Einladung zum digitalen „Schaufensterbummel“

Kundenerlebnis bei Investment-Banken - geht das?

Kommentar  31.01.2018
Von 


Dr. Michael Rundshagen verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Managementberatung und verantwortete zahlreiche Transformationsprogramme für Unternehmen in verschiedenen Branchen. Als Mitgründer der Traxpay AG und als Business Angel in zahlreichen Start-Ups mit Schwerpunkt Fintech hat er umfangreiche Erfahrungen zum Thema Digitalisierung gesammelt.
Die Beziehungen zwischen Banken und ihren Kunden haben sich im Zuge der Digitalisierung stark verändert. Aber gilt dies auch für den Investment-Banking-Sektor?

Institute wie die Fidor Bank oder N26 setzen allein auf Apps, andere Banken arbeiten an der kompletten Neugestaltung ihrer Filialen vor Ort. In allen Fällen hat der technologische Fortschritt das althergebrachte Beziehungsverhältnis dramatisch verändert.

Ob Edelmetall, Aktien, Anleihen oder Wertpapiere. Wie wäre es, wenn die Investmentbank jedem Kunden ein Angebotspaket nach seinem Geschmack schnürt. Den Geschmack des Kunden sollte die Bank dafür allerdings genau kennen.
Ob Edelmetall, Aktien, Anleihen oder Wertpapiere. Wie wäre es, wenn die Investmentbank jedem Kunden ein Angebotspaket nach seinem Geschmack schnürt. Den Geschmack des Kunden sollte die Bank dafür allerdings genau kennen.
Foto: Fer Gregory - shutterstock.com

Im Vergleich zum typischen Bankgeschäft ist der Investment-Banking-Sektor jedoch von dieser Veränderung auf markante Weise unberührt geblieben und wird von klassischen Dienstleistungen wie Kapitalbeschaffung und M&A-Beratungen unterhalten. Dank dieser Strukturen war es für diese Firmen nie notwendig, die Produkte, die sie ihren Kunden anbieten, zu variieren.

Seit der Aufhebung des Glass-Steagall Act - einem Gesetz der USA, das eine Trennung von Investment- und Geschäftsbanken vorsah und dessen Außerkrafttreten von vielen als die Hauptursache für die Finanzkrise angesehen wurde - haben sich die vorgenannten Institute zu Kraftwerken im Handel mit Informationen und für den Zugang zu Krediten entwickelt.

In diesem Zusammenhang können heute gewaltige Organisationen wie JP Morgan und Merryl Lynch kostengünstig auf Finanzmittel zurückgreifen, ohne mit anderen Banken, die nicht mit ihnen verbunden sind, interagieren zu müssen. Der zunehmende Wettbewerb und die Kosten der Regulation haben zuletzt jedoch zu Spekulationen geführt, dass die Macht der Wall Street durch ein Wiederinkrafttreten dieses Gesetzes gebrochen werden könnte. Zehn Jahre nach der Finanzkrise, die von der Aufhebung dieser Gesetze ausgelöst wurde, sehen sich Investmentbanken und die bestehenden Geschäftsmodelle ihrer Branche durch diese Faktoren neuerdings unter Druck gesetzt.

Investitionen in Technologie

Während die Kerndienstleistungen rund um Eigenkapital, Fremdkapital, strukturierte Finanzierungen und M&A fortbestehen werden, werden die von Investmentbanken ausgeführten Aktivitäten mit geringer Komplexität zu alltäglichen, durch Technologieeinsatz erledigten Aufgaben. Dabei handelt es sich typischerweise um personalintensive Prozesse wie Berichte für Aufsichtsbehörden, Risikomanagement und Produktüberwachung.

Infolge der Automatisierung wird sich womöglich in den nächsten 10 bis 15 Jahren eine grundlegend andere Landschaft entwickeln, in der nur noch die allerwichtigsten, sehr persönlich zugeschnittenen Dienstleistungen mit hoher Komplexität von Menschen ausgeführt werden. So könnten beispielsweise Investmentbanken personalisierte Produkte und Preissysteme für den durchschnittlichen institutionellen Anleger aufbereiten und dafür nur einen Bruchteil der Zeit und des menschlichen Dazutuns aufwenden, das heute erforderlich ist.

Dienste wie "Kenne deinen Kunden" (Know Your Customer, KYC), die zum Kernbereich gehören, jedoch undifferenziert sind, werden vereinfacht und benötigen nun nur noch Minuten statt Tage, so wie es von Playern im Privatkundengeschäft wie Fidor Bank und N26 bereits vorgemacht wird.

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Einige Organisationen nutzen bereits Blockchain-basierte Plattformen für Sofortzahlungen, dämmen damit zugleich Kredit- und Geschäftspartnerrisiken ein und machen den Weg frei für Interventionen "nur im Ausnahmefall". Eine kürzlich von Cognizant durchgeführte Studie hat ergeben, dass 90 Prozent der Führungskräfte im Bereich Finanzdienstleistungen denken, ihre Unternehmen hätten Prozesse und Funktionen, die durch Technologie automatisiert werden können, bereits identifiziert oder wären dabei, sie zu identifizieren.
Sogar Hilfsdienste wie die Recherche können für institutionelle und vermögende Kunden einfach durch Automatisierung auf Grundlage von Kaufverhalten personalisiert werden.

Ganz neu für Investmentbanken ist die Erkenntnis, dass Technologie eine bessere Zusammenarbeit zwischen Banken ermöglicht. Mit Hilfe intelligenter Algorithmen können Organisationen ein Kapitalgeber-Konsortium zusammenstellen, das Unternehmen durch in Echtzeit durchgeführte Auftragsauktionen einen einfacheren Zugang zu Finanzmitteln verschafft. Die massenhafte Automatisierung wird Investmentbanken derselben digitalen Disruption unterziehen wie sie bereits ihre Gegenstücke in der Welt der Geschäftsbanken erleben.