auch hilfreich, den Betriebsrat vom Projekt zu überzeugen, ein Verbündeter, der für die unternehmensweite Durchsetzung unverzichtbar ist.