Yammer-Gründer Adam Pisoni

"Jedes Unternehmen wird künftig wie ein Netzwerk arbeiten"

17.02.2014
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Adam Pisoni ist Mitgründer und CTO des 2012 von Microsoft übernommen Enterprise-Social-Pioniers Yammer. Im Rahmen der Yammer Working Social Tour in Amsterdam am 11. Februar gab er der COMPUTERWOCHE ein Interview.

Die Fragen stellten gemeinsam Christian Cohrs (für "Business Punk") und Thomas Cloer.

In Ihrer Twitter-Bio schreiben Sie, Sie seien der glücklichste CTO der Welt. Gilt das noch immer?

Adam Pisoni: Doch, klar. Als wir Yammer vor sechs Jahren gründeten, waren wir ein sehr kleines Team, fünf oder sechs Leute - und schauen Sie, was mittlerweile daraus geworden ist. Wir wussten, dass soziale Kommunikation auch ins Enterprise vordringen würde. Wir wussten aber nicht genau, was das bedeutete - und fanden uns plötzlich im Herzen einer ganzen Reihe von Bewegungen wieder, die da entstanden waren: Transparenz, Übertragen von Verantwortung auf Untergebene, Arbeiten wie ein Netzwerk und all das.

Ich kann mich glücklich schätzen, eine Company mitaufgebaut zu haben, die diesen Ideen zum Durchbruch verholfen hat. Die richtig gut zusammenarbeitet - wir haben eine unheimlich enge interne Community - und die anderen Unternehmen helfen kann. Ich war neulich zu einem Kunden-Meeting mit dem CEO von Telstra. Am Ende des Gesprächs kommt dieser Mann zu mir, schüttelt mir die Hand und sagt: "Sie haben meiner Firma wirklich geholfen". Dabei bin ich der Anbieter, sie bezahlen uns für unsere Services.

Ja, das fühlt sich immer noch gut an. Und unsere Möglichkeiten haben sich erweitert, jetzt wo wir ein Teil von Microsoft sind. Office hat eine Milliarde Nutzer rund um den Globus; wir hatten vorher acht Millionen.

Was hat sich denn verändert nach der Übernahme durch Microsoft?

Pisoni: Zu allererst der Spielraum. Bevor wir gekauft wurden, war unser primäres Ziel Wachstum - wie gewinnen wir mehr Nutzer und Unternehmen. Da waren wir sehr gut unterwegs. Diese Sorte Wachstum brauchen wir nicht mehr - wir sind jetzt Teil von Office. Trotzdem stehen wir jetzt, da wir "legitimiert" sind und die Leute verstehen, dass Tools wie unsere die Arbeitswelt umkrempeln werden, vor einer ähnlichen Herausforderung: Wie kommen wir wirklich in die Unternehmen, wie treiben wir die Akzeptanz und die Veränderung voran.

Zu dem Zeitpunkt, als Yammer verkauft wurde, waren wir 500 Leute. Wir waren von fünf auf 500 gewachsen. Das ist nicht klein, aber auch kein Großkonzern. Wir hatten zwar eine Menge Vorstellungen davon, was große Unternehmen verändern müssen, arbeiteten aber nicht für einen Konzern. Wir haben enorm viel daraus gelernt, Microsoft die gleichen, teilweise schmerzlichen Transformationen durchlaufen zu sehen wie unsere Kunden. Vorher war ein: "Macht einfach dies" leicht gesagt - eine 130.000-Mann-Firma antwortet aber auch mal: "Das können wir nicht machen". Man sieht schnell ein: Selbst wenn man der Chef ist, kann man ein so großes Unternehmen nicht mit einem Fingerschnipsen umkrempeln. Man muss die Firma beeinflussen - und diesen Einfluss zu beobachten war unheimlich lehrreich.

Manche Dinge sind natürlich schwieriger geworden, jetzt wo wir Teil eines großen Konzerns sind; große Unternehmen schlagen sich irgendwo alle mit dem gleichen Dingen herum. Aber im Ausgleich für mehr Schwierigkeiten haben wir auch mehr Handlungsspielraum durch mehr Reichweite bekommen.

Sie transformieren sich also gegenseitig?

Pisoni: Ja, aber wir haben Microsoft stärker verändert als sie uns verändert haben, würde ich sagen. Wir sind zwar nur 500 von den 130.000, aber unsere Wirkung war überproportional.

Bei der kurzen Produkt-Tour vorhin konnte man fast den Eindruck gewinnen, Office sei jetzt ein Teil von Yammer. Entwickelt sich das in diese Richtung?

Pisoni: Nein. Yammer ist ein Kommunikations-Tool, ein Teil der Werkzeuge, die wir brauchen. Office bringt eine Menge mehr ein - Collaboration, Dokumente, Audio, Video, Meetings. Das sind so viel mehr Fähigkeiten - wir müssen es jetzt schaffen, die sozialer zu machen und stärker zu vernetzen. Darauf sind wir jetzt irgendwie alle fokussiert.

Wir haben den Kommunikationsteil beigesteuert und unser Verständnis von Netzwerken. Nicht Yammer als Produkt wird die größten Auswirkungen auf Office und Microsoft haben. Sondern dass wir wissen, wie man Software für Endkunden baut - mit schneller, datengestützter Entwicklung - und welche Kraft im Netzwerk liegt.

Wir kamen genau zum richtigen Zeitpunkt - Microsoft hatte gerade Office 365 fertig, es gab eine Menge Nabelschau und Fragen, Cloud war klar, was kommt als nächstes? Da kamen wir gerade recht und hatten eine Menge anzubieten, was zwei Jahre früher sehr viel schwieriger gewesen wäre.