Es gab Zeiten, da war es ganz normal, dass IT-Chefs ihre Mitarbeiter für einige Tage zu einem Training schickten. Heute sind solche Fortbildungen selten geworden. Mit Ausnahme von Cisco- oder Red-Hat-Zertifizierungen, die für aufstiegsorientierte Informatiker immer noch einen recht hohen Wert haben, spricht eigentlich nichts mehr für ein externes Seminar. "Produktschulungen lassen sich heute relativ einfach und ohne Präsenzpflicht vornehmen", erklärt Alexander Rabe, Geschäftsführer der Deutschen Informatik-Akademie in Bonn. Dafür gebe es etliche Tutorials, die Hersteller zur Verfügung stellten. Hat der User eine konkrete Frage zu einer Anwendung, "bekommt er aus der vernetzten Anwender-Community viel Unterstützung".
Wie es scheint, sind die Tage des Präsenzunterrichts gezählt. Weiterbildung heißt neudeutsch Performance Support. Zumindest in der IT geht der Trend eindeutig in diese Richtung. Um den gewünschten Wissenstransfer ohne Zeitverlust zu realisieren, lernen Mitarbeiter am Arbeitsplatz, statt an einer mehrtägigen externen Schulung teilzunehmen. Inzwischen gibt es eine Fülle an videobasierten Lerninhalten, die sich individuell via Web abrufen lassen.
Dabei wird der Lernende nicht allein gelassen. Ein Konzept dieses "Mentored Learning" heißt "Walk-in". Nach den Erfahrungen des Informatikers und Schulungsexperten Bernhard Schmid, der heute Geschäftsführer der Global Value Management GmbH in Eichenau bei München ist, besuchen Mitarbeiter immer häufiger ihre Kurse in firmeneigenen Schulungsräumen, wo sie ihr Training je nach individuellem Zeitbudget in halbtägigen Etappen absolvieren. Dabei werden sie von einem Mentor begleitet, der ihnen zum Beispiel in der Nutzung des Videomaterials zur Seite steht und zusätzlich als Trainer fachlichen Rat erteilt. "Dieses Konzept hat sich in der Wirtschaftskrise bewährt und wird wegen seiner hohen Flexibilität stark nachgefragt", berichtet Schmid, einst Vorstand des IT-Trainingsanbieters Tria AG.
Scholtissek im Trainingslager
Dass Walk-in die IT-Weiterbildung auf Jahre dominieren könnte, davon ist Stephan Scholtissek felsenfest überzeugt. Mit dieser Methode könnten Teilnehmer "bis zu 30 Prozent schneller als im klassischen Klassenraumtraining" lernen. Der ehemalige Accenture-Boss übernahm vor wenigen Monaten das Kommando beim Weiterbildungsdienstleister New Horizons in Hamburg, wo er auch die Mehrheitsanteile erwarb. Das aktuelle Marktgeschehen im IT-Weiterbildungsmarkt wecke seine "unternehmerische Phantasie", bekennt er voller Optimismus. Doch er gibt auch zu: "Einige Anbieter verschwinden, andere werden übernommen, und die Zahl der Big Player nimmt ab."