Was eine gute Agentur auszeichnet
Sollten wir wegen Scheinselbständigkeit auswandern? "Das geht bei mir nicht", antworten viele IT-Selbständige. Eine Antwort, die meist spontan, ohne wochenlanges Überlegen, Grübeln und der ernst gemeinten Suche nach einer Lösung kommt. Diese Antwort zeigt: Man möchte am Status Quo festhalten. Veränderung ist unerwünscht, insbesondere wenn sie von Außen diktiert wird. Das entspricht nicht dem Selbständigen-Style und engt ein.
- Agenturen versichern regelmäßig, dass sie alles im Griff haben …
... schließlich stehen ihre Existenz und ihr Geschäftsmodell auf dem Spiel. Aber können Auftraggeber sich darauf verlassen? - Mehr als 70 Prozent der Selbständigen …
... werden in der IT-Branche über Agenturen eingekauft. - Die Kunden halten sich mit Protest …
... gegen das geplante Gesetzvorhaben zurück. Sie wollen nicht in die Schmuddelecke mit Ausbeutern, Sozialversicherungsbetrügern und Abzockern gestellt werden. - Arbeiten vor Ort beim Kunden …
... erhöht das Risiko und ist für die DRV ein Argument für Scheinselbständigkeit. Für viele ITler ein großes Problem, da sie oft zu 100 Prozent beim Kunden eingesetzt werden. - Die DRV nimmt jedes Auftragsverhältnis unter die Lupe.
Nimmt ein Freiberufler einen fünftägigen Auftrag beim Kunden wahr, kann ihm für genau dieses Auftragsverhältnis Scheinselbständigkeit attestiert werden. - Für Freiberufler gilt: mehrere Auftraggeber sind kein Schutz …
... da die Deutsche Rentenversicherung (DRV) das einzelne Auftragsverhältnis, nicht mehr die Situation des Selbständigen prüft. - Scheinselbständigkeit bedroht 2,5 Millionen Solo-Selbständige
Die Entscheidungsgrundlage der Deutschen Rentenversicherung eine Gefahr für Selbständige, Vermittlungsagenturen und Projektkunden. Es drohen hohe Nachzahlungen und strafrechtliche Verfolgung.
Doch wollen wir unser Land verlassen, weil es neue Regelungen zur Scheinselbständigkeit gibt? Ich plädiere dafür, die Auswirkungen genauestens zu analysieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ein Modell, das dazu führen wird, dass wir pro Einheit Lebenszeit einen höheren Nutzen für unsere Kunden erreichen, gute Argumente für ein höheres Honorar haben, höhere Erlöse für unsere Leistung erzielen und gleichzeitig weniger von unserer Lebenszeit einsetzen müssen.
"Das werden die Kunden nicht bezahlen", höre ich viele Selbständige widersprechen. Die Selbständigen, die froh darüber sind, dass es Agenturen gibt, die sie an die Kunden verkaufen, da Akquisition der Prostitution gleichkommt. Ja, ich arbeite auch für meine Kunden via Agenturen, weil es keine andere Chance mehr gibt, an Aufträge zu kommen.
Doch wünsche ich mir eine Agentur, die sich um mich kümmert und nicht als verlängerter Arm des Einkaufs unserer Kunden agiert (siehe hierzu: Ein Traum von einer Agentur). Wir werden nicht mehr nur mit unserem Fachwissen glänzen können, sondern mit Nutzen argumentieren müssen. Wir kennen die Probleme, Schmerzen und Nöte unserer Kunden. Dafür müssen wir Zeit und Geld in die Hand nehmen, um den Veredelungsprozess mit Leben und Inhalt zu füllen. Auch bei mir hat sich die Lösung nicht über Nacht aufgedrängt, sondern es hat mehrere Kundenprojekte und verschiedenste Anforderungen bedurft, bis ich heute sagen kann: "Von mir bekommen Sie die perfekte Bedienungsanleitung für Software."
Mehr bieten als Know-how
Entwickeln Sie Methoden, Tools, Serviceprogramme, Serviceangebote, Werkzeuge, Pakete, Abonnements, die Sie Ihren Kunden anbieten. Schaffen Sie eine Verpackung für Ihre Dienstleistung. Reichern Sie Ihre Zeit mit vorgefertigten und vorgedachten Bausteinen und Modulen an. Kurzum: Bieten Sie mehr als nur Ihr Know-how und Ihre Erfahrung in Lebenszeit-Einheiten an.
"Der Kunde will aber Berater, die vor Ort im Team arbeiten" lautet das Gegenargument. "Das ist um 20 Prozent effizienter, als wenn in virtuellen Teams gearbeitet wird." Dann wird sich der Kunde wohl festangestellte Mitarbeiter und Berater oder Mitarbeiter aus der Zeitarbeit einkaufen müssen! Wir werden als Selbständige diese Rolle nicht mehr übernehmen können. Wir werden weniger vor Ort und weniger mit Dritten zusammen arbeiten können und sehr viel mehr selbständig an unseren Liefergegenständen und Lösungen arbeiten.
Ich selbst mache übrigens nicht die Erfahrung, dass ich effizienter arbeite, wenn ich vor Ort tätig bin. Ganz im Gegenteil, viel zu viel Energie wird von der Organisation selbst abgesaugt. Hier ein Meeting, dort ein Projektleiter mit einer Sonderaufgabe oder einer neuen Anforderung und dort ein netter Kollege, der gerne einen Plausch abhält. Räumlichkeiten und Arbeitsplatzbedingungen, die Abstellkammern gleichen und jeden kreativen und konzentrierten Gedanken verhindern. Wenn unsere Kunden die Reisekosten und Reisezeiten wieder bezahlen würden, dann gäbe es dieses Argument ganz sicher nicht mehr. Aber so ist es angenehmer und einfacher, wenn sie die Berater und Selbständigen um sich scharren. Und wir machen alle mit. Ist das echte Selbständigkeit?
Natürlich ist es von Vorteil, wenn ich die Projektkollegen kenne, wenn ich weiß, wer für welches Thema zuständig ist, wer mir auf dem kurzen Dienstweg helfen kann. Doch ist die Vorort-Tätigkeit tatsächlich der einzig mögliche Weg, um das zu erreichen? Die Un-Selbständigen machen es uns doch vor: Die arbeiten immer mehr von zuhause. Führungskräfte, die globale Teams leiten und zum Zusammenarbeiten bewegen. Warum also sollte das gerade bei uns ein unverzichtbares Element in der erfolgreichen Zusammenarbeit sein? Ich kann sehr viel effizienter arbeiten, wenn ich Ort und Zeit selbst auswähle. Ergebnisse lassen sich schneller erreichen. Setze ich außerdem meine vorgefertigten Bausteine und Tools ein, wäre es so, als hätte ich den Turbo eingeschaltet. Auch, wenn wir dann mehr Honorar pro Stunde bekommen, zahlt der Kunde in der Summe weniger - eine Win-Win-Situation für alle. Vorausgesetzt: Wir wollen etwas ändern.