Steria-Mummert-Personalchefin Uta Breiling im CW-Gespräch

„Frauen in der IT sind ein Muss für die Zukunft“

14.10.2014
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Anlässlich des Ada Lovelace Day am 14. Oktober 2014 beschreibt die Personalexpertin Uta Breiling, Leiterin HR beim IT-Beratungsunternehmen Steria Mummert Consulting, warum Frauen in der IT unverzichtbar sind und was getan werden muss, um mehr Frauen für IT-Berufe zu begeistern.

CW: Ada Lovelace gilt als Pionierin und Ikone der Informationstechnologie und ist für viele junge Frauen ein Vorbild. Wo sehen Sie die besondere Bedeutung der weltweit ersten Programmiererin?

Uta Breiling ist Leiterin HR beim IT-Beratungsunternehmen Steria Mummert Consulting.
Uta Breiling ist Leiterin HR beim IT-Beratungsunternehmen Steria Mummert Consulting.
Foto: Steria Mummert Consulting

UTA BREILING: Lebensnahe, positive Vorbilder für Frauen in IT-Berufen, die Orientierung, Inspiration und Motivation geben können, halte ich für sehr wichtig. Ada Lovelace ist zweifelsohne ein solches Vorbild und wird zu Recht international geehrt. Zwar steigt der Frauenanteil in unserer Branche langsam, dennoch ist die Gesamtzahl vergleichsweise gering und die wirklich wahrgenommenen Akteure sind fast ausschließlich männlich, man denke an Bill Gates, Michael Dell oder der verstorbene Steve Jobs. Dabei gibt es hier durchaus erfolgreiche Frauen in Führungspositionen, nur agieren sie oft eher weniger öffentlichkeitswirksam. Ada Lovelace steht dafür, dass Frauen auch in männlich dominierten Berufen Beachtenswertes erreichen können. Die weltweiten Aktionen rund um den Ada Lovelace Day öffnen hoffentlich zunehmend die Augen dafür, was Frauen in der IT leisten und warum Frauen in der IT ein Muss für die Zukunft sind.

CW: Was muss getan werden, um mehr Frauen für IT-Berufe zu gewinnen?

UTA BREILING: Zunächst muss in Sachen Ausbildung mehr unternommen werden, um Frauen für IT-Berufe zu begeistern. Das beginnt an den Schulen, wo Mädchen gezielt für Naturwissenschaften interessiert werden sollten und im Rahmen spezieller Projekte besser gefördert werden müssen. Auch Einblicke in das Arbeitsleben in Form von Girls' Days speziell in technischen Berufen halte ich für sinnvoll. Viel zu oft herrscht noch die Denke, dass die naturwissenschaftliche Fächer eher "etwas für Jungs" sind. Hier sollten begabte Mädchen gezielt motiviert und gefördert werden. Älteren Schülerinnen und Studentinnen muss aufgezeigt werden, welche Perspektiven ihnen die IT-Berufe eröffnen: Zum einen gibt es hier einen spürbaren Mangel an Fachkräften und somit eine Vielzahl offener Stellen. Zum anderen bieten beispielsweise Berufe in der IT-Branche eine wesentlich höhere Bezahlung und bessere Karrierechancen, als das bei vielen "klassischen" Frauenberufen im sozialen- oder Dienstleistungsbereich der Fall ist. Auch die Weiterqualifizierungsmöglichkeiten und die Gleichstellung mit den männlichen Kollegen sind Argumente für die Branche.

CW: Stichwort Chancengleichheit: Die vielfach angeprangerte Praxis, dass Frauen geringere Gehälter bekommen als Männer und auch in puncto Karriereförderung benachteiligt sind, ist nach wie vor Realität in vielen Unternehmen. Sie sind als Frau in einer Führungsposition bei einem IT-Beratungsunternehmen tätig - was sind Ihre Erfahrungen?

UTA BREILING: Ich kenne die Statistiken und weiß um die kritischen Themen: Werde ich als Frau in einer Männerdomäne ernst genommen? Habe ich die gleichen Karriereaussichten wie meine männlichen Kollegen? Wie vereinbare ich Familie und Beruf? Doch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Frauen hier oft gängigen Klischees aufsitzen - die Realität sieht mittlerweile anders aus. Sie müssen natürlich auch Wiederstände überwinden, wenn sie sich weiterentwickeln wollen, das ist klar. Und sie dürfen nicht jede kritische Äußerung zum Anlass für Selbstkritik nehmen, wie wir Frauen das gerne mal tun. Aber es ist an der Zeit, dass Frauen ihre Qualitäten und ihr Leistungsvermögen selbst schätzen lernen und auf dieser Basis auch die Entscheidung treffen, in welchen Unternehmen sie arbeiten wollen. Wird Leistung geschätzt, kann ich Familie und Beruf vereinen? Das sind aus meiner Sicht K.o.-Kriterien bei der Arbeitgeberwahl.

CW: Wie halten Sie es in Ihrem Unternehmen mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

UTA BREILING: Wir haben gute Erfahrungen gemacht, obwohl die Herausforderung aufgrund unserer dezentralen Struktur nochmals eine besondere ist. Als Beratungsunternehmen sind wir ja nicht auf einen großen Standort konzentriert, sondern müssen vor Ort bei den Kunden sein. Wir können also nicht einfach irgendwo einen Betriebskindergarten hinstellen, wie andere das tun. Umso wichtiger ist es, dass wir uns Gedanken um jeden Einzelfall machen: Wie können wir es schaffen, Arbeitszeiten flexibler zu gestalten, gegebenenfalls auch Aufgaben umorganisieren. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Eine Kollegin kommt aus der Elternzeit zurück, kann aber aufgrund der neuen familiären Situation nicht mehr reisen. So etwas lösen wir, indem wir gemeinsam einen anderen Aufgabenzuschnitt finden. Dass das bei uns möglich ist, hat sicher auch mit unserer besonderen Unternehmenskultur zu tun.

CW: Für junge Frauen ist heute also alles in Butter?

UTA BREILING: Ganz so toll ist die Welt leider noch nicht. Das härteste Stück Arbeit haben die Unternehmen da sicher in ihrer Führungskultur zu leisten. Denn jeder einzelne Vorgesetzte, der die Leistungsfähigkeit einer Frau nicht zu schätzen weiß, schadet dem Unternehmen. Wir haben an dieser Stelle schon vor Längerem angesetzt und versuchen, durch eine ständige Objektivierung von Bewertungskriterien den Geschlechterfaktor obsolet zu machen. Und natürlich gibt es da auch fortwährend Sensibilisierungs- und Schulungsbedarf, denn von alleine verändert sich meistens nichts.

CW: Was raten Sie jungen Berufseinsteigerinnen?

UTA BREILING: Seid selbstbewusst, authentisch und nutzt eure Stärken! Bei uns stehen Frauen alle Türen offen, sie müssen lediglich ihre Chancen wahrnehmen.

Ada Lovelace...

... lebte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und gilt heute als weltweit erste Programmiererin und als Erfinderin der Computersprache. Sie wird zu Recht als Pionierin und Ikone der Informationstechnologie angesehen und es gibt eine Vielzahl von Ada-Lovelace-Initiativen, die begabte Mädchen für Informatik begeistern wollen. Im Rahmen des Ada Lovelace Day am 14. Oktober 2014 werden Frauen und ihre Werke in Wissenschaft, Technik, Ingenieurswissenschaften und Mathematik gefeiert.