Das Internet of Things (IoT) ist in den deutschen Firmen angekommen, funktioniert und bringt große Vorteile. So steigt nicht nur die Anzahl der Anzahl der IoT-Projekte, sondern auch die Erfolgsquote. Der Mehrwert der IoT-Projekte stellte sich im Vergleich zum vergangenen Jahr im Schnitt zudem etwas schneller ein.
Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen IoT-Studie, die CIO und COMPUTERWOCHE gemeinsam mit den Partnern A1 Digital Deutschland, Telefónica Germany, Concept Reply, Alcatel-Lucent Enterprise, Device Insight, NTT Security (Germany), Q-loud, TÜV SÜD Sec-IT und opentext realisiert haben. Dazu wurden 444 Entscheider aus der D-A-CH-Region zu ihren Ansichten, Plänen und Projekten rund um das Internet of Things befragt.
Hier gehts zur Studie "Internet of Things 2020"
Während sich der erste Teil unseres Artikels zu den Ergebnissen der Studie mit dem Status quo in deutschen Firmen befasst, stehen im zweiten Teil die Chancen sowie die technischen und organisatorischen Herausforderungen des IoT im Vordergrund.
Im Fokus: Optimierung bestehender Prozesse und Produkte
Welcher Nutzen, welcher Mehrwert stellt sich für Ihr Unternehmen durch IoT-Projekte konkret ein? 42 Prozent der Unternehmen antworteten auf diese Frage mit der Optimierung bestehender Geschäftsprozesse. Das gilt vor allem für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern (53 Prozent). 39 Prozent der Firmen konnten mit ihren IoT-Projekten bestehende Services oder Produkte verbessern, während 35 Prozent damit neue Produkte und Services entwickelten. Mit etwas Abstand folgen Themen wie Steigerung des Umsatzes oder die Reduktion von Kosten. Nur ein Fünftel der Firmen nutzt das IoT für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.
Diese Zahlen zeigen: Zukunftsorientierte Ziele wie die Ansprache neuer Kunden, ein besseres Kundenerlebnis oder die Erschließung neuer Services beziehungsweise Geschäftschancen sind zweitrangig. So glauben beispielsweise nur vier Prozent der Firmen, dass sie mithilfe des IoT neue Business-Modelle wie Pay-per-Use erschließen können.
Larry Terwey, Sales Director Deutschland von A1 Digital, überrascht dieser Fokus auf höhere Effizienz bei bestehenden Geschäftsprozessen nicht: "Die Unternehmen starten häufig tatsächlich bei der Optimierung vor allem im Servicebereich, da dort extrem schnell ein ROI gerechnet werden kann und sich Kosten sparen lassen. Darum machen Unternehmen auch erst mal nichts falsch mit einem solchen Ansatz, der ein sehr guter Grundstein ist für neue Anwendungen und neue Geschäftsmodelle, meist unter intensiverer Nutzung von Analytics und KI."
Sven Koltermann, Leiter IoT/M2M Energy bei Telefónica Deutschland, weist auf weitere Herausforderungen des IoT hin: "Durch die automatisierte Datenübertragung zwischen Objekten und Maschinen erhöht sich auch das Sicherheitsrisiko und die Skalierbarkeit. Für die Unternehmen ist es von Vorteil, alle Übertragungsverfahren mit Ihren Funktionaltäten gut zu kennen und je nach Anwendungsbeispiel das richtige Verfahren zu nutzen und für die neuen 5G-Standards rechtzeitig und zukunftsfähig zu investieren."
- Larry Terwey, A1 Digital
"Viele Unternehmen starten ihre IoT-Projekte häufig mit der Optimierung im Servicebereich und erschließen weitere Business-Cases und neue Geschäftsmodelle erst später, dann meist unter intensiverer Nutzung von Analytics und KI. Im Servicebereich lässt sich für die Unternehmen extrem schnell ein ROI rechnen. Sie können Kosten sparen und darüber hinaus neue zusätzliche Revenue- Streams erschließen, etwa durch das Angebot zusätzliche SLA und Services verkaufen zu können, die erst durch IoT möglich werden." - Sven Koltermann, Telefónica Deutschland
"Mit den vielfältigen, modernen IoT-Lösungen für Unternehmen kommen auch neue Herausforderungen auf die Firmen zu. Durch die automatisierte Datenübertragung zwischen Objekten und Maschinen erhöht sich auch das Sicherheitsrisiko und die Skalierbarkeit. Für die Unternehmen ist es von Vorteil, alle Übertragungsverfahren mit Ihren Funktionalitäten gut zu kennen und je nach Anwendungsbeispiel das richtige Verfahren zu nutzen und für die neuen 5G-Standards rechtzeitig und zukunftsfähig zu investieren." - Nicolai Blonner, Alcatel-Lucent Enterprise
"Die Unternehmen sind bei der Digitalisierung erstmal eher mit sich selbst und ihren internen Prozessen beschäftigt. Dabei ist er gar kein Widerspruch an sich, hier auch direkt seine Geschäftsmodelle zu hinterfragen und neue Potenziale zu identifizieren und denen dann auch konsequent nachzugehen. Man muss die Digitalisierung als einmalige Chance begreifen, sein Unternehmen neu zu denken und alles zu hinterfragen. Dabei auch auf das Know-how von externen Spezialisten zu setzen ist keine Schwäche, sondern eher eine Stärke." - Vincent Ohana, Concept Reply
"Es ist weniger komplex zu optimieren als innovativ zu sein und neue Geschäftsmodelle umzusetzen. Unternehmen sollten ihr Wissen in Sachen Prozessoptimierung weiterentwickeln und lernen, mit dem IoT umzugehen. Das wäre eine sinnvolle Herangehensweise. Aber es ist nun mal einfacher, Kosten zu senken, anstatt Einnahmen zu generieren." - Martin Schirge, Device Insight
"Bei den technischen Herausforderungen steht das Thema Security ganz oben, das bestätigen sowohl die IDG-Studie als auch unsere langjährige Erfahrung bei der Umsetzung von IoT-Projekten. Ein rascher Mehrwert durch IoT-Projekte wird aber oftmals nicht durch technische Herausforderungen verhindert, sondern durch organisatorische Hürden: Unklare Zielsetzungen, fehlende Unterstützung durch das Top-Management und mangelhafte Kommunikation zwischen den beteiligten Projektteams und Abteilungen können eine schnelle Time-to-Market verhindern." - Christian Koch, NTT
"Firmen können mittels IoT die einzelnen Prozessschritte bei Produktionsabläufen viel granularer erfassen und analysieren. Damit schaffen sie die entscheidende Basis für Big-Data-Analysen und Effizienzverbesserungen. Unternehmen fehlt vielfach einfach nur der Mut, neue Geschäftsmodelle auszuprobieren. Sie haben schlicht und ergreifend Angst, dass etwas schiefgehen könnte." - Dr. Myriam Jahn, Q-loud
"Dass Blockchain, KI und Robotics bei den Investitionen vorne stehen, ist auf jeden Fall eine erfreuliche Entwicklung – wir kommen weg vom Thema Infrastruktur und mehr zu Inhalten und Applikationen, die ja letztlich die Wertschöpfung der Digitalisierung erschließen. Allerdings: Bevor wir uns mit der ‚Kür‘ wie Blockchain beschäftigen, muss zunächst die Applikation mit ihren Prozessen wie Softwareorchestrierung, Lizenzmanagement und Billing stehen. KI ist dagegen etwas, womit man gar nicht früh genug anfangen kann, wenn erst einmal Daten vorhanden sind. Robotics schließlich ist ein nicht überall anwendbares Thema und hat viel mehr mit Industrie 3.0 als mit Industrie 4.0 zu tun – nur eben besser umgesetzt." - Nawid Sayed, TÜV Süd
"Schuster, bleib bei deinen Leisten. Ich denke, dass viele Unternehmen bei neuen Themen zurückhaltend sind, weil sie die damit verbundenen Risiken scheuen – finanzielle Einbußen beispielsweise – oder sich schlicht sorgen, das Falsche zu tun. Höhere Effizienz und Kostensenkung bedeutet, mit dem bereits Bestehenden zu arbeiten, bewährte Prozesse zu optimieren und damit ein deutlich geringeres Risiko einzugehen." - Jochen Adler, Open Text
"Beim Thema Zukunftsorientierung darf man nicht zu viel erwarten. Wer Verantwortung trägt, ob im Unternehmen oder in der Gesellschaft, wird immer zunächst am kurzfristigen Erfolg gemessen, sei es das EBIT eines Jahres oder ein Wahlergebnis. Doch wer nur auf seine Quartalszahlen starrt, auf Effizienz setzt und allein die Kosten drückt, geht so gut wie sicher unter. Der Blick muss sich auch nach außen richten: Was tut sich im Markt, und welcher Markt ist das künftig überhaupt? Die Geschäftsmodelle wandeln sich durch das IoT, gänzlich neue Märkte und neuartige Dienste entstehen."
Chancen noch nicht vollständig erkannt
Für Dr. Myriam Jahn, CEO der QSC-Tochter Q-loud, ist letztlich das Problem, dass die Chancen des Internet of Things noch nicht vollständig erkannt wurden. Das sei keineswegs ein Fehler der Unternehmen, sondern eine ganz natürliche Entwicklung, so Jahn. "Wenn wir an die Anfangszeiten des Internets zurückdenken, war das Ausmaß der Entwicklungen in dessen Anfängen auch noch nicht absehbar. Firmen betrachten jede neue Technologie erst einmal aus Kosten- und Effizienzgesichtspunkten. Und hier bringt sie Unternehmen auch die gewünschten Quick Wins. Das stellen wir ebenfalls bei unseren Kunden fest", erklärt Myriam Jahn.
Marten Schirge, Chief Sales & Marketing Officer bei Device Insight, sieht das ähnlich. Für ihn reiht sich diese "eher kurzsichtige Herangehensweise" an das Internet of Things ein in die allgemein sehr zögerliche digitale Transformation der Unternehmen im D-A-CH-Raum. "Sowohl die Notwendigkeit der Digitalisierung als auch die Potenziale neuer Technologien werden noch immer unterschätzt.
Zudem liegt der Fokus hierzulande traditionell eher auf der technischen Ausgestaltung des Produkts und weniger auf den Bedürfnissen der potenziellen Kunden und Nutzer, die durch neue digitale Produkte und Services erreicht werden könnten", so Marten Schirge. Dementsprechend konzentrierten sich die Unternehmen auch im Bereich IoT auf eher pragmatische Verbesserungen und nicht unbedingt auf die Einführung zukunftsweisender Innovationen.
Für Christian Koch, Director GRC und IoT/OT bei der Security Division von NTT, können Firmen mittels IoT die einzelnen Prozessschritte bei Produktionsabläufen viel granularer erfassen und analysieren. "Damit ist die entscheidende Basis für Big-Data-Analysen und infolge für Effizienzverbesserungen geschaffen. Unternehmen fehlt vielfach einfach nur der Mut, neue Geschäftsmodelle auszuprobieren. Sie haben schlicht und ergreifend Angst, dass etwas schiefgehen könnte."
Hauptproblem Sicherheit
Insbesondere Bedenken bei Datenschutz und Sicherheit bremsen breit angelegte IoT-Aktivitäten. In 37 Prozent der befragten Unternehmen stellen Datenschutzbedenken das allgemein belastbarste Argument gegen einen umfassenden IoT-Einsatz dar. Ein Drittel der Unternehmen nennt Sicherheitsbedenken als größtes Hindernis. Sie fürchten vor allem Hacker-Angriffe / DDoS-Attacken, Industriespionage oder juristische Probleme und sehen durch mögliche Hacker-Angriffe vor allem die Informationssicherheit bedroht.
Zum besseren Schutz der Systeme und Daten setzt bereits jetzt ein Viertel der Firmen auf Lösungen zur automatisierten Erkennung von Cybersecurity-Schwachstellen oder -Risiken. Etwa die Hälfte der befragten Firmen prüft derzeit den Einsatz automatisierter Security-Lösungen im IoT-Umfeld, 15 Prozent interessieren sich dafür.
Auch Nawid Sayed, Projektmanager Cyber Security Services beim TÜV SÜD, sieht das Thema Cybersecurity als eine der größten Herausforderungen, die Firmen sowohl technisch als auch organisatorisch betrifft: "Technisch geht es darum, die richtigen Tools und Systeme einzusetzen, um die Cyber-Sicherheit von IoT-Produkten zu gewährleisten. Organisatorisch sind die richtigen Prozesse gefragt, um ein möglichst hohes Sicherheitsniveau zu erreichen. Dazu zählen vor allem die kontinuierliche Sensibilisierung und Schulung der eigenen Mitarbeiter."
Weitere wichtige Argumente gegen breit angelegte IoT-Aktivitäten sind ein knappes Budget, der Fachkräftemangel und fehlende Anwendungsfelder. "Für die meisten Unternehmen besteht die Herausforderung darin, technologisch auf dem neuesten Stand zu bleiben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und das richtige Ökosystem zu schaffen, um die notwendigen Kompetenzen für IoT-Projekte zu erwerben. Aufgrund des multidisziplinären Charakters und der hohen Komplexität bei IoT-Projekten ist dies eine besonders große Hürde", kommentiert Vincent Ohana, Geschäftsführer von Concept Reply.
Für Jochen Adler, Strategic Partner Account Manager D-A-CH bei opentext, stellt die immense Skalierung die größte technische Herausforderung bei IoT-Projekten dar. "Welche Infrastruktur verkraftet das immense Wachstum, wenn plötzlich jeder Lkw ein Dutzend IP-Adressen hat, weil vernetztes Equipment in Echtzeit mobile Daten liefert? Welche Content-Plattform, welches Archiv, welche Analytics Engine kann mit der Menge an Datenvolumen umgehen?" Immer enger integrierte Liefer- und Wertschöpfungsketten lassen laut Jochen Adler keinen Spielraum beim Thema Ausfallsicherheit zu. Hochverfügbarkeit ist gefragt.