Dass er mit seiner Ausbildung zur "Elite" zählt, um die sich Unternehmen seit Jahren einen erbitterten Wettstreit liefern, darauf bildet sich Steffan Schiffert nicht viel ein. Zwar ist der Informatiker als Chief Technology Officer der Avira GmbH inzwischen Boss von 80 Softwareentwicklern in Tettnang und Bukarest. Doch aus den Problemen bei seinem Berufseinstieg macht er keinen Hehl: "In den ersten vier Jahren habe ich nur Software entwickelt." Stets vor dem Bildschirm, kaum Kundenkontakt. "Irgendwann war die Luft raus."
Kein Einzelfall. In ihren Stellenangeboten leiern Unternehmen immer dasselbe Mantra herunter: Entwickler sollen kommunikations- und teamfähig sein, heute dies und morgen das erledigen und auch noch gerne zu Kunden reisen - der Wunsch als Vater des Gedankens. Man tut so, als sei das heutige Informatikstudium das reinste Theaterprogramm: Auf der Bühne lauter nette Leute, die auf Kommando in jede beliebige Rolle schlüpfen.
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Unternehmen sind mit jungen Menschen konfrontiert, die in Vorstellungsgesprächen unsicher sind und sich im Job schwertun, Kollegen und Kunden zu erklären, was sie wollen. Wie Accenture in einer Studie über die "Generation Net" ermittelte, nehmen soziale Kompetenzen in der heutigen Absolventengeneration deutlich ab. "Besonders problematisch ist die mangelnde Teamorientierung", sagt Norbert Büning, Geschäftsführer von Accenture. Personalern schwant Übles: Mitarbeiter chatten nur noch wie im Internet-Cafe und sprechen nicht mehr mit dem Kollegen, der neben ihnen sitzt. "Machen wir uns nichts vor", sagt Ansgar Kinkel, Leiter Recruiting bei der BMW-Tochter Cirquent GmbH in Frankfurt am Main: "Es gibt inzwischen Leute, die mehr virtuelle als wirkliche Freunde haben."
Employability ist an vielen Hochschulen noch kein Thema
Elisabeth Heinemann, Deutschlands erste Informatikprofessorin für Schlüsselqualifikationen, beobachtet das Verhalten der jungen Generation täglich in ihren Seminaren an der Fachhochschule Worms: "Manche Studenten werden schon nervös, wenn sie plötzlich aufgefordert werden, den Computer zuzuklappen und jemandem zuzuhören." Nun könnten sie nicht mehr auf sicherem Terrain den Helden markieren wie in dem Spiel World of Warcraft. Seit Jahren engagiert sich Heinemann für eine praxisorientiertere Hochschulinformatik, die sich auch den sozialen und persönlichen Kompetenzen ihrer Studenten zuwendet. Schließlich sei "Employability", also die Beschäftigungsfähigkeit, von Absolventen eines der Ziele des 1999 gestarteten Bologna-Prozesses, in dem sich die EU-Staaten auf vergleichbare Ausbildungsstandards geeinigt haben.
Doch solche Überlegungen werden in den Instituten ignoriert oder sogar offen abgelehnt. Dem Hamburger Softwarearchitekten Ralf Westphal schwillt der Kamm, wenn er Uni-Würdenträger auf Kongressen erlebt: "Wie sollen Studenten denn lernen, sich besser ins Gespräch zu bringen und ihre Ideen zu vermitteln, wenn ihre Professoren Vorträge halten als hätten sie keine Adressaten?" Auch Spitzenabsolventen wie Simon Bierbaum, Informatiker und Alumnus der Bayerischen Eliteakademie, kennen das Problem: "Viele Informatiker sitzen nur am PC und kommunizieren kaum live mit ihren Kollegen", bestätigt Bierbaum das verbreitete Bild seiner Zunft. Er hingegen hat in der Eliteakademie gelernt, wie man sich präsentiert und eigene Ideen im Team durchsetzt. Nun bastelt er an einer Geschäftsidee für eine Web-2.0-Plattform und sammelt bereits kräftig Geld bei Investoren.