Ellisons Lieblingsfeind: Amazon Web Services
Während sich Konkurrenten wie SAP, Salesforce und Microsoft auf ihren eigenen Konferenzen redlich bemüht zeigen, Offenheit zu demonstrieren, mit schöner Regelmäßigkeit neue Kooperationen und Partnerschaften ankündigen und das hohe Lied der "Coopetition" singen, keilt Oracles graue Eminenz lieber gegen die Wettbewerber aus.
Bis dato scheinen Ellisons Angriffe allerdings wirkungslos zu verpuffen. Erst Anfang August hatten die Analysten von Gartner einen aktuellen Bericht zur Entwicklung des Infrastructure-as-a-Service-Markt (IaaS) in der Public Cloud vorgestellt. Demzufolge legten die weltweiten IaaS-Geschäfte 2017 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 30 Prozent auf ein Volumen von fast 23,6 Milliarden Dollar zu. Unangefochtener Marktführer bleibt dabei AWS. Der Oracle-Konkurrent konnte seinen Umsatz um 25 Prozent auf rund 12,2 Milliarden Dollar steigern und kam auf einen Marktanteil von fast 52 Prozent. Das bedeutet einen deutlichen Vorsprung auf die Verfolger Microsoft (13,3 Prozent), Alibaba (4,6 Prozent) und Google (3,3 Prozent). Oracle taucht als eigenständiger Cloud-Anbieter nicht in dem Gartner-Ranking auf, sondern verschwindet in dem Posten "Sonstige Anbieter".
Oracle versteckt Cloud-Geschäft
Tatsächlich mutmaßen einige Analysten, dass Oracle mit Problemen in seinem Cloud-Business kämpft. Sie monieren, dass der Konzern mit seinen kürzlich geänderten Bilanzierungspraktiken versuche, seine Cloud-Zahlen zu verschleiern, um enttäuschende Wachstumsraten unter dem Deckel zu halten. Listete Oracle bis zum dritten Quartal des Finanzjahrs 2018 noch dediziert die Einnahmen mit SaaS- sowie zusammengefasst mit PaaS- und IaaS-Angeboten auf, verschwanden die Cloud-Umsätze im Bericht zum vierten Fiskalquartal in dem Posten "Cloud Services and License Support" - also Cloud-Einnahmen plus dem für Oracle wichtigen Umsatzbringer Wartung und Support für herkömmliche On-premise-Lizenzen.
Auch in ihrer Kommentierung zum Cloud-Geschäft wurden die Oracle-Verantwortlichen immer einsilbiger. Ein möglicher Grund - die zunehmend schwindende Dynamik, wie auch ein Blick auf den Zahlenverlauf belegt:
Fiskalquartal | Cloud-Einnahmen | Wachstum im Vergleich |
Q4/17 | 1,361 Mrd. $ (13%) | + 58% |
Q1/18 | 1,467 Mrd. $ (16%) | + 51 % |
Q2/18 | 1,519 Mrd. $ (16%) | + 44% |
Q3/18 | 1,566 Mrd. $ (16%) | + 32 % |
In Q4/18 und Q1/19 weist Oracle seinen Cloud-Umsatz nicht mehr dediziert aus.
Den Löwenanteil am Oracle-Geschäft machen weiter die klassischen On-premise-Lizenzeinnahmen aus, die allerdings laufend zurückgehen oder stagnieren, sowie der Wartungs- und Supportumsatz, der kontinuierlich leicht zulegen konnte. Beide Posten standen in den vergangenen Quartalen für rund zwei Drittel des Oracle-Umsatzes (zwischen 65 und 69 Prozent), wobei die klassische Wartung mit Gesamtumsatzanteilen zwischen 45 und 54 Prozent nach wie vor die wichtigste Säule im Oracle-Business bildet.
Kunden würden bestehende Lizenzen weiter in der Cloud nutzen, hatte Oracles Co-CEO Safra Catz die veränderte Bilanzierung zu rechtfertigen versucht. Damit fielen weiterhin Wartungsgebühren an, aber eigentlich handele es sich bereits um Cloud-Geschäft. Vorwürfe, Oracle verstecke seine Cloud-Zahlen, um Schwächen in diesem Geschäftsbereich zu vertuschen, wies die Oracle-Managerin zurück.
Viele Analysten fragen sich indes weiter, wie gut oder schlecht es um Oracles Cloud-Geschäft bestellt sei. Schließlich konnte der Konzern, der die Cloud lange als vorübergehendes Phänomen abgetan hatte und erst mit großer Verspätung gestartet war, bereits in den zurückliegenden Quartalen wiederholt die hochgesteckten Erwartungen an sein Cloud-Business nicht erfüllen.
Man könne davon ausgehen, dass sich das Cloud-Wachstum auf einem bestimmten Niveau eingependelt habe, während die klassischen On-premise-Umsätze weiter zurückgingen, konstatierte vor kurzem Angela Eager, Research Director bei TechMarketView. Den Mangel an Cloud-Transparenz bezeichnete die Analystin als frustrierend. Cloud- und On-premise-Umsätze nicht zu trennen, stehe im Widerspruch zur bisherigen Berichterstattung sowie den Gepflogenheiten der Wettbewerber im Softwaremarkt. "Es scheinen die falschen Wolken über Oracle zu hängen", konstatierte die Analystin.