Bezahlt wird nach Leistung
Insbesondere Führungskräften wird gerne mitgegeben, dass sie nicht nach der Zeit ihrer Anwesenheit an einem Arbeitsplatz, sondern für die Ergebnisse ihrer Arbeit bezahlt werden, nach ihrem Wertbeitrag. Entsprechend gibt es dann Zielvereinbarungen, die in ihrem Erreichungsgrad messbare Ziele vorgeben und den Erfolg oder Misserfolg monetär bewerten.
Auch IT-Organisationen kennen diese Art von Vorgaben. Hier geht es dann zunächst um Effizienz- und Effektivitätsziele, gemessen in zu erreichenden Kostensenkungen. Und damit werden - mit Blick auf die "Konkurrenz" aus der Cloud - heute sofort die interne IT, genauer gesagt die internen Rechenzentren, in Frage gestellt.
Interne IT-Organisationen haben kaum eine Möglichkeit, die erbrachten Leistungen dynamisch zu verrechnen. Ein großer Schritt dabei ist die Einführung eines service-basierten IT Financial Management - nur es bleibt die Abhängigkeit von den Basiskosten der im eigenen Rechenzentrum laufenden IKT.
Die Verrechnung von IT-Dienstleistungen per Pauschale war gestern, heute soll und muss nutzungsbezogen abgerechnet werden.
Geht das schon in der "private Cloud"?
- Cloud-Marktplätze
Die Deutsche Börse hat im Mai 2015 einen herstellerneutralen Cloud-Marktplatz eröffnet. Der Business Marketplace der Deutschen Telekom ist bereits am Start. Wir haben CIOs und Consultants gefragt, wie sie die Chancen von Cloud-Marktplätzen in Deutschland einschätzen. - Andreas Miehle, CIO bei der Constantia Flexibles Group
Andreas Miehle, CIO bei der Constantia Flexibles Group aus Wien, sagt: "Ich nutze Cloud-Marktplätze und halte das für eine gute Idee, Firmen, Menschen und Ideen zusammen zu bringen. Das ganze Thema steckt noch in den Kinderschuhen und leidet - wie es bei neuen Technologien häufig der Fall ist - an der Verschlossenheit und mangelnder Vision potenzieller Marktteilnehmer." Trotzdem zeigt er sich optimistisch: "Diese Cloud-Marktplätze werden sich bestimmt durchsetzen. In anderer Definition gibt es ja bereits etablierte Lösungen in geschlosseneren Formen. Daher sehe ich hier keine grundsätzliche Neuerung, sondern viel mehr eine Prozessverbesserung dank neuer Technologien." - Constantia Flexibles Group
Über Bedenken in puncto hohem Integrationsaufwand, Datensicherheit oder zu geringem Bedarf sagt Miehle: "Diese Art von Gründen wird immer dann angeführt, wenn man neue Technologien verhindern will und diese Zeiten sollten eigentlich vorbei sein. Fakt ist jedoch, dass man in seiner Applikationslandschaft immer Altsysteme mit sich herumschleppt, die für neue Technologien ungeeignet sind. Wann die Wechselkosten mögliche Vorteile rechtfertigen, muss man natürlich vorab prüfen." - Rolls-Royce Power Systems
Dietmar von Zwehl ist CIO bei Rolls-Royce Power Systems. Er sagt: "Wir nutzen aktuell private Clouds und halten Ausschau (konservativ) nach public Clouds. Security ist ein zentraler Faktor." - Karsten Leclerque, PAC
Für Karsten Leclerque, Principal Consultant Outsourcing & Cloud bei PAC (Pierre Audoin Consultants), sind die verschiedenen Marktplätze kaum vergleichbar, weil sie sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen. Was sie eint, ist das Kundenversprechen der einfachen Nutzung von Lösungen ohne Vorabinvestition. - Aufwand für den Anwender
Nach Beobachtung von Leclerque verlangen Cloud-Marktplätze dem Anwender zumindest derzeit noch einiges ab. Das gilt etwa für die Integration. „Oft werden Insel-Lösungen nebeneinander angeboten, ohne dass Kompatibilität der Angebote untereinander gewährleistet ist“, sagt er. „Ebenso unterscheiden sich die Vertragsmodalitäten, etwa bezogen auf die Abrechnung der SaaS- und IaaS-Bestandteile, oder bezüglich der End-to-End-Verantwortung gegenüber dem Kunden.“ - Daniel Just, Sopra Steria
Daniel Just, Outsourcing-Experte bei Sopra Steria Consulting, sagt: "Die Digitalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens benötigt immer flexiblere Infrastrukturleistungen. Getrieben durch disruptive Technologien sowie den Einzug des Internets in immer mehr Produkte, ist eine permanente digitale Innovation erforderlich. Um in diesem dynamischen Umfeld die Übersicht zu behalten und eine möglichst optimale Entscheidung für einen Partner zu treffen, werden Cloud-Marktplätze zunehmend wichtiger werden. Da standardisierte Infrastrukturleistungen bald als reine Commodity wahrgenommen werden, sollte eine solche Plattform für den Kunden einen Mehrwert zum Beispiel in Form von Applikations- bzw. Softwareleistungen bieten." - Voraussetzung für den Erfolg
Weiter sagt Daniel Just von Sopra Steria: "Dazu wird es von großer Bedeutung sein, dass ein nachhaltiger Marktplatzanbieter ein möglichst umfassendes und bedarfsorientiertes Angebot in der geforderten Menge, Zeit und größtmöglichen Nutzen vermitteln kann." - Integrationsprojekte ad absurdum geführt
Sopra Steria-Experte Daniel Just führt aus: "Der Vorteil der schnellen und barrierefreien Implementierung von IaaS, PaaS und auch SaaS Lösungen führt zu einer Vielzahl von Applikationen und Services die sich jeweils in einem Silo befinden und nicht oder nicht nahtlos miteinander kommunizieren können. Bei der Einführung von Cloud-Lösungen muss man sich also bewusst machen, dass eine Verlagerung von Applikationen in die Cloud einer Integration von Unternehmensapplikationen entgegenwirkt, d.h.: Die Integrationsprojekte, die in den letzten 15 Jahren durchgeführt wurden, um Informationssilos aufzubrechen, werden durch die Cloud-Lösung ad absurdum geführt." - Integration jedes Mal neu herstellen
Weiter erklärt Daniel Just von Sopra Steria: "Anwendungsfälle wie zum Beispiel der kurzfristige Zukauf von Rechnerleistung, etwa für eine zeitlich befristete Kampagne, lassen sich durch Cloud-Marktplätze sicher gut abdecken. Allerdings ist dafür die Integration zu den führenden, also datenenthaltenen Systemen jedes Mal neu herzustellen. Ein relativ hoher Aufwand, der angemessen zum Nutzen sein muss." - Matthias Kraus, IDC
Laut Matthias Kraus, Research Analyst bei IDC, sind Cloud-Marktplätze insbesondere für Mittelständler interessant: "Mit der zunehmenden Nutzung unterschiedlicher Cloud-Services adressieren Cloud-Marktplätze den Bedarf der Anwenderunternehmen: Transparenz, einen Vertragspartner und eine zentrale Management-Plattform für unterschiedliche Cloud-Services. Cloud-Marktplätze sind insbesondere für mittelständische Kunden interessant, denn ihnen fehlt es oftmals an Ressourcen, Tools und Erfahrung. Insgesamt befinden sich die Marketplaces aber noch in einer frühen Phase." - Anwender eingelocked
Weiter sagt Matthias Kraus von IDC: "Bei herstellergebunden Markplätzen befürchten die Anwender einen Vendor Lock-In. Der technische Integrationsaufwand stellt die größte Herausforderung dar. Die Cloud-Marketplaces müssen hier erst noch den Beweis antreten, wie sich die herstellerunabhängige Verknüpfung mit der On Premise-Umgebung der Anwenderunternehmen, aber vor allem der schnelle Wechsel zwischen verschiedenen Cloud Services in der Praxis effizient realisieren und managen lässt." - Matthias Wendl, Capgemini
Matthias Wendl ist Senior Consultant, CIO Advisory Services bei Capgemini Consulting. Seine Einschätzung: "Für sogenannte Commodity-Dienstleistungen wie Infrastruktur-Services (IaaS), dazu zählen Storage oder CPU/Rechenpower, sehe ich da durchaus einen Markt. Die großen Vorteile hierbei sind eine kurzfristige Skalierbarkeit und die on-demand Abrechnung (pay-per-use). Anwendungsfälle sind zum Beispiel zusätzliche Test-Server, oder zusätzliche Rechenleistung für einen Webshop zu Spitzenzeiten. Ein weiterer Anwendungsfall sind abgrenzbare Software as a Service Angebote (SaaS) wie z.B. Kommunikationslösungen oder Projektmanagement Software, die nicht aufwändig integriert werden müssen." - Die Standort-Frage
Über die Knackpunkte sagt Wendl: „Für alle Fälle, in denen der Service mit der vorhandenen Anwendungslandschaft interagiert, ist immer ein gewisser Planungs-, Auswahl- und Integrationsaufwand zu berücksichtigen. In Punkto Datensicherheit sind andere Punkte wichtig, wie bestehende Zertifizierungen, der Standort und die Größe des Cloudanbieters sowie seiner Rechenzentren und vor allem die Art der Datenübermittlung.“ - Holger Röder, A.T. Kearney
Holger Röder, Partner bei A.T. Kearney, sagt über Cloud-Marktplätze: "Der Cloud-Providermarkt ist sehr intransparent und proprietär, also stellenweise wenig effizient. Auf der anderen Seite wird „Infrastructure as a Service“ (IaaS) erst langsam in Zentraleuropa etabliert, gewinnt aber zunehmend an Größe." - Frage der Definition
Holger Röder von A.T. Kearney nennt jedoch Schwierigkeiten: "Die Integration und Sicherheit von Clouds lassen sich durch geeignete Konzepte in den Griff bekommen. Es stellt sich jedoch die Frage – da es bei der Börse um strukturierte Produkte geht – welcher Anteil des Cloud-Marktes strukturierbar ist (Definition eindeutiger Produkte beziehungsweise Services) und damit handelbar. Gefühlt ist das nur die Spitze des Eisberges, da vieles was unter Cloud (insbesondere der sogenannten „private Cloud“) läuft, sehr unternehmensspezifisch und „Neuverpacktes“ ist. Interessant ist, dass sich Service-Marktplätze rund um typische Cloud-Rechenzentren (zum Beispiel eShelter und Interxion in Frankfurt) sehr gut entwickeln und damit den CIOs viel mehr Flexibilität für die Gestaltung ihres Operating Models geben – insbesondere Zugang zu knappen Know-how-Ressourcen rund um Digitalisierung." - Sebastian Paas, KPMG
Sebastian Paas, Partner CIO Advisory Service bei KPMG, erklärt: „Der Handel mit IaaS-Leistungen wird sicherlich zunehmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass gerade kleine und mitteständische sowie Unternehmen, die ein hohes Unternehmenswachstum erwarten, interessant ist. Oft sogar Bestandteil deren Wachstumsstrategie. Auf der anderen Seite sind die Anbieter von IaaS-Leistungen häufig hochmoderne Rechenzentren, die es auszulasten gilt." - Peter Wirnsperger, Deloitte
Peter Wirnsperger, Partner Cyber Risk Services bei Deloitte, sagt: "Cloud-Marktplätze werden auf jeden Fall eine wichtige Option darstellen, wo effizient und kostengünstig Ressourcen gesucht und kurzfristig eingesetzt werden sollen. Der Bedarf an schnell verfügbaren und einfach nutzbaren Infrastrukturservices ist groß und wird noch weiter ansteigen, was auch das Wachstum der bestehenden Cloud-Player zeigt." - Detaillierte Bewertung
Peter Wirnsperger von Deloitte schränkt jedoch ein: "Sicherlich sind die Lösungen nicht für alle Bereiche anwendbar. Aber überall, wo Geschwindigkeit, Speichermenge und Verfügbarkeit in der Breite eine Rolle spielen, sind sie eine gute Alternative. Bei kritischen Informationen und komplexen Anwendungen muss man im Detail bewerten, ob und wie die Services nutzbar sein können. Aus Kostengesichtspunkten lohnt es sich auf jeden Fall die Ansätze im Detail zu bewerten."
Das Private Cloud als Software Defined Datacenter (SDC)
Die interne Private Cloud automatisiert betreiben zu können ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum IT-Broker. Hier kann gelernt werden, wie solche Systeme Lastprognosen folgend gesteuert werden und darauf basierende dynamische Verrechnungen etabliert werden können. Auch wenn diese noch auf den Fixkosten der eigenen Infrastruktur basieren.
Interne und und später dann auch externe Cloud-Systeme integrierende Automatisierungsplattformen sind die heute auf dem Markt verfügbaren ITSM-Systeme mit einem hohen Grad an Integration, verbunden mit einem Reporting, das alle prozessbedingten und technischen Ereignisse zusammenfassend darstellen kann.
"Prozessbedingt" steht an dieser Stelle für die im ITSM-Tool geführten Incident-, Request Fulfillment- und Change-Prozesse. Diese Prozesse sind Voraussetzung für einen hohen Automatisierungsgrad und für die Schaffung von Transparenz über die Qualität der Leistung der IT-Organisation insgesamt, also deren Wertbeitrag.
Ein Onlineshop soll die Planung, Bereitstellung und Abrechnung vollständig automatisieren (Abbildung 2).
Warum dies alles nicht schon für die Private Cloud einführen? Kosten? Ja, dies alles ist ein nicht unerheblicher Invest. Aber einer in die Zukunft, in die Skills der eigenen Mitarbeiter und in den Toolsets zur Bereitstellung und dynamischen Verrechnung von IT Infrastruktur Services (IaaS).
Banken und Versicherungen sind an dieser Stelle die Vorreiter. Für die in größeren Zeitabständen zu rechnenden Simulationen müssen die teuren IT-Ressourcen nicht mehr intern vorgehalten werden, sondern werden temporär auch extern abgerufen.
Eine besondere Herausforderung wird damit für die IT-Organisation lösbar. Mit den aus dem ITSM-Tool verfügbaren Daten können Business-Fragestellungen im Bereich der IT-Ressourcennutzung mit den Kennzahlen zu Kosten, Systemauslastung, Performance und Nutzungsintensität beantwortet und aufgezeigt werden, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen.
Entspricht die Systemauslastung der Prognose und folgt diese dem Lastprofil der Nutzungsintensität?
Wie ist die Entwicklung der Auslastung über verschiedene Zeiträume (Tag/Woche/Monat/Jahr)?
Folgt die IT-Ressourcennutzung dynamisch dem Lastprofil der Nutzungsintensität?
Sind die IT-Ressourcen gut ausgelastet? Entsprechen die resultierenden Kosten der Prognose?
Werden definierte Warn- und/oder Eingriffsgrenzen überschritten? Gibt es Tendenzen, die ein Eingreifen erfordern werden?
Gibt es die erwarteten Veränderungen nach Managemententscheidungen?
Die IT-Organisation kann die Potentiale agiler IT darstellen und sich, den Wertbeitrag fördernd, als IT-Broker etablieren. Ohne ein am Best Practice orientiertes IT-Servicemanagement wird es nicht funktionieren.
Best Practice, zum Beispiel nach ITIL, ist wichtige Voraussetzung für die notwendige IT-Fabrik, die Private Cloud Ressourcen dynamisch provisioniert.
Die Automatisierung erfolgt über ITSM-Prozesse als strukturierte Sätze an wiederholbaren Aktivitäten, mit deren Hilfe bestimmte Ziele erreicht werden.
- IDC-Analyse über Cloud Computing
Für die Studie „Hybrid Cloud in Deutschland 2014“ hat der Marktforscher IDC IT-Chefs aus rund 200 Unternehmen befragt. - Kostensenken wird wichtiger
Als eine der wichtigsten Anforderungen an die IT gilt das Senken von Kosten. 48 Prozent der Befragten nennen diesen Punkt, in der Vorjahresstudie waren es mit 38 Prozent deutlich weniger. IDC spricht denn auch vom „zunehmenden Druck auf die IT-Budgets“. - Status Quo der Cloud-Nutzung
Nach den Zahlen der Studie nutzt gut jedes vierte Unternehmen (27 Prozent) Cloud Services, weitere 18 Prozent führen sie im Moment ein. 19 Prozent schließen die Cloud-Nutzung aus oder haben sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt. - Externe Herausforderungen
Größte externe Herausforderungen beim Management einer hybriden Cloud sind Fragen der Sicherheit (65 Prozent) und Compliance (41 Prozent). - Interne Herausforderungen
Als größte interne Herausforderungen betrachten die IT-Chefs das Anpassen der Geschäftsprozesse (36 Prozent) und die steigende Komplexität der IT-Umgebungen (35 Prozent) sowie die aufwändige Integration der hauseigenen IT-Umgebung an die Cloud-Services (32 Prozent). - Software-Defined Datacenter
Als Brücke zwischen interner (physischer und virtualisierter) IT-Umgebung und externen Hosted oder Public Cloud Services sieht IDC ein Software-definiertes Datencenter (SDDC). Darin bündeln und automatisieren gekoppelte Software-Komponenten das Rechenzentrums-Provisioning.
IT-Organisation muss sich positionieren
Die IT-Organisation muss sich entscheiden, ob sie Manufaktur oder Industrie sein will - oder muss. Beides gleichzeitig sein zu wollen wird nicht funktionieren. Erfolg kann nur im Nischen- oder Massenmarkt groß sein. Der eigene absolute Marktanteil soll also entweder sehr klein oder sehr groß sein. Der Kompromiss "zwischen den Stühlen" wirkt sich negativ aus. Der Druck auf die IT-Organisation über die Schatten-IT im Unternehmen, die einen benutzergetrieben Innovationscharacter hat, und die Versuchungen durch die alltäglich verfügbaren externen Cloud-Dienste werden noch stärker werden.