In diesem jahr will Google rund 9,5 Milliarden Dollar in Büros und Rechenzentren in den USA investieren. Gegenüber dem Vorjahr würde das im Bereich Immobilien eine Steigerung von 2,5 Milliarden Dollar bedeuten. Die Ankündigung der Mega-Investition fällt mit der Einführung einer Hybrid-Work-Strategie zusammen, die vielen US-Mitarbeitern ermöglichen soll, remote - beziehungsweise flexibel - zu arbeiten.
"Es mag widersinnig erscheinen"
"Es mag widersinnig erscheinen, unsere Investitionen in physische Büros zu erhöhen, während wir gleichzeitig unsere Arbeitsweise flexibler gestalten", schrieb Sundar Pichai, CEO von Google und Alphabet, in einem Blogbeitrag. "Wir glauben jedoch, dass es wichtiger denn je ist, in unsere Standorte zu investieren. Das wird zu besseren Produkten, einer höheren Lebensqualität für unsere Mitarbeiter und stärkeren Communities führen."
Google eröffnet quer durch die Vereinigten Staaten neue Bürogebäude - etwa in Atlanta oder Austin - und renoviert bestehende wie in New York, Pittsburgh oder Seattle. Der Konzern rechnet im Zuge seiner Investitionen damit, noch in diesem Jahr rund 12.000 neue Jobs in den USA zu schaffen. Welcher Anteil der veranschlagten 9,5 Milliarden Dollar nun in Büros und welcher in Rechenzentren fließen wird, darüber macht das Unternehmen keine Angaben.
"Google versucht, seine Standorte zu diversifizieren, um Mitarbeiter und Ressourcen nicht nur im Silicon Valley einsetzen zu müssen. Auch wenn viele Mitarbeiter weiterhin zumindest teilweise remote arbeiten, müssen sie doch für die Zusammenarbeit mit ihren Teams regelmäßig ins Büro kommen", kommentiert Analyst Jack Gold die Pläne des Suchmaschinenriesen - und fügt hinzu, dass Google weiter stark wachse, die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten auch untergebracht werden.
"Googles Pläne, mehr in Bürogebäude zu investieren, sind wahrscheinlich eher gedacht, um flexible Arbeitszeitregelungen zu unterstützen - nicht um die Leute zurück in die Büros zu zwingen", meint Raúl Castañón, Senior Analyst bei 451 Research. "Bei einem hybriden Arbeitsmodell müssen Büroräume oder -gebäude entsprechend angepasst werden. Es geht dabei zum Beispiel um Technologieinvestitionen für Equipment in Besprechungsräumen, Hot Desking, mobile Geräte, Laptops und Peripheriegeräte für Remote-Arbeit sowie Produktivitäts-, Kollaborations- und Kommunikations-Tools, die sicheres Arbeiten vor Ort und remote ermöglichen."
Kocht Google Mitarbeiter weich?
Google hat seine Hybrid-Work-Strategie mit der vollständigen Wiedereröffnung seiner US-Büros Mitte April 2022 eingeleitet. Die meisten Mitarbeitenden in den Vereinigten Staaten müssen nun an drei Tagen in der Woche ins Büro kommen, den Rest der Woche dürfen sie im Home-Office bleiben.
Medienberichten zufolge hat die Entscheidung des Konzerns, die Beschäftigten zurück in die Büros zu holen zu Spannungen unter den Mitarbeitern geführt. Diese konnten die Rückkehr zur alten Arbeitsweise nicht nachvollziehen, zumal Google während der Pandemie mit dem Remote-Work-Modell hervorragende Gewinne eingefahren hatte. Aufgrund diverser Widerstände soll Google inzwischen gezielt Benefits wie kostenlos nutzbare E-Scooter anbieten, um die Mitarbeiter wieder ins Büro zu locken.
Dass die Führungsriege bei Google besonderen Wert auf die physische Anwesenheit ihrer Mitarbeiter legt, verdeutlicht ein Interview, das "Bloomberg" mit Laszlo Bock, ehemals leitender HR-Manager des Konzerns, führte. Laut dem Ex-Manager versprechen sich die Entscheider bei Google und auch die von anderen großen Konzernen ein besseres Arbeitsklima davon, wenn die Mitarbeitenden sich regelmäßig persönlich sehen. Eine (namentlich nicht genannte) Führungskraft soll Bock gegenüber gesagt haben: "Früher oder später kriegen wir sie alle zurück ins Büro. Ich möchte diesen Kampf nur jetzt noch nicht beginnen."
Google ist eines von mehreren großen Tech-Unternehmen, das von seinen Mitarbeitern zumindest teilweise verlangt, ins Büro zurückzukehren, nachdem die meisten von ihnen zwei Jahre lang remote gearbeitet haben. Apple und Microsoft verfolgen eine ähnliche Strategie, während sich beispielsweise Twitter für einen flexibleren Ansatz entschieden hat, bei dem die Mitarbeiter trotz (wieder) geöffneter Büros weiterhin von zu Hause aus arbeiten dürfen. (fm)
- Christian Malzacher, Bechtle
"Bei uns kommen immer noch primär technische Fragen an. Schließlich wird durch die Vielzahl der Anbieter die Beratung immer wichtiger, um den Technologie-Stack auch richtig zu orchestrieren. Verbunden mit organisatorischen Themen entstehen so ganzheitliche Change-Management-Prozesse." - Mark-Oliver Schuller, CGI
"Aktuell tendieren die Arbeitnehmer dazu, die Flexibilisierung langfristig behalten zu wollen, während die Arbeitgeber noch zwiegespalten sind. Einerseits lockt ein reduzierter Real-Estate-Footprint, andererseits droht Zusammengehörigkeit verloren zu gehen." - Martin Bauer, Cluster Reply
"In der Diskussion wird noch zu selten die Sinnfrage gestellt: Welchen Mehrwert bringt hybrides Arbeiten für mein Unternehmen? Es nützt nichts, wenn jedes Unternehmen plötzlich wie Spotify sein will. In einem Krankenhaus ist eine Flexibilisierung zum Beispiel schwierig." - Gregor Knipper, Jabra
"Bei global tätigen Unternehmen existieren hybride Arbeitsmodelle schon mehr als ein Jahrzehnt. Wenn Sie ortsunabhängig rekrutieren, dann entstehen Teams mit einem sehr hohen Skillset. Und wenn die Technik stimmt, dann kommt innerhalb dieser Teams auch ein richtiges Teamgefühl auf." - Markus Grüneberg, Okta
"Früher konnte man sich im Büro hinter der Büro-Firewall verstecken und war einigermaßen geschützt. Mit verteiltem und mobilem Arbeiten hat sich das geändert. Die Sicherheit findet heute auf der Ebene der Endgeräte und Mitarbeiter statt und diese werden hier häufig alleine gelassen." - Martin Kraus, ServiceNow
"Als der erste „Covid-Schock“ kam, hat vieles nicht funktioniert und wenn, dann hat der Datenschutzbeauftragte dazwischengefunkt. Viele Mitarbeiter haben sich selbst organisiert und die weniger IT-Affinen wurden in der Folge sozial ausgeschlossen. Dann kam nach dem ersten Lockdown die große „Zurück ins Büro“-Gegenbewegung. Dieser Drang hat jetzt wieder ein wenig nachgelassen." - Jens Reichardt, SPIRIT/21
"Die Dynamik eines Büros und den Faktor Zufall schaffen Sie nicht mit virtuellen Espressorunden, in denen man sich dann doch wieder nur teamintern trifft. Wir alle sind soziale Wesen und wollen mit anderen Menschen interagieren. Auf dieses Grundbedürfnis hin sollten Büros der Zukunft ausgerichtet sein."
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.