"Erwähnen Sie in Europa nicht Facebook, wenn sie mit Unternehmen sprechen. Die Plattform hat in den Firmen einen ganz negativen Ruf", empfiehlt Stefan Ried, Principal Analyst bei Forrester Research. "Meiden Sie auch den Begriff Social Media, denn er trifft nicht das, was in den Firmen gerade vor sich geht. Social Enterprise oder Social Business sind bessere Ausdrücke." Mehr und mehr Anwender interessieren sich offenbar für die Kommunikations- und Darstellungsmöglichkeiten der öffentlichen sozialen Netze, wollen ihre Nutzer und Inhalte aber nicht in die Plattformen mit dem oft zweifelhaftem Datenschutz entlassen.
Dafür stehen diverse Tools bereit, mit denen sich hausintern soziale Netze einrichten lassen. Sie bieten Facebook-ähnliche Dienste wie Activity-Streams, Dokumenten-Sharing und Collaboration. "Bislang gab es zwei Paradigmen für die digitale Kommunikation, ein dokumenten- und ein transaktionsbasierendes." Mit der sozialen Interaktion habe sich nun ein drittes Paradigma etabliert, erklärt Ried die Hintergründe.
- Tipps für das Enterprise 2.0
Unternehmensinterne Social-Media-Plattformen bringen Teamarbeit und Wissens-Management auf ein neues Niveau. So gelingt das Enterprise 2.0. - Klein und früh anfangen:
Wer schon zum Start den großen Wurf plant, wird ewig planen und wenig einführen. - Pilotprojekte in Social-Media-affinen Teams:
Geeignet sind insbesondere verteilte Gruppen mit viel Projektarbeit. Sie haben einen hohen Abstimmungsbedarf und sind zugänglich für neue Kommunikationsformen. - Multiplikatoren identifizieren:
Mitarbeiter, die andere Kollegen begeistern können, sind Gold wert. Das Social Business funktioniert nur mit einer kritischen Masse. - Portale sind besser als Einzellösungen:
Wenn sich Mitarbeiter für Wikis, Foren und soziale Netze getrennt anmelden müssen, verlieren sie schnell die Lust. - Arbeitsprozesse abbilden:
Wenn Abläufe wie Urlaubsübergabe und Dokumentenbearbeitung vom sozialen Netz unterstützt werden, erschließt sich den Mitarbeitern ein Nutzen. Das fördert die Akzeptanz. - Klarnamen vorschreiben:
Wer den Umgangston in öffentlichen Diskussionsforen im Internet kennt, wird ihn sich nicht im eigenen Unternehmen wünschen. Anonymität fördert Beleidigungen und Mobbing, Klarnamen schützen davor. - Guidelines formulieren:
Wenn Geschäftsabläufe abgebildet werden, sollte klar sein, wo welche Inhalte gepostet werden sollen und dürfen. - Betriebsrat einbinden:
Social Business schafft Transparenz im Unternehmen und sollte daher mit der Arbeitnehmervertretung abgesprochen werden. - Datenschutz beachten:
Soll sich das soziale Netz auf ausländische Niederlassungen erstrecken, müssen zuvor Datenschutzbestimmungen abgeklärt werden.
Die dokumentenbasierende Kommunikation werde vor allem vom E-Mail-Verkehr getragen, der sich in vielen Fällen aber als ineffizient erwiesen habe, weil er beispielsweise keine gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten ermögliche. Eine transaktionsgestützte Kommunikation finde sich etwa in der Warenwirtschaft, wo Eingabemasken und Datenbanken für eine strukturierte und sichere Datenverarbeitung sorgten.
In diese seit rund 15 Jahren geltende Grundordnung dringe nun mit Macht die soziale Interaktion ein. Aktivitätsströme, in die sich interessierte Teilnehmer einklinken können, liefern relevante Informationen und bilden Arbeitsprozesse ab. Ried veranschaulicht das anhand eines Beispiels aus dem Verkauf: Ein Verkäufer erbittet vom Vorgesetzen die Freigabe für einen besonderen Preisnachlass für einen Kunden. Im Activity-Stream beobachtet der Chef alle Neuerungen und reagiert bei Bedarf.
Möglicherweise sieht auch ein zweiter Verkäufer den Vorgang und weist darauf hin, dass der Kunden bereits zuvor an anderer Stelle einen ordentlichen Nachlass angefragt hatte. Die Kommunikation wird also transparenter und verzweigt zu allen relevanten Gesprächspartnern. Sie ist nicht auf den Workflow vom Kunden, zum Verkäufe zum Vertriebschef und zurück beschränkt. "Die Art und Weise wie man kommuniziert, wird leichter, direkter und schneller, aber auch granularer", beobachtet Ried. Wir haben uns bei vier Unternehmen umgehört.