Ohne schlechtes Gewissen in die Freizeit
Hilfestellung beim Abschalten bietet auch Antonella Lorenz ihren leitenden Angestellten. Dafür richtete die Geschäftsführerin der Freisinger Firma Lorenz Software eine Intranet-Plattform ein, auf der alle Projektverantwortlichen in Abstimmung mit ihren Teams die tagesaktuellen Arbeiten festhalten. "Wenn ein Mitarbeiter sein selbst erstelltes Tagespensum abgearbeitet hat, kann er gehen - ohne schlechtes Gewissen und nach erfolgreicher Arbeitserledigung", erklärt die Firmenchefin. Lästige Kollegenanrufe in der Freizeit entfallen ebenfalls. Denn auf der Plattform ist immer der tagesaktuelle Stand der Projektergebnisse dokumentiert. Lorenz: "So kann jeder Mitarbeiter seinen Feierabend genießen ohne von Kollegen mit Fragen zum Stand der Dinge genervt zu werden."
Ruhe zum Runterkommen kann sich auch jeder Mitarbeiter selber schaffen - und er sollte es, wie Psychologe Brand empfiehlt. Er vergleicht Manager mit Tauchern, die nach Feierabend aus ihrer Arbeitswelt auftauchen. "Das dürfen sie nicht zu schnell machen, sonst schädigen sie damit ihre Gesundheit."
Ob Klassikkonzerte oder Holzhacken: So schalten Gestresste ab
Praktisch heißt das: Nicht die ganze Autofahrt nach Hause noch mit dem Büro telefonieren, sondern lieber zehn Minuten vor Ankunft die Lieblings-CD einlegen. Brand: "Bei Bruce Springsteen vergisst man schnell die Papierberge auf dem Schreibtisch." U-Bahnfahrer steigen vielleicht eine Station früher aus und laufen den Rest des Weges, um den Kopf frei zu kriegen. Wieder andere verabreden möglicherweise mit dem Lebenspartner, dass sie nach der Heimkehr erst mal eine Viertelstunde in Ruhe gelassen werden wollen. Vertreter anderer Stressjobs haben viele gute Tipps parat. So schwört Notärztin Anja Mitrenga-Theusinger beim Abschalten auf Joggen und Klassikkonzerte, Fluglotse Marek Kluzniak auf Kinderspiele und Mountainbiken, Psychotherapeutin Andrea Grittner auf Gartenarbeit und Tanzkurse (siehe Kasten "Runter-schalten vom Stressjob").
Aufdrehen oder Runterschalten: Beides kann genau das Richtige sein. Ob man eher beim Schwimmen oder beim Yoga den Kopf frei kriegt, ist Typsache. "Jeder sollte austesten, was ihm gut tut", sagt Management-Trainer Brand. "Nur wer mal Sauna oder den After-Work-Spaziergang ausprobiert hat, weiß, wie das auf Körper und Seele wirkt."
IT-Manager Nowak hat diesen Prozess schon hinter sich. Sobald die Zeit des Holzhackens im Winter vorbei ist, geht er zum Abschalten in den Keller und setzt sich ans Schlagzeug. "Dort kann ich den aufgestauten Stress des Tages sofort abbauen", sagt der Hobbymusiker. "Hinter Bass-Drum, Tom Toms und Hi-Hat denkt niemand mehr an C/S-Systeme."