Alle Erfolgsfaktoren der Digitalen Business-Transformation zu beachten ist für Unternehmen nicht immer einfach. Nicht alle Bereiche, die davon betroffen sind, werden bedacht - manche werden schlichtweg vergessen. Setzt ein Unternehmen im Rahmen der Digital-Business-Transformation neue digitale Geschäftsmodelle um, betrifft das natürlich zunächst die Außenwirkung. Intern beschäftigt man sich vorrangig mit den unterstützenden IT-Systemen und den dazugehörigen Prozessen, um die monetären Ziele zu erreichen.
Leider wird dabei oft vergessen, dass ein Unternehmen, welches sich die Digitale Business Transformation auf die Fahne geschrieben hat, nur dann erfolgreich sein kann, wenn auch Themen der Kommunikation und der internen Digitalisierung dabei nicht zu kurz kommen.
Was ist ein Enterprise Social Network?
Ein Enterprise Social Network (oder kurz ESN) ist eine Form der Social-Network-Sites wie z.B. Facebook. Speziell für Unternehmenszwecke werden hier Themen der Kollaboration (Collaboration Platforms), des Wissensmanagement (Knowledge Sharing) und der Mitarbeiterbeteiligung (Employee Advocacy) in den Fokus gestellt. Ein ESN adressiert damit also die Bedürfnisse neuer digitaler Arbeitswelten, wie sie in Beiträgen zu Arbeit 4.0 und Enterprise 2.0 ausführlich dargestellt werden.
In jedem Unternehmen steuern viele Strukturen und Systeme sowohl die interne Kommunikation, als auch die Kommunikation zu Partnern und Endkunden. Effizienz- und Umsatzsteigerung sind oft die Auslöser für Digitale Transformationen und geben auch häufig das Tempo und die Priorisierung der Arbeiten vor.
Durch den Druck der Digitalen Transformation am Frontend, also den CRM- und Call-Center-Strukturen, die durch Effizienzgedanken und neue Umsatzmodelle getriggert werden, entfernt sich dieser Bereich immer weiter von den üblicherweise klassischen Kommunikations- und Organisationsstrukturen innerhalb des Unternehmens.
Digitalisierung: Außen hui, innen pfui
Damit entsteht ein gefährlicher Abstand zwischen interner und externer Digitalisierung. Intern sind immer noch ineffiziente eMail-Systeme, separate Kollaborationsplattformen und Information-Sharing-Systeme, sowie unterschiedliche und meist auch noch multiple Videosysteme im Einsatz. Systeme zur Unterstützung von (digitaler) Innovation und intrasozialer Kommunikation sind nicht vorhanden.
Informationsverluste und -verfälschungen, mangelnde Kooperation der beteiligten Gruppen und Abteilungen und extreme Zeitverluste sind dabei noch die kleinsten Folgen. Auch die Motivation der beteiligten Mitarbeiter wird so verringert und das Potential von kollaborativer Ideen- und Lösungsfindung wird verschwendet. Zudem wird die Verknüpfung mit externen Social Networks und digitalen Medien erschwert oder unmöglich gemacht, was wiederum die Effektivität der gesamten Digitalen Transformation erheblich beeinträchtigt.
Ohne Enterprise Social Network keine Digitale Transformation
"Ohne Enterprise Social Network gibt es keine Digitale Transformation im Unternehmen" sagt Harald Schirmer, Manager Digital Transformation and Change bei Continental. Er ist einer der profiliertesten Verfechter einer holistischen digitalen Transformation. Genau hier liegt der Schlüssel zum Erfolg.
Im Idealfall wirkt ein Enterprise Social Network dem "Information Hiding" und Informationssilos entgegen. Bestehende Kommunikationsbarrieren werden aufgebrochen und ein transparentes, schnelles und vor allem zugängliches Kommunikationsmedium wird etabliert.
- E-Mail - der Klassiker überflutet
Sie kommt frei Haus in das Postfach – manchmal erwünscht – manchmal unerwünscht. E-Mails spielen trotz dem Einzug von Enterprise 2.0 weiterhin eine wichtige Rolle. Gehen Sie aber sorgsam mit ihr um. Halten Sie Informationen kurz und knapp. Der Empfänger muss richtig gewählt werden. Ihre Mitarbeiter werden es ihnen danken. - Apps - Standardaufgaben unterwegs erledigen
Mit betriebsinternen Apps können Sie auf interne Daten in Sekundenschnelle und von überall zugreifen und die Einsatzgebiete sind vielfältig. So können Sie die Unternehmensnews auf dem Smartphone der Mitarbeiter anbieten, verschiedene Verbrauchsdaten anzeigen, ein Problem an IT über eine App melden oder verschiedene Workflows starten oder genehmigen. Beispiel: Eine App, die den Mitarbeitern anzeigt, ob ihr Gerät für den Wechsel auf Windows 10 geeignet ist. - Das gedruckte Wort - verblasst
Das schwarze Brett, Mitarbeiterzeitungen oder Aushänge sind zwar noch nicht ausgestorben, verlieren aber künftig mehr und mehr an Bedeutung. Wenn sie ein Poster oder Aushang nutzen wollen, verknüpfen sie doch ihren digitalen Inhalten zum Beispiel durch den Einsatz eines QR Codes. - Interne Social Media Plattformen - der direkte Kontakt zum Mitarbeiter
Interne Social Media Plattformen – direkter Kontakt zum Mitarbeiter: Viele Großunternehmen in Deutschland setzen bereits auf Social Media. Sie spielen eine immer größere Rolle, fordern den klassischen IT Mitarbeiter und fördern die Kommunikation mit den Mitarbeitern, durch Blogs mit direkter Feedbackmöglichkeit, Chats, Links, direkte Kommentarmöglichkeiten usw. Wichtig ist es schnell zu antworten und Feedbacks nicht zu ignorieren. Der direkte Kontakt zwischen Service Owner und Enduser schafft Vertrauen. Mitarbeiter können sich außerdem gegenseitig helfen. Gerade bei Beta-Tests können Sie in verschiedenen Gruppen wunderbar zusammenarbeiten und sogar Kunden oder externe Service Provider mit einbinden. Sie können klassische Supportkanäle und IT Service Management Tools unterstützen. Klassische Intranet Lösungen werden in Zukunft wohl eher eine sekundäre Rolle spielen. Wollen Sie sich auf Abenteuer Enterprise 2.0 einlassen? Wenn ja, stellen Sie Richtlinien wie zum Beispiel Social Media Guidelines auf. - Videos - knackig, kurz, leicht konsumierbar
Kurze knackige 2-3 Minutenvideos können die IT Kommunikation erheblich bereichern und sprechen nicht nur die jüngere YouTube-Generation an, wenn sie gut gemacht sind. Achten Sie auf einen spannenden und abwechslungsreichen Schnitt der Videos. Das Internet ist voller Informationen, wie es funktioniert. Zum Beispiel: TechSmith Blog oder Storytelling Secret (Prezi). Vielleicht haben Sie einen IT-Mitarbeiter dem die Produktion solcher Videos Spaß macht, unterstützen Sie das durch Weiterbildung. - Trainings und interne Events - schulen Sie sich und Ihre Mitarbeiter
Im Idealfall sind keine Trainings nötig, denn Produkte sollten ja selbsterklärend sein. Bedauerlicherweise haben Sie dies nur bedingt in der Hand und spätestens bei der Einführung eines neuen Betriebssystems oder einer Fremdsoftware, die Sie nicht selbst entwickelt haben, sind Erklärungen notwendig. Trainings unterstützen dabei, die Akzeptanz deutlich erhöhen und damit die Produktivität der Mitarbeiter zu steigern. Das zahlt sich für beide Seiten aus: der Supportaufwand wird minimiert und kanalisiert und die Wahrnehmung der IT im Unternehmen verbessert sich. Ob Sie diese als Präsenz oder virtuelle Veranstaltung anbieten hängt sicher von der Größe des Unternehmens und den unterschiedlichen Standorten ab. Durch interne Events, die Sie interessierten Mitarbeitern anbieten, können Sie Ihre IT-Abteilung präsentieren und ihre Innovationskraft unterstreichen. Haben Ihre Unternehmensbereiche oder spezielle Nutzergruppen vielleicht eigene Events? Prima, nehmen Sie Teil und schneiden Sie ihre Präsentation auf deren Bedürfnisse zu.
Grundlage für den Arbeitsplatz der Zukunft
Ein Unternehmen, das die Investition in eine digitale Kommunikationswelt rechtzeitig wagt, profitiert neben oben genannten Aspekten auch davon, zum "Workplace of the Future" zu zählen. Hiermit können Mitarbeiter involviert, motiviert und zum positiven Brandambassador des Unternehmens werden. Dass mit einem funktionierenden ESN zudem Mitarbeiter auf die Arbeitsweise und die Prozesse in digitalen Strukturen geschult werden, ist mehr als ein Nebeneffekt dieser Einführung. Digitale Fortbildung wird so nicht als trockener Lehrstoff angeboten, sondern ist immanenter Teil der neuen Arbeits- und Kommunikationswelt.
Die Einführung eines Enterprise Social Network ist mit dem klaren Bekenntnis zu einem kulturellen Wandel in der Kommunikation, ja im gesamten Unternehmen, verbunden. Das ESN bricht in vielen Fällen durch die Unternehmenshierarchie etablierte Kommunikationsbarrieren auf und steht für ein partizipatives, transparentes und horizontales Kommunikationsmedium.
Das heißt im Klartext: neben eben einer langfristigen Planung braucht die Einführung eines Enterprise Social Network die dauerhafte Unterstützung durch das Top-Management und eine stetige Begleitung durch fundierte Change-Management-Programme. Auch heißt das: es sind durchaus Widerstände im Unternehmen zu überwinden, die subjektiv von den alten Kommunikationsstrukturen profitiert haben.
Klar ist auch, dass die erfolgreiche Einführung eines Enterprise Social Networks nicht von allein passiert. Ohne fundierte Change-Programme funktioniert es nun mal nicht. Vorzugsweise zunächst auf ausgewählte Fokusgruppen beschränkt, müssen die Mehrwerte des ESN herausgearbeitet und in den beteiligten Gruppen für Akzeptanz gesorgt werden.
Die nicht immer leicht zu quantifizierenden Business Cases bedürfen Top-Management Unterstützung und erfordern langfristiges Denken und konsequentes Handeln.
Einführung eines ESN
Gestartet wird mit einer sorgfältigen Herausarbeitung des "Warum". Dabei helfen Workshops, Interviews und Expertengespräche die Ziele der Einführung klar zu definieren und die Vorgehensweise beim Rollout auszuarbeiten. Zielbilderstellung, Roadmap-Entwicklung, Employee Journey, die Definition von Fokusgruppen und Ambassador-Konzepten sind dann die nächsten Schritte zur Etablierung des ESN.
Auf dieser Projektbasis wird die Auswahl der optimalen Tools und Plattformen vorgenommen. Und nicht vergessen: Beobachten und Messen. Ein solides Monitoring ist der Schlüssel zur Verbesserung und Ausbreitung des ESN in Ihrem Unternhmen.
Tools und Plattformen
Welches Tool die angestrebten Ziele Ihres ESN am besten unterstützt, ist durchaus unterschiedlich. Einige Plattformen kann man allerdings getrost als relativ universell einsetzbar sehen. An dieser Stelle wird aber kein Softwarevergleich oder Produkttest der einzelnen Plattformen angestrebt - hier gibt es genug Informationen in einschlägigen Fachbeiträgen.
Wichtig ist auch hier, die richtigen Fragen zu stellen und zu beantworten, um das passende Tool einzusetzen. Size matters - die Größe des Unternehmens und die Skalierbarkeit der gewünschten Lösung ist eine der Schlüsselkriterien für die Auswahl. Die durchaus übliche Einstufung SME = Small & Medium Enterprises, MSC = Medium Sized Companies und GLE = Global and Large Enterprises hilft hier schon durchaus für eine erste Klassifizierung.
Im Rahmen des Einführungsprojektes sollte auch klar herausgearbeitet werden, ob und wenn ja welche Schwerpunkte eine ESN-Plattform haben soll - nicht alle Tools bieten alle Funktionalitäten in gleicher Qualität und Tiefe an. Typische Schwerpunkte sind Mobile Applikationen, Microblogging, Instant Messaging, Group Chat, Video Conferencing, Wikis and Posts.
Mit den sauber definierten Anforderungen werden dann die möglichen Plattformen getestet; nahezu alle Anbieter von Microsoft bis Salesforce bieten Free Trials oder bei entsprechendem Potential auch kundenadaptierte Piloten an. Ein genaues Bild über das Erscheinungsbild und die Fähigkeiten des ESN ist der Schlüssel zur erfolgreichen Implentierung und einem langfristigen erfolgreichen Einsatz. (mb)