Der lange Weg zum Komplettanbieter

Kampf der IT-Titanen

24.08.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

IBM - der Supertanker

IBM hat den Abstand zu den Verfolgern vergrößert, meint Rüdiger Spies, Independent Vice President von IDC. Auch wenn der IT-Pionier seine Pole Position im Rennen um den höchsten Jahresumsatz zuletzt an Hewlett-Packard verloren hat. Konsequent hat sich Big Blue in den vergangenen Jahren von Geschäftsfeldern getrennt, die sich in Richtung Commodity entwickelten und damit rückläufige Margen befürchten ließen. Dazu zählen beispielsweise das PC- und Festplattengeschäft. Im Gegenzug baute IBM die Segmente Software und Services kontinuierlich aus, die einen besseren Zugang zu den Schaltzentralen bei den Kunden und bessere Margen versprachen. Steuerte die Softwaresparte im Jahr 2000 rund 25 Prozent zum Vorsteuergewinn bei, waren es acht Jahre später bereits 40 Prozent. Im gleichen Zeitraum verringerte sich der Gewinnanteil der Hardwaresparte von 24 auf neun Prozent. Insgesamt gingen im Geschäftsjahr 2008 etwa 82 Prozent des Vorsteuergewinns auf das Konto der Software- und Servicesparte - im Jahr 2000 waren es noch 65 Prozent.

Der Trend, die Sparten Software und Services zu forcieren, dürfte sich fortsetzen. Im Krisenjahr 2009 brachen vor allem die Geschäfte mit Hardware massiv ein. IBM verzeichnete beispielsweise im weltweiten Server-Geschäft deutliche Rückgänge. Kompensiert werden diese Einbußen zumindest zum Teil durch bessere Service- und Softwaregeschäfte. Experten sagen etwa dem Outsourcing-Markt gute Zeiten voraus, da viele Anwenderunternehmen überlegen, welche Teile ihrer IT eigentlich einen Wettbewerbsvorteil bieten und überhaupt noch von eigenen Mitarbeitern betrieben werden sollten.

IBM-Chaf Samual Palmisano hat jüngst die "Decade of Smart" ausgefufen.
IBM-Chaf Samual Palmisano hat jüngst die "Decade of Smart" ausgefufen.
Foto: Ronald Wiltscheck

IBM will diesen Trend mit seiner starken Consulting-Sparte ausnutzen. Diese ist aus Sicht von Forrester-Analyst Matzke ein klarer Vorteil, weil der Konzern damit den Zugang zu den Fachbereichsverantwortlichen seiner Kunden findet, die mehr und mehr die IT-Entscheidungen beeinflussten. IBM-Chef Samuel Palmisano positioniert sich genau an der Schnittstelle zwischen IT und Business. Erst Anfang Januar hat der 57-jährige Manager die "Decade of Smart" ausgerufen. Begonnen hat diese Marketing-Kampagne bereits im vergangenen Jahr unter dem Motto "Smarter Planet". Den Kunden werden Szenarien angefertigt, wie sie mit Hilfe von IT ihr Geschäft effizienter betreiben und damit bessere Ergebnisse erwirtschaften können.

Unterstützt wird diese Ausrichtung von einer zielgerichteten Partner- und Akquisitionsstrategie. Vor allem im Softwarebereich hat sich der Konzern in der Vergangenheit laufend verstärkt. Beispielsweise schluckte Big Blue im vergangenen Jahr die beiden Business-Intelligence-Anbieter Cognos und SPSS. Wenige Monate später lieferte Palmisano den theoretischen Überbau. Er warb gegenüber den Kunden dafür, alle relevanten Daten möglichst schnell und effizient zu erfassen und auszuwerten. Heute stelle die IT die notwendigen Kapazitäten bereit, um den immer weiter wachsenden Datenberg sinnvoll analysieren zu können, sagte der IBM-Lenker jüngst auf einer Veranstaltung in London: "Mit diesem Wissen können wir Kosten reduzieren, Effizienz und Produktivität verbessern sowie die Qualität unserer Produkte, unserer Unternehmen und unserer gesamten Umwelt zu erhöhen."

Darüber hinaus forciert der amerikanische Konzern etliche Geschäftsfelder, die in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden, seine Bilanz aber merklich aufpolieren. Dazu gehört beispielsweise der Bereich Embedded Systems. Fast alle Game-Controller basieren auf dem IBM-eigenen Cell-Prozessor. Außerdem verdient der Anbieter gut an seinen Patenten. Das Ranking des US-amerikanischen Patentamts führt IBM mit deutlichem Vorsprung an. In der Mitte Januar veröffentlichten Liste liegt IBM mit 4919 Patenten für das Jahr 2009 zum 17. Mal in Folge an der Spitze, gefolgt von Samsung (3611) und Microsoft (2906).

Kennzahlen IBM

Börsenwert: 173 Milliarden Dollar*;

Mitarbeiter: 398.500;

Umsatz 2008: 103,6 Milliarden Dollar;

Gewinn 2008: 12,3 Milliarden Dollar.

* Stand Januar 2010