Managed Services noch Zukunftsmusik
Da die Unternehmen im Zuge der Digitalisierung des Vertrags- und Lieferantenmanagement erst einmal Prozesslücken schließen und Skills aufbauen müssen, stellt sich zunächst auch nicht die Frage, diesen Bereich als Managed Service an Externe zu vergeben. Dies macht erst Sinn, wenn die Organisationen einen ausreichenden Reifegrad erreicht haben.
Wenn die Basisprozesse des Vendor Managements digitalisiert sind, ist es erst einmal wichtiger, den nächstliegenden Schritt zu gehen und die dann vorliegenden Daten und Informationen zu steuern, zu bewerten und zu gewichten. So gilt es zum Beispiel, regelmäßige Berichte über die Effektivität der Lieferanten und ihrer Leistungen zu erstellen, ihre Performance kontinuierlich zu messen und regelmäßig zu überprüfen, ob die Rechnungen die definierten Standards erfüllen.
Ebenso ermöglichen die erhobenen Daten nun ein systematisches Risikomanagement. Nach sechs bis zwölf Monaten verfügt ein Unternehmen dann über genug Daten, um Rückschlüsse über Trends und Rückwirkungen auf die Geschäftsziele ziehen zu können. Es kann nun fundiert entscheiden, wie die Reise in Sachen Vertrags- und Lieferantenmanagement weitergehen und wohin sie führen soll.
Der Status Quo
Das Gros der Unternehmen hat in den vergangenen Jahren doch viel in Disziplinen wie SIAM (Service Integration and Management) oder Multi Supplier Integration investiert.
Mit SIAM & Co. haben Unternehmen versucht, ihre Lieferantenbeziehungen ganzheitlich zu gestalten – entweder selbst oder durch einen Partner. Dabei fokussierten sie sehr auf die Seite der gelieferten Services (Supply). Im Mittelpunkt standen Service Integration, Incident Management oder Service Level Agreements (SLAs). Auf diesen Feldern erzielten die Verantwortlichen auch deutliche Verbesserungen. Außen vor blieb zumeist die interne Sicht auf die eigene Organisation, die Integration der Prozesse und die Bedürfnisse des Business (Buy). So machen heute Lieferanten in der Regel die wenigsten Probleme, vielmehr ist das Haus auf Auftraggeberseite in Schieflage geraten.
Viel outgesourctes Know-how
Verschärft wird die Situation derzeit vor allem durch zwei Faktoren: zum einen durch den Verlust von Steuerungs-Know-how in Folge des „traditionellen“ Outsourcings der vergangenen Jahre, zum anderen durch die immer zahlreicheren und zunehmend komplexen Lieferantenbeziehungen im Rahmen der heutigen Cloud- und As-a-Service-Vereinbarungen. Diese Verträge sind kleiner, mehr auf Spezialisten-Know-how ausgelegt, sie werden schneller abgeschlossen und auch wieder beendet.
Die Unternehmen gaben im Zuge des Business Process- und IT-Outsourcings einen großen Teil ihres Management- und Steuerungs-Know-hows ab, indem sie es zum Beispiel an ihren jeweiligen (General-)Anbieter übertrugen. Sie verkauften sozusagen fast das ganze Familiensilber, sodass nur noch Überbleibsel aus vielen verschiedenen Abteilungen übriggeblieben sind. Das ganzheitliche Ende-zu-Ende-Wissen und die Integration der einzelnen Abteilungen – diese Fähigkeit ist den Unternehmen im Rahmen all der Outsourcing-Verträge immer mehr verloren gegangen. Und da deshalb kein zentrales Team mehr die Vorgänge umfassend steuert und übergibt, entstehen Kommunikationslücken, die zu den zuvor beschriebenen Werteverlusten führen. Denn die Steuerung des Lieferanten-Ökosystems basiert zumeist noch auf selbst erstellten internen Prozessen, die sich vor allem auf Excel und E-Mails stützen. Dies führt dazu, dass die Unternehmen die geschlossenen Service-Verträge mehr verwalten und ablegen, statt sie zu steuern und zu managen.
- IT-Chefs haben die neuen Themen fest im Blick
Sicherheitsthemen beschäftigen IT-Chefs am meisten, Digitalisierung ist der Senkrechtstarter auf der diesjährigen CIO-Agenda, und ausgelagert wird in erster Linie aus Kostengründen. - Michael Eberhardt, Vice President Enterprise Services, Hewlett Packard:
„Um schneller zu werden, müssen sie ihr Unternehmen auf mehreren Ebenen umbauen.“ - Shayan Faghfouri, Geschäftsführer DextraCata:
„Neben der Digitalisierung von Geschäftsprozessen werden im agilen DevOps-Zeitalter künftig Cloud- und Container-Dienste vermehrt Bestandteil von Sourcing-Strategien.“ - Thomas Götzfried, Vorstand der Goetzfried AG:
„Durch die Einbindung von Projektmitarbeitern oder das Auslagern von Aufgabenpaketen an Serviceprovider kann der Druck von der internen Abteilung genommen werden.“ - Patrick Potters, CEO Infrastructure Services Central Europe von Capgemini:
„CIOs sind gut beraten, sich jetzt die Unterstützung leistungsfähiger IT-Servicepartner zu sichern, um flexibel zu bleiben und die erforderliche Innovationskraft aufzubauen.“ - Frank Schabel, Head of Marketing der Hays AG:
„Der Einsatz externer Spezialisten ist mittlerweile eine von mehreren festen Säulen in der Sourcing-Strategie von Unternehmen.“ - Frank Trebes, Director, Deloitte Consulting GmbH:
„Die Evolution des Vendor Management basiert auf Cloud-basierten Solutions.“
Insofern erfolgt das Management der Lieferanten und der Service-Verträge weiterhin oft analog. Eine Alternative besteht darin, die Verträge aus ihrer Papier- (oder Word-/PDF-) Form in digitale Bibliotheken zu überführen, in denen alle involvierten Parteien gemeinsam Dokumente erstellen und managen können.Auf diese Weise erhalten die betroffenen Fachabteilungen Zugang zu den Verträgen und können sich auf jene spezifischen Komponenten in ihrer jeweils aktuellsten Fassung konzentrieren, für die sie verantwortlich zeichnen.
Ein derart digitalisiertes Lieferanten- und Vertragsmanagement ist in der Lage, die reinen Vertragsdaten zudem durch fortlaufend aktualisierte Daten anzureichern: Es dokumentiert die erreichte Performance, errechnet erzielte Mehrwerte und stellt sicher, dass die Rechnungen auch den vertraglich vereinbarten Leistungen und Verpflichtungen entsprechen. Vorgänge, Entscheidungen, Eskalationen und Risiken lassen sich revisionssicher nachverfolgen, managen und analysieren.
Demand und Supply im Gleichgewicht
Die Ausprägungen von DVM-Initiativen in der Praxis fallen zum Teil sehr unterschiedlich aus. Gemeinsam ist allen jedoch, dass sich DVM immer zwischen Demand und Supply bewegt. Es umfasst alle Managementprozesse, die in einem Unternehmen miteinander verzahnt sein müssen, um Serviceverträge über ihre gesamte Laufzeit hinweg zu managen, zu monitoren und zu bewerten. Dies beginnt beim Vertrag selbst und reicht über das Relationship Management mit den Lieferanten, die Governance bis hin zur Performance, den klassischen SLAs. Letztlich digitalisiert DVM alle Daten und Dokumenten, die zu einer Beziehung auf Grundlage eines Vertrages gehören.
Audits können dann auf dieser Basis überprüfen, ob der Vertrag erfüllt wird, mit welcher Qualität er erfüllt wird, und ob die erbrachten Leistungen auch wirklich diejenigen sind, die das Business braucht.
So kommt es zum Beispiel häufiger vor, dass Lieferanten Leistungen vollständig und vertragsgemäß liefern und seitens des Supply alle Werte auf grün stehen, die Fachabteilungen auf Seitenn des Demand aber unzufrieden sind, weil sie nicht erhalten, was sie seitens der Geschäftsprozesse, der Applikationen und der IT-Infrastruktur eigentlich benötigen. Deshalb ist es entscheidend, dass beim Demand die Kundenzufriedenheit regelmäßig überprüft und, falls nötig, Verträge dann auch modifiziert werden. Die Betrachtungsweise des Kunden gehört genauso in das DVM-Ökosystem wie die der Lieferanten.
Doch müssen die Unternehmen nicht erst einmal in die Reife ihrer Organisation und Prozesse investieren, bevor sie diese digitalisieren und automatisieren?
In der Tat: Vor allem als Ergebnis der klassischen Outsourcing-Projekte sind die Fähigkeiten, Lieferanten ganzheitlich zu managen kaum (noch) vorhanden. Deshalb müssen Lösungen, die das Vendor Management digitalisieren, auch Learning by Doing ermöglichen. Eine DVM-Lösung sollte, im Nebenjob sozusagen, auch in der Lage sein, als Trainingsprogramm für DVM-Prozesse zu dienen.
Digitalisierung reduziert Komplexität
Serviceverträge und Lieferanten sind in großen Unternehmen heutzutage so zahlreich, vielfältig und miteinander verflochten, dass ein Contract Manager, und sei er noch so gut, diese nicht mehr ganzheitlich erfassen und managen kann. Wenn Verträge zudem Umfänge von bis zu einer Milliarde oder mehr Euro haben und sich weltweit über Dutzende von Ländern erstrecken, dann lassen sich solche Verträge nicht mehr nur durch die Ablage verwalten.
Digitalisierte Verträge hingegen können auch SLAs sowie Operating Level Agreements (OLAs) zwischen Business, IT und Service-Providern überwachen und steuern. Im Rahmen eines digitalisierten Lieferanten- und Vertragsmanagements geben zudem kontinuierliche Analysen entlang des Lebenszyklus' von Verträgen Aufschluss über die Performance-Entwicklung. Dies schafft jene Agilität und Geschwindigkeit, die Unternehmen angesichts all der sich ständig bewegenden Teile einer Multi-Sourcing-Umgebung benötigen, um aus jedem einzelnen Vertrag möglichst viel herauszuholen.