Zu teuer? Zu aufwändig? Zu komplex?

Kundenmanagement in Mittelstand: entmystifiziert

15.08.2015
Von 
Dr. Wolfgang Martin ist Experte auf den Gebieten Big Data, Business Intelligence, Performance Management, Analytics, Business Process Management, Information Management, Information Governance sowie Cloud Computing (SaaS, PaaS). Sein Spezialgebiet sind die Wechselwirkungen technologischer Innovation auf das Business und damit auf die Organisation, die Unternehmenskultur, die Businessarchitekturen und die Geschäftsprozesse.

Mythen über Kundendatenmanagement im Mittelstand

  1. Professionelles Kundendatenmanagement ist für den Mittelstand zu teuer.

    Stimmt also nicht. Professionelles Kundendatenmanagement rechnet sich, denn den Kosten, die schlechte Daten verursachen, stehen überschaubare Investitionssummen gegenüber. Das ist einfache Mathematik.
    Die Wertschöpfung durch professionelles Kundendatenmanagement im Mittelstand hängt praktisch nur vom Volumen der Kundendaten ab. Das heißt aber auch, dass mindestens jeder Mittelständler im B2C ein professionelles Kundendatenmanagement braucht und auch wirtschaftlich darstellen kann. Smarte Kundendaten zahlen sich aus.

  2. Professionelles Kundendatenmanagement lohnt sich erst bei großen Datenmengen ab mehreren hunderttausend Adressen.

    Stimmt auch nicht. Wir haben schon gesehen, dass sich ein professionelles Kundendatenmanagement bei einigen Tausend Kundendatensätzen lohnt. Ob es sich auch für einige Hundert oder wenige Tausend Datensätze lohnt, ist eine einfache Rechnung, die jedes Unternehmen für sich aufstellen sollte.
    Wie schon gezeigt, bewertet man dazu die Kosten schlechter Kundendaten, die in den Prozessen entstehen, in denen Kundendaten verwendet werden.

    Dann berechnet man die Investitions- und die Folgekosten sowie die Potenziale für Umsatzsteigerung und Kosteneinsparung und hat so eine klare Entscheidungsgrundlage. Man braucht also kein Hexenwerk oder gar höhere Mathematik, um festzustellen, was schlechte Kundendaten kosten, hingegen smarte Kundendaten (ein)bringen. Durchrechnen sollte man das immer, denn in der Regel erreicht man eine Wertschöpfung.
    Wie sieht es mit den anderen Mythen aus?

  3. Professionelles Kundendatenmanagement ist für den Mittelstand zu zeitaufwändig.

    Es ist richtig, dass ein professionelles Kundendatenmanagement einen Zusatzaufwand verursacht, aber welchen Aufwand kostet es, wenn man nichts tut? Dann entstehen die Aufwände an anderer Stelle im Unternehmen, und die sind nicht unerheblich. Das beginnt mit den "Eh-da-Kosten" der manuellen Tätigkeiten im Kundendatenmanagement.

    Das geht weiter mit dem Zeitaufwand, der durch falsche Adressen und durch nicht mehr aktuelle Adressen entsteht. Dazu kommen noch die Kosten, die beispielsweise durch Dubletten in den Adressen entstehen. Hier kommt auch noch das Image-Problem hinzu, wenn ein Kunde beispielsweise mehrfach Post erhält: Er gewinnt nicht gerade den besten Eindruck vom Unternehmen, was im Endeffekt zu Umsatzverlusten führen kann.

    Zeitaufwand in professionelles Kundendatenmanagement gesteckt, spart Zeitaufwand an anderer Stelle. In der Regel gewinnt man sogar Zeit, denn je besser automatisierte Werkzeuge mit ihren Regelwerken und Wissensbasen arbeiten, desto höher ist der Zeitgewinn.

  4. Die Einführung von professionellem Kundendatenmanagement führt zu einem unüberschaubaren Projekt.

    Stimmt auch nicht. Denn die Einführung heutiger Plattformen für professionelles Kundendatenmanagement ist software-gestützt und weitgehend automatisiert. Einführung und Betrieb arbeiten mit schlanken Prozessen nach den Prinzipien von Lean Management.

    Schlanke Prozesse verfolgen die Ziele "Reduktion von Kosten und Zeitbedarf" sowie "Verbesserung der Qualität". Sie sind pragmatisch, geradlinig und intuitiv. Sie folgen vorgegebenen Einzelschritten, verzweigen nach definierten Regelwerken, werden parallelisiert und wieder zusammengeführt, vernetzt mit anderen Schrittfolgen und gegebenenfalls auch rückgekoppelt, um einen Fehlerfall zu bearbeiten. Sie ermöglichen weiterhin ein schnelles Ändern und Anpassen der Prozesse an die Unternehmens-IT-Strukturen. Das gilt sowohl für Kundendatenmanagement-Lösungen, die man traditionell "on-premise" lizensieren kann, als auch für Lösungen aus der Cloud.

    Professionelles Kundendatenmanagement bietet eine nachhaltige Lösung, die nicht nur zeit- und ressourcensparend eingeführt werden kann, sondern die es auch im Betrieb erlaubt, flexibel auf Änderungen in der Datenstruktur zu reagieren. Datenquellen entstehen und versiegen, Unternehmen schließen sich zusammen oder spalten sich auf. Schlanke Prozesse im Kundenstammdatenmanagement bieten hier viele Vorteile, denn sie erlauben ein schnelles und sicheres Integrieren oder Separieren von Datenquellen sowie ein Konsolidieren von Kundendatenbeständen im Falle von Firmenübernahmen oder Verkäufen von Unternehmensteilbereichen.

    Mit anderen Worten: Alles bleibt nicht nur überschaubar, sondern man wird schnell und flexibel. Das sind wesentliche Erfolgsfaktoren in der digitalisierten Welt.

  5. Professionelles Kundendatenmanagement erfordert teuer zu bezahlende Experten.

    Auch das stimmt so nicht. Denn heutige Plattformen für professionelles Kundendatenmanagement sind für "Self-Service" in den Fachabteilungen bestens geeignet. Die schlanken Prozesse des Kundendatenmanagements fügen sich nahtlos in die Arbeitsabläufe der Mitarbeiter ein, so dass jeder im Unternehmen, der mit dem Managen von Kundendaten zu tun hat, intuitiv mit den Werkzeugen zum Kundendatenmanagement umgehen kann.

    Trainingsaufwendungen entstehen nur in der Verwaltung der Werkzeuge und natürlich braucht man auch etwas Erfahrung, um die Ergebnisse von beispielsweise Profiling-Werkzeugen richtig zu interpretieren und entsprechend umzusetzen. Das lässt sich aber mit einer begleitenden Beratung "on the Job" gut erlernen. Teure Experten brauchen wir also nicht mehr.

Fazit

Kundendatenmanagement wird im Zuge der Digitalisierung der Welt wichtiger denn je. Es ist die Voraussetzung zu einem erfolgreichen Kundenerlebnismanagement, dem kritischen Erfolgsfaktor Nummer 1, wenn es um Wettbewerbsvorteile und Marktanteile geht. Das gilt im Mittelstand wie in Großunternehmen. Im Zuge der Digitalisierung bieten sich nun dem Mittelständler viele Vorteile. IT-Technologien, die bisher aufgrund ihrer Komplexität und Investitionskosten für den Mittelstand unerreichbar waren, sind jetzt erschwinglich und erlauben es Mittelständlern, sich auf die Augenhöhe der Großen zu begeben.

Mit anderen Worten: Ein professionelles Kundendatenmanagement mit geeigneten Methoden und Werkzeugen ist jetzt auch im Mittelstand wertschöpfend einsetzbar. Der Mittelstand sollte schnellstens seine Vorbehalte abbauen. Die 5 Mythen im Kundendatenmanagement, die Mittelständler nur zu gerne glauben, habe ich hier jedenfalls entmystifiziert: Kundendatenmanagement wird schnell und zuverlässig eingeführt, fügt sich als Self-Service-Lösung nahtlos in das Tagesgeschäft der Mitarbeiter ein, die mit Kundendaten zu tun haben, ist nicht zeitaufwändig, sondern spart sogar Zeit, und rechnet sich sehr wohl, auch für relativ kleine Datenmengen. (bw)