IoT-Studie von COMPUTERWOCHE und CIO

IoT: Unternehmen wollen effizientere Geschäftsprozesse

03.02.2020
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Unternehmen profitierten bei ihren IoT-Projekten von effizienteren Geschäftsprozessen sowie damit verbundenen Kostensenkungen. Zukunftsorientierte Ziele sind zweitrangig.

Das Internet of Things (IoT) ist in den deutschen Firmen angekommen, funktioniert und bringt große Vorteile. So steigt nicht nur die Anzahl der Anzahl der IoT-Projekte, sondern auch die Erfolgsquote. Der Mehrwert der IoT-Projekte stellte sich im Vergleich zum vergangenen Jahr im Schnitt zudem etwas schneller ein.

Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen IoT-Studie, die CIO und COMPUTERWOCHE gemeinsam mit den Partnern A1 Digital Deutschland, Telefónica Germany, Concept Reply, Alcatel-Lucent Enterprise, Device Insight, NTT Security (Germany), Q-loud, TÜV SÜD Sec-IT und opentext realisiert haben. Dazu wurden 444 Entscheider aus der D-A-CH-Region zu ihren Ansichten, Plänen und Projekten rund um das Internet of Things befragt.

Hier gehts zur Studie "Internet of Things 2020"

Während sich der erste Teil unseres Artikels zu den Ergebnissen der Studie mit dem Status quo in deutschen Firmen befasst, stehen im zweiten Teil die Chancen sowie die technischen und organisatorischen Herausforderungen des IoT im Vordergrund.

Die wichtigsten Ziele, die Unternehmen mit dem Internet of Things verfolgen, sind altbekannt: Prozesse optimieren, Kosten senken.
Die wichtigsten Ziele, die Unternehmen mit dem Internet of Things verfolgen, sind altbekannt: Prozesse optimieren, Kosten senken.
Foto: cono0430 - shutterstock.com

Im Fokus: Optimierung bestehender Prozesse und Produkte

Welcher Nutzen, welcher Mehrwert stellt sich für Ihr Unternehmen durch IoT-Projekte konkret ein? 42 Prozent der Unternehmen antworteten auf diese Frage mit der Optimierung bestehender Geschäftsprozesse. Das gilt vor allem für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern (53 Prozent). 39 Prozent der Firmen konnten mit ihren IoT-Projekten bestehende Services oder Produkte verbessern, während 35 Prozent damit neue Produkte und Services entwickelten. Mit etwas Abstand folgen Themen wie Steigerung des Umsatzes oder die Reduktion von Kosten. Nur ein Fünftel der Firmen nutzt das IoT für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

Diese Zahlen zeigen: Zukunftsorientierte Ziele wie die Ansprache neuer Kunden, ein besseres Kundenerlebnis oder die Erschließung neuer Services beziehungsweise Geschäftschancen sind zweitrangig. So glauben beispielsweise nur vier Prozent der Firmen, dass sie mithilfe des IoT neue Business-Modelle wie Pay-per-Use erschließen können.

Larry Terwey, Sales Director Deutschland von A1 Digital, überrascht dieser Fokus auf höhere Effizienz bei bestehenden Geschäftsprozessen nicht: "Die Unternehmen starten häufig tatsächlich bei der Optimierung vor allem im Servicebereich, da dort extrem schnell ein ROI gerechnet werden kann und sich Kosten sparen lassen. Darum machen Unternehmen auch erst mal nichts falsch mit einem solchen Ansatz, der ein sehr guter Grundstein ist für neue Anwendungen und neue Geschäftsmodelle, meist unter intensiverer Nutzung von Analytics und KI."

Sven Koltermann, Leiter IoT/M2M Energy bei Telefónica Deutschland, weist auf weitere Herausforderungen des IoT hin: "Durch die automatisierte Datenübertragung zwischen Objekten und Maschinen erhöht sich auch das Sicherheitsrisiko und die Skalierbarkeit. Für die Unternehmen ist es von Vorteil, alle Übertragungsverfahren mit Ihren Funktionaltäten gut zu kennen und je nach Anwendungsbeispiel das richtige Verfahren zu nutzen und für die neuen 5G-Standards rechtzeitig und zukunftsfähig zu investieren."

Chancen noch nicht vollständig erkannt

Für Dr. Myriam Jahn, CEO der QSC-Tochter Q-loud, ist letztlich das Problem, dass die Chancen des Internet of Things noch nicht vollständig erkannt wurden. Das sei keineswegs ein Fehler der Unternehmen, sondern eine ganz natürliche Entwicklung, so Jahn. "Wenn wir an die Anfangszeiten des Internets zurückdenken, war das Ausmaß der Entwicklungen in dessen Anfängen auch noch nicht absehbar. Firmen betrachten jede neue Technologie erst einmal aus Kosten- und Effizienzgesichtspunkten. Und hier bringt sie Unternehmen auch die gewünschten Quick Wins. Das stellen wir ebenfalls bei unseren Kunden fest", erklärt Myriam Jahn.

Marten Schirge, Chief Sales & Marketing Officer bei Device Insight, sieht das ähnlich. Für ihn reiht sich diese "eher kurzsichtige Herangehensweise" an das Internet of Things ein in die allgemein sehr zögerliche digitale Transformation der Unternehmen im D-A-CH-Raum. "Sowohl die Notwendigkeit der Digitalisierung als auch die Potenziale neuer Technologien werden noch immer unterschätzt.

Zudem liegt der Fokus hierzulande traditionell eher auf der technischen Ausgestaltung des Produkts und weniger auf den Bedürfnissen der potenziellen Kunden und Nutzer, die durch neue digitale Produkte und Services erreicht werden könnten", so Marten Schirge. Dementsprechend konzentrierten sich die Unternehmen auch im Bereich IoT auf eher pragmatische Verbesserungen und nicht unbedingt auf die Einführung zukunftsweisender Innovationen.

Für Christian Koch, Director GRC und IoT/OT bei der Security Division von NTT, können Firmen mittels IoT die einzelnen Prozessschritte bei Produktionsabläufen viel granularer erfassen und analysieren. "Damit ist die entscheidende Basis für Big-Data-Analysen und infolge für Effizienzverbesserungen geschaffen. Unternehmen fehlt vielfach einfach nur der Mut, neue Geschäftsmodelle auszuprobieren. Sie haben schlicht und ergreifend Angst, dass etwas schiefgehen könnte."

Hauptproblem Sicherheit

Insbesondere Bedenken bei Datenschutz und Sicherheit bremsen breit angelegte IoT-Aktivitäten. In 37 Prozent der befragten Unternehmen stellen Datenschutzbedenken das allgemein belastbarste Argument gegen einen umfassenden IoT-Einsatz dar. Ein Drittel der Unternehmen nennt Sicherheitsbedenken als größtes Hindernis. Sie fürchten vor allem Hacker-Angriffe / DDoS-Attacken, Industriespionage oder juristische Probleme und sehen durch mögliche Hacker-Angriffe vor allem die Informationssicherheit bedroht.

Zum besseren Schutz der Systeme und Daten setzt bereits jetzt ein Viertel der Firmen auf Lösungen zur automatisierten Erkennung von Cybersecurity-Schwachstellen oder -Risiken. Etwa die Hälfte der befragten Firmen prüft derzeit den Einsatz automatisierter Security-Lösungen im IoT-Umfeld, 15 Prozent interessieren sich dafür.

Auch Nawid Sayed, Projektmanager Cyber Security Services beim TÜV SÜD, sieht das Thema Cybersecurity als eine der größten Herausforderungen, die Firmen sowohl technisch als auch organisatorisch betrifft: "Technisch geht es darum, die richtigen Tools und Systeme einzusetzen, um die Cyber-Sicherheit von IoT-Produkten zu gewährleisten. Organisatorisch sind die richtigen Prozesse gefragt, um ein möglichst hohes Sicherheitsniveau zu erreichen. Dazu zählen vor allem die kontinuierliche Sensibilisierung und Schulung der eigenen Mitarbeiter."

Weitere wichtige Argumente gegen breit angelegte IoT-Aktivitäten sind ein knappes Budget, der Fachkräftemangel und fehlende Anwendungsfelder. "Für die meisten Unternehmen besteht die Herausforderung darin, technologisch auf dem neuesten Stand zu bleiben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und das richtige Ökosystem zu schaffen, um die notwendigen Kompetenzen für IoT-Projekte zu erwerben. Aufgrund des multidisziplinären Charakters und der hohen Komplexität bei IoT-Projekten ist dies eine besonders große Hürde", kommentiert Vincent Ohana, Geschäftsführer von Concept Reply.

Für Jochen Adler, Strategic Partner Account Manager D-A-CH bei opentext, stellt die immense Skalierung die größte technische Herausforderung bei IoT-Projekten dar. "Welche Infrastruktur verkraftet das immense Wachstum, wenn plötzlich jeder Lkw ein Dutzend IP-Adressen hat, weil vernetztes Equipment in Echtzeit mobile Daten liefert? Welche Content-Plattform, welches Archiv, welche Analytics Engine kann mit der Menge an Datenvolumen umgehen?" Immer enger integrierte Liefer- und Wertschöpfungsketten lassen laut Jochen Adler keinen Spielraum beim Thema Ausfallsicherheit zu. Hochverfügbarkeit ist gefragt.