Viele denken beim Stichwort Startups zunächst an Berlin. Die Hauptstadt gilt als hip, die Mieten sind bezahlbar und viele junge, gut qualifizierte Menschen zieht es in die Metropole. München ruft ganz andere Assoziationen hervor. Weltweit verbinden viele Bier und Oktoberfest mit der Stadt sowie hohe Mieten. Spötter lästern gerne über das provinzielle Image des Dorfs an der Isar. Doch wer die Stadt besser kennt, weiß, dass das nur eine Seite der Medaille ist. In München und dem Umland haben sieben Dax-Konzerne ihren Firmensitz, viele Life-Science-, Dienstleistungsunternehmen sowie IT-Konzerne wie Microsoft haben hier ihre Deutschlandzentrale oder wichtige Forschungslabore, wie beispielsweise Google und auch IBM. Und es gibt eine erfolgreiche Startup-Szene im Süden.

In München sind die Chancen von Frauen, die ein eigenes Unternehmen gründen wollen, besonders gut, wie die Studie Dell Women Entrepreneur Cities Index herausgefunden hat. In dem Ranking wurden Städte auf der ganzen Welt miteinander verglichen. München schaffte es als einzige deutsche Stadt in die Liste der Top 50. Frauen finden in der bayerischen Landeshauptstadt der Studie zufolge die besseren Rahmenbedingungen.

Hinter der Untersuchung steckt ein unabhängiges, internationales Forscherteam. Es hatte weltweit Städte miteinander verglichen und untersucht, wie gut es ihnen gelingt, Frauen dabei zu unterstützen, eine Firma aufzubauen und erfolgreich zu führen. Dell lässt seit Jahren untersuchen, welche Länder weltweit Frauen gute Chancen bei der Gründung eines Unternehmens bieten. Die Auswertung für einzelne Städte ist hingegen neu.

"Wir haben die Daten ganz gezielt nach den Chancen für Gründerinnen analysiert", sagt Elizabeth Gore, die bei Dell das Thema Entrepreneurship vorantreibt. Zahlen und Fakten sind ihrer Meinung nach die besseren Argumente. Nur mit der Forderung "Sie müssen mehr für Unternehmerinnen tun", lässt sich schlecht mit Politikern und Lobbygruppen verhandeln. Deshalb wählte das internationale Forscherteam von IHS Markit weltweit 50 Städte aus, die aufgrund ihrer Größe und des Wirtschaftswachstums in den vergangenen fünf Jahren erfolgreich waren. Beurteilt wurden diese Orte nach fünf Kriterien, die für den Erfolg entscheidend sind: Märkte, Talent, Kapital, Kultur und Technologie.

Nur eine deutsche Großstadt schaffte es in die Top 50 Liste

München zählt zu den 50 erfolgreichsten Städten weltweit, Berlin fehlt in dieser Liste komplett. Die bayerische Landeshauptstadt konkurrierte mit europäischen Städten wie London, Paris, Stockholm oder Mailand. Die besten Bedingungen finden Gründerinnen in New York vor. "Die Stadt hat in den vergangenen Jahren viel für Frauen getan", sagt Elizabeth Gore. Immerhin schaffte es München im Gesamt-Ranking auf Platz 11. In Teilbereichen wie "Talent", das sich sowohl auf die Qualifikation der Gründerin bezieht als auch darauf, wie leicht es ist, gut ausgebildetes und qualifiziertes Personal zu finden, rangiert München sogar auf dem zweiten Platz und muss nur der San Francisco Bay Area den Vortritt lassen.

Mit "Kultur" umschreiben die Forscher keineswegs nur die Anzahl der Theater und Kinos in einer Stadt, sondern auch das Klima für Gründerinnen, der Zugang zu Netzwerken, Mentoren und die politischen Rahmenbedingungen, die ihnen helfen, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen und zu führen. In dieser Kategorie schaffte es München auf den vierten Platz und in der Rubrik Technologie immerhin auf den sechsten Rang.

Catharina van Delden gründete 2010 zusammen mit drei Studienkollegen in München das Unternehmen Innosabi, das Firmen dabei hilft, Kunden und Nutzer in die Produktentwicklung einzubinden. Die Idee, Plattform und Software dazu entwickelte Innosabi selbst und beschäftigt mittlerweile insgesamt 25 Mitarbeiter. Ihre Firma in einer anderen Stadt mit niedrigeren Mieten und geringeren Gehältern zu gründen, kam Catharina van Delden und ihren Kollegen nicht in den Sinn. "Wir haben alle an der Technischen Universität München studiert und sind hier verwurzelt, wir wollten auf jeden Fall hier bleiben", erzählt die Unternehmerin. Auch die guten Rahmenbedingungen und starke Anziehungskraft Münchens hat die Gründer in ihrer Entscheidung bestärkt. "In München herrscht ein gutes Geschäftsklima für unsere Art von Dienstleistung, unser Angebot richtet sich an Unternehmen und hier sind viele großen Konzerne angesiedelt."

"In Berlin ein Unternehmen zu gründen ist einfach"

Auch Doris Albiez, Geschäftsführerin von Dell Deutschland, freut sich über das gute Ergebnis von München. "Ich spreche mit vielen Unternehmerinnen deutschlandweit und viele sagen mir, in Berlin ein Unternehmen zu gründen sei sehr einfach. Doch wer sich für München entscheidet, wähle zwar einen steinigeren Weg, weil Ideen kritischer hinterfragt werden, doch viele Gründungen sind nachhaltiger und erfolgreicher", sagt Albiez und fügt hinzu: "In München herrscht eine Kultur der Toleranz, was Gründer anbelangt und Frauen finden hier viel Unterstützung und Netzwerke." Auch die starke Wirtschaftskraft der Stadt liefere ideale Rahmenbedingungen.

Neben der guten wirtschaftlichen Lage könnten die umfangreichen Beratungsangebote einer der Gründe sein, weshalb München so gut abschneidet. Bereits seit 1998 gibt es das Münchner Büro für Existenzgründung, kurz MEB genannt. Die Gemeinschaftsinitiative der Stadt München und der Industrie- und Handelskammer bietet regelmäßig kostenlose Informationsveranstaltungen sowie individuelle Beratungstermine an und lotst die Gründungswilligen durch den nicht immer einfachen Dschungel auf dem Weg in die Selbständigkeit. Eine informative Website dient als erste Anlaufstelle mit Tipps in Deutsch und Englisch.

Hilfe beim Businessplan

Speziell an gründungswillige Frauen richten sich die Beratungsangebote von Guide. Neben allgemeinen Informationen finden angehende Unternehmerinnen dort auch günstige Seminare, beispielsweise wie sie einen Businessplan erstellen. Das Netzwerk versucht außerdem, die Gründerinnen miteinander zu vernetzen und ihnen eine Plattform zum Austausch zu bieten. Finanziell gefördert wird das Projekt Guide mit Mitteln des Freistaats Bayern, der Stadt München und des Europäischen Sozialfonds.

Doch das Ranking soll auch Städte, die weniger gut abgeschnitten haben dazu ermutigen, sich die erfolgreichen Metropolen als Vorbild zu nehmen und genauer hinzusehen, was sie besser machen als andere. Elizabeth Gore empfiehlt, aus dem Ranking für die eigene Region zu lernen und Veränderungen anzustoßen. Aber auch die erfolgreichen Städte haben noch Defizite. "Zugang zu Kapital ist für Gründerinnen nach wie vor schwierig. Nur drei Prozent erhalten Venture Capital." Auch wer gut abgeschnitten hat, kann also noch besser werden.

Das Ranking (Top 14)

1. New York
2. Bay Area
3. London
4. Stockholm
5. Singapore
6. Toronto
7. Washington, DC
8. Sydney
9. Paris
10. Seattle
11. München
12. Austin
13. Beijing
14. Hong Kong