In den vergangenen Jahren ging es im deutschen Netz-Business eher beschaulich zu. Alle Claims schienen abgesteckt, und die Marktanteile verschoben sich nur marginal. Während Unternehmen wie Cisco, Hewlett-Packard oder Siemens Enterprise Communications (SEN) mehr oder weniger als Vollsortimenter auftraten, hatten sich andere spezialisiert und in einer Nische ihr Auskommen gefunden. So konzentrierte sich etwa der deutsche Hersteller Lancom auf die Themen Routing und WLAN, während Juniper auf Switching und Mobile Security setzte, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Doch mit diesem fragilen Gleichgewicht scheint es nun vorbei zu sein: Gleich vier neue Hersteller drängen 2012 in den deutschen Enterprise-Network-Markt, wobei einer davon ein alter Bekannter ist: die IBM. Nachdem der Konzern bereits einen Ein- und Ausstieg ins Netzgeschäft hinter sich hat, könnte man die Strategie auch als IBM Reloaded bezeichnen. Anders als beim letzten Versuch konzentriert sich die Company ganz auf die Vernetzung von Rechenzentren. Das Know-how in Sachen Server-Vernetzung erwarb sie vor einem Jahr mit der Übernahme von Blade Network.
- Die etablierten Netz-Business-Anbieter im Überblick
In den vergangenen Jahren ging es im deutschen Netz-Business eher beschaulich zu. Während Unternehmen wie Cisco, Hewlett-Packard oder Siemens Enterprise Communications (SEN) mehr oder weniger als Vollsortimenter auftraten, hatten sich andere spezialisiert und in einer Nische ihr Auskommen gefunden. Doch Gleich vier internationale Hersteller versuchen 2012, auf dem deutschen Netzmarkt Fuß zu fassen. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dient nur zur ersten Orientierung. - Cisco
Die alles beherrschende Größe im Netz-Business ist Cisco mit einem Jahresumsatz von 40 Milliarden Dollar (2010). Aufgrund seiner Größe und Markstellung gilt der Konzern als Agendasetter. Der Vollsortimenter deckt sowohl die horizontalen wie die vertikalen Märkte ab und ist im Business- und im Consumer-Umfeld tätig. Im Endkundengeschäft hatte die Company bislang allerdings nur bedingt ein glückliches Händchen. Auf der Business-Seite deckt das Portfolio vom Carrier-grade Switch bis hin zum Rechenzentrums-Equipment alle Aspekte des Networkings ab. - SEN
Siemens Enterprise Communications (SEN) nahm 2008 seine Arbeit offiziell auf. Das Unternehmen, das keine Geschäftsberichte veröffentlicht, entstand aus dem Bereich Siemens Communications und gehört heute mehrheitlich den Investoren der Gores Group. Branchenkenner schätzen den Umsatz auf drei Milliarden Dollar. SEN sieht sich als Erfinder von Unified Communications. Im Netzbereich liegt der Schwerpunkt auf TK-Lösungen, die für IP-Netze wie für traditionelle TDM-Infrastrukturen erhältlich sind. - Avaya
Das Unternehmen mit einem Umsatz von etwa 4,8 Milliarden Dollar (2010) wurde im Jahr 2000 gegründet. Hierzulande wird Avaya seit der Übernahme von Tenovis im Jahr 2004 stark wahrgenommen. Der Schwerpunkt des Geschäfts liegt auf IP-basierenden Kommunikationslösungen wie VoIP oder Unified Communications. - Juniper Networks
Das 1996 gegründete Unternehmen mit einem Jahresumsatz von rund vier Milliarden Dollar (2010) machte sich in den Anfangsjahren vor allem einen Namen als Cisco-Konkurrent. Mit Highend-Routern jagte Juniper dem Platzhirsch Marktanteile ab. Heute liegen die Schwerpunkte auf den Bereichen Routing, Switching, Wireless und Security. - Extreme Networks
Mit Jahreseinnahmen von rund 300 Millionen Dollar (2010) zählt das 1996 gegründete Unternehmen zu den kleineren Marktteilnehmern. Der Schwerpunkt des Produktportfolios liegt auf schnellen Ethernet-Switches mit 10, 40 und 100 Gigabit. - D-Link
Der Stammsitz von D-Link befindet sich in Taiwan, wo das Unternehmen 1986 gegründet wurde. Mit einem Umsatz von rund 1,1 Milliarden Dollar (2011) wendet sich die Company sowohl an Privatanwender als auch an Unternehmenskunden. Der Fokus liegt dabei auf Netzinfrastruktur-Produkten wie Switches, Routern oder WLAN sowie Storage-Lösungen. - Netgear
Mit einem Jahresumsatz um die 700 Millionen Dollar zählt Netgear zu den kleineren Playern im Netzgeschäft. Das 1996 gegründete Unternehmen wendet sich mit seiner Produktpalette an Endkunden sowie kleine und mittelständische Anwender. Die Company versteht sich nicht als "first mover" in Sachen Innovation. Dafür konnte sich Netgear mit seinen Business-Produkten einen Ruf als Lieferant von zuverlässigen Geräten für Switching, Routing, WLAN und NAS erarbeiten. - Lancom
Der deutsche Hersteller Lancom Systems ging 2002 aus dem ehemaligen Geschäftsbereich "Communications Systems" der Elsa AG hervor. Der Jahresumsatz 2010 betrug 25,5 Millionen Euro. Mit seinen Produkten adressiert Lancom kleine, mittelständische und größere Unternehmen. Schwerpunkte bilden der Remote Access sowie die Standortvernetzung. Dabei steht das Unternehmen aus Würselen bei Aachen für pfiffige Lösungen wie etwa einen Router mit GPS-Diebstahlschutz, der die Sicherheit in Filialen erhöhen soll. - Die Herausforderer
Diese vier internationale Hersteller versuchen 2012, auf dem deutschen Netzmarkt Fuß zu fassen. - IBM
Quasi als IBM Reloaded versucht der Konzern zum zweiten Mal, im NetzwerkBusiness Fuß zu fassen. Stand beim ersten Versuch der UC-Gedanke im Vordergrund, dreht sich die Strategie nun um die Vernetzung im konvergenten Data Center. Hier will das Unternehmen Speicher- und Datennetze im Gigabit-Ethernet-Bereich versorgen. - Huawei
Der Netzausrüster mit einem Jahresumsatz von über 28 Milliarden Dollar (2010) gehört weltweit zu den Großen der Netzbranche. Der privat gehaltene Konzern mit Modellen zur Mitarbeiterbeteiligung, Incentive-Programmen etc. ist das chinesische Vorzeigeunternehmen schlechthin. Als TK-Ausrüster gestartet, expandiert das Unternehmen nun im Mobile-(Smartphones, Tablets) und Enterprise-Bereich. Im Enter-prise-Segment agiert Huawei als Vollsortimenter, dessen Portfolio vom Router und Switch über VoIP sowie Telepresence bis hin zu Rechenzentrums- (inklusive Server) sowie Cloud-Lösungen reicht. - ZTE
Die Nummer zwei unter den chinesischen Netzgrößen ist ZTE mit einem Jahresumsatz von knapp elf Milliarden Dollar (2010). Der Staatskonzern ist hierzulande primär als Telco-Partner bekannt. Im Zuge der Expansion will sich das Unternehmen nun einen Markennamen als Hersteller von Smartphones und anderem mobilen Equipment (Mobile 3G Access Points etc.) erarbeiten. Ins Enterprise-Network-Business will der Konzern langsam vorstoßen und zuerst lediglich Access-Lösungen vermarkten. - Maipu
Angesichts der beiden Schwergewichte ZTE und Huawei ist die Maipu Communications Technologies Co. Limited mit einem Umsatz von rund 400 Millionen Euro eher ein Zwerg. Die Europa-Expansion startet das Unternehmen von der Schweiz aus. Mit Switching-, Routing-, Wireless- und VoIP-Produkten adressiert Maipu primär mittelständische Anwender.
Die drei Chinesen
Bei ZTE und Huawei, den anderen beiden Neueinsteigern, handelt es sich ebenfalls um in Deutschland bereits bekannte Namen. Beide konnten in den letzten Jahren im Carrier-Geschäft Marktanteile gewinnen und sich bei dem einen oder anderen Provider eine Stellung als Second-Tier-Ausrüster erarbeiten.
Ein eher unbeschriebenes Blatt ist hierzulande der vierte Neuzugang, ebenfalls aus China: Maipu Communication Technology. Von Baar in der Schweiz aus will das Unternehmen, das eigenen Angaben zufolge in China die Nummer vier im Netzwerkmarkt ist, die europäischen Märkte erobern. Als Zielgruppe sieht Maipu Europe zunächst kleine und mittelständische Unternehmen. Sieht man einmal von Datacenter-Equipment oder Telepresence-Systemen sowie Security-Appliances ab, offeriert der Newcomer ein breites Portfolio, das Segmente wie Router, Switch, VoIP, WLAN, VPN und KVM-Appliances abdeckt.
Victor Marc, Regional Sales Director Central Europe bei Maipu, sieht eine Marktlücke: "Kleine und mittelständische Unternehmen fühlen sich von den großen Anbietern der Branche unzureichend bedient. Bei ihnen gibt ausschließlich Servicelösungen von der Stange."
Eher bescheiden sehen derzeit die Enterprise-Network-Pläne von ZTE aus. Die chinesische Nummer zwei will in diesem Jahr hierzulande mit Access-Produkten in den Markt einsteigen. Ansonsten plant das Unternehmen, erst einmal den eigenen Firmennamen als Marke zu etablieren. ZTE steht vor demselben Problem wie vor einigen Jahren der Handybauer HTC - die Produkte werden zwar millionenfach genutzt, doch nur Insider kennen den Hersteller, da die Geräte unter dem Label anderer Anbieter verkauft werden.