Transformation der IT

Lernen aus der Private Cloud

04.06.2015
Von 
Dr. Peter Samulat schreibt als Experte zu den Themen Wertbeitrag der IT (Business Value of IT), der IT-bezogenen Analyse von Business-Prozessen und zu benutzerzentrischen Kennzahlen. Er arbeitet im IT-Servicemanagement und ist CEO im Ingenieurbüro Samulat Hemme.

Bezahlt wird nach Leistung

Insbesondere Führungskräften wird gerne mitgegeben, dass sie nicht nach der Zeit ihrer Anwesenheit an einem Arbeitsplatz, sondern für die Ergebnisse ihrer Arbeit bezahlt werden, nach ihrem Wertbeitrag. Entsprechend gibt es dann Zielvereinbarungen, die in ihrem Erreichungsgrad messbare Ziele vorgeben und den Erfolg oder Misserfolg monetär bewerten.

Auch IT-Organisationen kennen diese Art von Vorgaben. Hier geht es dann zunächst um Effizienz- und Effektivitätsziele, gemessen in zu erreichenden Kostensenkungen. Und damit werden - mit Blick auf die "Konkurrenz" aus der Cloud - heute sofort die interne IT, genauer gesagt die internen Rechenzentren, in Frage gestellt.

Interne IT-Organisationen haben kaum eine Möglichkeit, die erbrachten Leistungen dynamisch zu verrechnen. Ein großer Schritt dabei ist die Einführung eines service-basierten IT Financial Management - nur es bleibt die Abhängigkeit von den Basiskosten der im eigenen Rechenzentrum laufenden IKT.

Die Verrechnung von IT-Dienstleistungen per Pauschale war gestern, heute soll und muss nutzungsbezogen abgerechnet werden.
Geht das schon in der "private Cloud"?

Das Private Cloud als Software Defined Datacenter (SDC)

Die interne Private Cloud automatisiert betreiben zu können ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum IT-Broker. Hier kann gelernt werden, wie solche Systeme Lastprognosen folgend gesteuert werden und darauf basierende dynamische Verrechnungen etabliert werden können. Auch wenn diese noch auf den Fixkosten der eigenen Infrastruktur basieren.

Interne und und später dann auch externe Cloud-Systeme integrierende Automatisierungsplattformen sind die heute auf dem Markt verfügbaren ITSM-Systeme mit einem hohen Grad an Integration, verbunden mit einem Reporting, das alle prozessbedingten und technischen Ereignisse zusammenfassend darstellen kann.

"Prozessbedingt" steht an dieser Stelle für die im ITSM-Tool geführten Incident-, Request Fulfillment- und Change-Prozesse. Diese Prozesse sind Voraussetzung für einen hohen Automatisierungsgrad und für die Schaffung von Transparenz über die Qualität der Leistung der IT-Organisation insgesamt, also deren Wertbeitrag.

Ein Onlineshop soll die Planung, Bereitstellung und Abrechnung vollständig automatisieren (Abbildung 2).
Warum dies alles nicht schon für die Private Cloud einführen? Kosten? Ja, dies alles ist ein nicht unerheblicher Invest. Aber einer in die Zukunft, in die Skills der eigenen Mitarbeiter und in den Toolsets zur Bereitstellung und dynamischen Verrechnung von IT Infrastruktur Services (IaaS).

Banken und Versicherungen sind an dieser Stelle die Vorreiter. Für die in größeren Zeitabständen zu rechnenden Simulationen müssen die teuren IT-Ressourcen nicht mehr intern vorgehalten werden, sondern werden temporär auch extern abgerufen.

Abb. 2: Ein Beispiel für eine Konfigurationsseite. Quelle: http://www.swisscom-cloud-computing.ch/de/konfigurator
Abb. 2: Ein Beispiel für eine Konfigurationsseite. Quelle: http://www.swisscom-cloud-computing.ch/de/konfigurator
Foto: Swisscom

Eine besondere Herausforderung wird damit für die IT-Organisation lösbar. Mit den aus dem ITSM-Tool verfügbaren Daten können Business-Fragestellungen im Bereich der IT-Ressourcennutzung mit den Kennzahlen zu Kosten, Systemauslastung, Performance und Nutzungsintensität beantwortet und aufgezeigt werden, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen.

  • Entspricht die Systemauslastung der Prognose und folgt diese dem Lastprofil der Nutzungsintensität?

  • Wie ist die Entwicklung der Auslastung über verschiedene Zeiträume (Tag/Woche/Monat/Jahr)?

  • Folgt die IT-Ressourcennutzung dynamisch dem Lastprofil der Nutzungsintensität?

  • Sind die IT-Ressourcen gut ausgelastet? Entsprechen die resultierenden Kosten der Prognose?

  • Werden definierte Warn- und/oder Eingriffsgrenzen überschritten? Gibt es Tendenzen, die ein Eingreifen erfordern werden?

  • Gibt es die erwarteten Veränderungen nach Managemententscheidungen?

Die IT-Organisation kann die Potentiale agiler IT darstellen und sich, den Wertbeitrag fördernd, als IT-Broker etablieren. Ohne ein am Best Practice orientiertes IT-Servicemanagement wird es nicht funktionieren.
Best Practice, zum Beispiel nach ITIL, ist wichtige Voraussetzung für die notwendige IT-Fabrik, die Private Cloud Ressourcen dynamisch provisioniert.
Die Automatisierung erfolgt über ITSM-Prozesse als strukturierte Sätze an wiederholbaren Aktivitäten, mit deren Hilfe bestimmte Ziele erreicht werden.

IT-Organisation muss sich positionieren

Die IT-Organisation muss sich entscheiden, ob sie Manufaktur oder Industrie sein will - oder muss. Beides gleichzeitig sein zu wollen wird nicht funktionieren. Erfolg kann nur im Nischen- oder Massenmarkt groß sein. Der eigene absolute Marktanteil soll also entweder sehr klein oder sehr groß sein. Der Kompromiss "zwischen den Stühlen" wirkt sich negativ aus. Der Druck auf die IT-Organisation über die Schatten-IT im Unternehmen, die einen benutzergetrieben Innovationscharacter hat, und die Versuchungen durch die alltäglich verfügbaren externen Cloud-Dienste werden noch stärker werden.