Der Kunde hat die Macht. Er kann heute einfach, schnell, jederzeit und überall auf Preise und Information zu Produkten und Dienstleistungen aller Marktspieler zugreifen. Das Wissen der Kunden breitet sich in sozialen Netzen und verwandten Kanälen mit der Geschwindigkeit des Lichts aus. Marken und Image von Unternehmen sind nicht mehr in der Hand der Unternehmen, sondern Spielball von Meinungen im weltweiten Netz.
Unternehmen brauchen jetzt mehr denn je eine tiefe und umfassende Kenntnis über den Kunden und über die Vernetzung der Kunden: ein umfassendes und ganzheitliches Bild, eine 360-Grad-Kundensicht eben. Diese profunde Kenntnis muss dann gezielt eingesetzt werden, um Kunden möglichst positive Erfahrungen ("Customer Experience") und einen so hohen Mehrwert zu bieten, so dass sie begeistert und an Marke und Anbieter gebunden werden. Das ist Kundenzentrierung.
Auf die Kundenstammdaten kommt es an
Kundenzentrierung erfordert, Kundenkontakte über alle Kanäle und alle Märkte global und lokal zu pflegen und zu nutzen. Dabei stellen sich viele Fragen: Wie lassen sich Produkte und Services kundenindividuell und gezielt anbieten, wie Kommunikations- und Marketing-Kosten minimieren? Wie können Up- und Cross-Selling optimiert, wie Kündigungen verhindert werden? Wie lassen sich Kunden im Web Shop oder einem anderen Point of Sale schnell, sicher und zuverlässig erkennen und bedienen?
Antworten darauf sind für viele Unternehmen immer noch eine große Herausforderung. Die benötigten Kundendaten in Form von Personen-, Verhaltens-, Lokalisierungs-, Interaktions- und Transaktionsdaten sowie Kundencharakteristiken sind zwar vorhanden, aber nur bedingt brauchbar, da die Qualität und die Konsistenz nicht stimmt. Vielfach sind sie auch einfach nicht verfügbar: Sie sind über das gesamte Unternehmen verteilt, an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Applikationen. Kundendaten befinden sich in Datensilos: Eine 360-Grad-Kundensicht ist nicht machbar, und Prozesse gehen am Kunden vorbei, da wir ihn nicht kennen. Die Konsequenzen: Ein mangelhafter Kundenservice, der die Kunden verärgert, Cross- und Up-Selling-Gelegenheiten, die nicht wahrgenommen werden können, und Top-Kunden, die man als solche nicht erkennt und so sehr schnell verliert. Compliance-Anforderungen wie Datenschutz können nicht eingehalten werden, da man auch nicht immer weiß, wo Kundendaten überall gehalten werden und wer verantwortlich ist.
Managen von Kundenstammdaten
Da gibt es nur eine Lösung: ein konsequentes Management der Kundenstammdaten. Das beginnt mit einem zentralen Register, in dem alle Kundenstammdaten über alle Kanäle, Organisationsbereiche und Applikationen hinweg gespeichert und kombiniert werden. Dieses zentrale Register dient als "Geschäfts-Terminologie" und soll erstens den sogenannten "Golden Record" liefern, also zuverlässige, korrekte, qualitätsgesicherte und verfügbare Kundenstammdaten, und zweitens die 360-Grad-Sicht auf den Kunden.
Dazu werden Kundenstammdaten aus den unterschiedlichen, vorhandenen Datenquellen mittels Methoden der Datenintegration extrahiert und konsolidiert. Data Profiling gibt eine Analyse der Daten und deckt Probleme und Inkonsistenz auf. Data Cleansing und Matching stellen die Datenqualität sicher. Mittels Customer Identity Management werden Dubletten vermieden, und Kunden auch über unterschiedliche Kanäle erkannt. Der Golden Record weiß auch, in welchen Stammdatensätzen in den verschiedenen Datenquellen Attribute aus dem Golden Record verwendet werden. So wird die Konsistenz der Kundenstammdaten sichergestellt: Bei einer Änderung eines Attributs in einer beliebigen Datenquelle wird diese Änderung mit allen anderen betroffenen Quellen synchronisiert. Datensilos für Kundendaten gehören somit der Vergangenheit an.
Prinzipien für schlanke Prozesse
Schlanke Prozesse verfolgen die Ziele "Reduktion von Kosten und Zeitbedarf" sowie "Verbesserung der Qualität". Sie sind pragmatisch, geradlinig und agil. Sie folgen vorgegebenen Einzelschritten, verzweigen nach definierten Regelwerken (Business Rules), werden parallelisiert und wieder zusammengeführt, vernetzt mit anderen Schrittfolgen und gegebenenfalls auch rückgekoppelt, um einen Fehlerfall zu bearbeiten. Die Agilität ermöglicht darüber hinaus ein schnelles Ändern und Anpassen der Prozesse, am besten dynamisch während der Laufzeit. Ganz besonders wichtig ist dabei, dass jeder Einzelschritt (Aktivität im Prozess) ein wohl definiertes Ergebnis produziert, also sein vorgegebenes Ziel erreicht. Das muss auch messbar sein. Dazu dient vordefinierte Metrik, die die Zielerreichung misst. So werden die Qualität und die Leistung eines jeden Prozessschrittes und des Gesamtprozesses bewertet. Mit anderen Worten: Schlanke Prozesse sind das Ergebnis eines professionellen Prozess-Managements.
Schlanke Prozesse im Kundenstammdatenmanagement sind also Prozesse, die genauso wie Geschäftsprozesse in Vertrieb, Marketing, Service etc. mittels Prozess-Management gemanagt werden. Dazu braucht man eine service-orientierte Technologie-Plattform, die auf die Prozesse von Datenintegration, Daten-Profiling und Datenqualitätsmanagement die gleichen Prinzipien und Regeln anwendet wie auf Geschäftsprozesse. Die Service-Orientierung macht agil und ermöglicht Automatisierung und Wiederverwendung. So lassen sich die Prozesse des Kundenstammdaten-Management völlig neu gestalten, erheblich beschleunigen und flexibel ändern und anpassen. Dadurch gewinnt das Kundenstammdaten-Management Agilität und Compliance. Das erlaubt beispielsweise ein schnelles und sicheres An- und Abschließen von Datenquellen sowie schnelle und sichere Konsolidierung von Kundendatenbeständen bei Firmenübernahmen oder entsprechend ein Herauslösen von Kundendaten beim Verkauf von Unternehmensteilen.
Solche Technologie-Plattformen, die ein schlankes Kundenstammdaten-Management unterstützen, sollten von der Architektur her service-orientiert sein, um durchgängig Agilität zu unterstützen. Sie kommen seit kurzem auf den Markt. Als Beispiel wäre der "Customer Data Hub (CDH)" der badischen Uniserv zu nennen. Der CDH ist eine Plattform zum Managen von Kundenstammdaten für alle Szenarien, in denen Kundendaten im Mittelpunkt stehen. Als "Hosted Solution" läuft der Betrieb über ein Internet-Rechenzentrum mit Zugriff über gesicherte und standardisierte Schnittstellen. Der CDH arbeitet aber auch in Private-Cloud-Umgebungen.
Schlanke Prozesse
Der Begriff "schlanke Prozesse" leitet sich von "schlanker Produktion" oder "Lean Production" ab. Darunter versteht man ein Verfahren, das Verschwendung in Form von Überproduktion, zu langen Durchlaufzeiten oder fehlerhaften Produkten vermeiden soll, um ein Unternehmen effektiver und wettbewerbsfähiger zu machen. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Automobilproduktion. Wir verwenden ihn hier im Sinne eines allgemeinen Gestaltungsprinzips für Geschäftsprozesse und wenden ihn auf die Prozesse des Kundenstammdatenmanagements an. Das bedeutet, dass diese Prozesse "schlank" gemacht werden sollen, um Effektivität und Wettbewerbsfähigkeit im Kundenstammdatenmanagement und damit auch im Unternehmen zu unterstützen. Mit anderen Worten: auch für die Prozesse des Kundenstammdatenmanagements gelten die Managementziele von Agilität und Compliance.