Topmanagerinnen gründen Netzwerk

Ein Frauen-Achter in der IT startet durch

12.04.2018
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Was bringt acht Topmanagerinnen aus dem Umfeld SAP, Handel, Versicherung und Produktion dazu, sich in einem professionellen Netzwerk als Anbieter für ganzheitliche Strategieberatung zusammenzuschließen? Tatjana Erhardt und Andrea Rösinger, geschäftsführende Gründerinnen von Nextexitfuture, stellen sich den CW-Fragen.
  • Viele Unternehmerinnen sind gerade in der Anfangsphase auf sich selbst gestellt.
  • Gründerinnen brauchen Hilfe bei der Umsetzung ihrer Ideen in Geschäftsmodelle.
  • Ein Netzwerk kann bei der Suche nach Investoren behilflich sein.

Alle zusammen kombinieren Sie über 160 Jahre Führungs-Know-how mit Vorstands-, Aufsichtsrats- und Investorenerfahrung. Jetzt heben Sie das Netzwerk Nextexitfuture aus der Taufe. Was ist Ihr Ziel?

Tatjana Erhardt: Wir kennen uns aus beruflichen Verbindungen und hatten die gemeinsame Idee einer Community, die Frauen zusammenbringt und zu Geschäftspartnerinnen macht. Denn obwohl es in Deutschland bereits einige Unternehmerinnen-Netzwerke gibt, fehlt bisher die Möglichkeit, die Kompetenzen in einem virtuellen Forum zu bündeln. Viele Unternehmerinnen sind gerade in der Anfangsphase auf sich selbst gestellt.

Gemeinsam mit weiteren sechs Partnerinnen wollen die beiden Geschäftsführerinnen Tatjana Erhardt (l.) und Andrea Rösinger Gründerinnen helfen, ihre Ideen zu einem Geschäftsmodell zu entwickeln.
Gemeinsam mit weiteren sechs Partnerinnen wollen die beiden Geschäftsführerinnen Tatjana Erhardt (l.) und Andrea Rösinger Gründerinnen helfen, ihre Ideen zu einem Geschäftsmodell zu entwickeln.
Foto: Nextexitfuture - Fett & Zucker

Andrea Rösinger: Nextexitfuture hat drei Zielgruppen. Zunächst unterstützen wir Gründerinnen, ihre Ideen zu einem Geschäftsmodell zu entwickeln. Um die Startups noch besser fördern zu können, holen wir auch interessierte Investorinnen ins Boot. Schließlich geben wir Dienstleistern die Möglichkeit, ihre Fachkompetenzen einzubringen, ohne sich an ein bestimmtes Unternehmen zu binden. Damit kommt unser Netzwerk der wachsenden Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen entgegen, denn es eröffnet die Freiheit, gerade dort mitzuarbeiten, wo die individuellen Stärken und Interessen liegen.

Was werden Sie konkret anbieten und womit wollen Sie Geld verdienen?

Rösinger: Wir bieten Kunden aus dem Mittelstand und der öffentlichen Verwaltung interdisziplinäre Strategieberatung aus einer Hand an, um ihre Geschäftsmodelle und Prozesse fit für die digitale Zukunft zu machen - und zwar über die gesamte Lieferkette hinweg. Unsere Ansätze reichen von Business-Model-Innovation über Design Thinking bis hin zu Leadership Excellence und decken auch Trendthemen wie IT-Sicherheit, Compliance, Corporate Social Responsibility (CSR) und New Work ab. Unser Vorteil ist, dass wir durch unser Netzwerk die Kunden nicht nur bei der Entwicklung, sondern auch bei der Umsetzung der passenden Strategie unterstützen können - das hebt uns von vielen anderen Consulting-Unternehmen im Markt ab.

Obwohl Ihr Netzwerk auch Männern offensteht, liegt Ihr Fokus auf der Rekrutierung neuer Partnerinnen. Was ist der Grund?

Erhardt: Ein hoher oder zumindest ausgeglichener Frauenanteil eröffnet jeder Organisation mehrere Vorteile. Obwohl Frauen evolutionsbedingt für das Netzwerken geradezu prädestiniert sind, können sie diese Fähigkeiten in unserer männlich geprägten Geschäftswelt oft nicht nutzbringend entfalten. Das will Nextexitfuture ändern: Hier wird das besondere Talent von Frauen für Kommunikation und Kontaktpflege gezielt gefördert, weil wir davon überzeugt sind, damit fachliche Synergien freisetzen und das Netzwerk nachhaltig zusammenschweißen zu können.

Auch Studien kommen immer wieder zu dem Ergebnis, dass Unternehmen mit mehr weiblichen Chefs wirtschaftlich erfolgreicher sind. Ein Beispiel liefert das Peterson Institute for International Economics in Washington, das die Daten von weltweit rund 22.000 Betrieben ausgewertet hat. Danach geht ein 30 Prozent höherer Frauenanteil in den Führungsetagen mit einem um 15 Prozent höheren Nettoumsatz einher. Dies zeigt, dass sich die weiblichen Kernkompetenzen - Empathie, Flexibilität, aber auch Querdenken - im Umgang mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern bezahlt machen. Frauen bringen grundsätzlich andere Perspektiven, Denkansätze und Herangehensweisen ein.

Trotzdem sind Frauen in vielen Branchen und Bereichen deutlich unterrepräsentiert. So zeigt eine Studie der Universität Bamberg, dass nicht einmal ein Zehntel der Arbeitsplätze in IT-Abteilungen mit weiblichen Mitarbeitern besetzt sind. Wie lässt sich das ändern?

Rösinger: Angesichts des dramatisch steigenden Fachkräftemangels werden es sich die IT-Anbieter und Anwenderunternehmen kaum mehr leisten können, Frauen im Recruiting außen vor zu lassen. Trotzdem scheint es ihnen nicht zu gelingen, Frauen für IT-Berufe zu interessieren. So hat sich bei vielen Frauen wohl das Bild verfestigt, dass ITler ihre Arbeitszeit isoliert vor einem Rechner verbringen - obwohl im Zuge des digitalen Wandels die Nachfrage zum Beispiel nach Projekt-Managern und Kundenberatern mit Organisations- und Kommunikationstalent rasant wächst. Neben den Schulen und Universitäten müssen selbstverständlich auch die Unternehmen einen Beitrag leisten, um das verstaubte Image von IT-Jobs aufzupolieren, und ihre Recruiting-Kampagnen entsprechend ausrichten - auch an Quereinsteigerinnen mit IT-Interesse. Auch sollten Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger eine gewisse Zeit in der IT-Abteilung arbeiten, um den Aufgabenbereich umfassend kennenzulernen.

Nextexitfuture feierte vor Kurzem den Kick-off in Heidelberg - mit mehr als 150 Teilnehmern. Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Erhardt: Einen ersten Meilenstein markiert die Akquisition von HR-Meter, einer Marke der HR Effekt GmbH, die auf innovative Leistungen im Human Resource Management spezialisiert ist. Wir übernehmen damit ein erfolgreiches Beratungs- und Produktspektrum, darunter Befragungstools, um Kunden bei der Gestaltung moderner Personalentwicklungs- und Organisationskonzepte, der Einführung strategischer HR-Prozesse, bei Coaching und Teamentwicklung sowie Leadership Excellence zu unterstützen.

Rösinger: Um auch international wachsen zu können, setzen wir auf den Zulauf kompetenter Partnerinnen und Partner. Jede interessierte Dienstleister kann sich anschließen. Neben Fachwissen sind Empathie und Sozialkompetenz gefragt, um auf die Anforderungen und Wünsche jedes Kunden gezielt eingehen zu können. Jedes Netzwerkmitglied, das an Projekten mitarbeitet, wird von uns zertifiziert und im Rahmen interner Workshops und Schulungen regelmäßig weitergebildet. Dadurch können die Kunden sicher sein, bei jedem Projekt von ausgewiesenen Profis unterstützt zu werden. Die internationale Expansion von Nextexitfuture wird sicher auch dadurch beflügelt, dass die Gründerinnen zahlreiche geschäftliche Beziehungen in andere Länder wie USA, Indien und China unterhalten und dort bereits mit wichtigen Partnern vernetzt sind.

Und was haben die Frauen von dieser Mitgliedschaft?

Rösinger: Sie profitieren von einem Netzwerk, das ihnen neben persönlichen Kontakten einen professionellen Marktplatz zur gegenseitigen fachlichen Unterstützung bietet. Individuelles Netzwerken findet im Rahmen von Workshops, Konferenzen und Veranstaltungen statt. Da sich die Netzwerk-Koordinatorinnen um den Vertrieb und administrative Aufgaben kümmern, können sich die Mitglieder ganz auf ihre Kernkompetenzen in der Beratung konzentrieren. Besonders willkommen sind uns Gründerinnen und Gründer, an die wir "gestandene" Managerinnen gerne unsere Erfahrungen weitergeben.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der Dienstleister in einem gemeinsamen Kundenprojekt? Können Sie ein konkretes Beispiel geben?

Erhardt: In einem ausführlichen Erstgespräch nehmen wir das Serviceangebot unter die Lupe, das ein Kunde benötigt. Danach stellen wir ein geeignetes Coaching- und Expertenteam zusammen und stimmen in einer Vorbereitungsphase den Projektablauf und die geeignete Projektmethode ab. In einem Design-Thinking-Ansatz beispielsweise gehen wir davon aus, dass sich die Anforderungen eines Kunden besser erfüllen lassen, wenn Vertreter unterschiedlicher Disziplinen, Abteilungen und Hierarchieebenen in einem Kreativität fördernden Umfeld zusammenarbeiten und gemeinsam Konzepte entwickeln. Dazu veranstalten wir beim Kunden Workshops, in denen wir die Bedürfnisse der Zielgruppen beobachten, identifizieren und verstehen. Die daraus gewonnenen Einsichten sind der Startpunkt für die Generierung von Ideen, die zur gezielten Lösung der Kundenanforderungen führen.

Nextexit Future GmbH

Nextexitfuture ist ein professionelles Netzwerk, gegründet von Topmanagerinnen aus dem SAP-, Handels-, Versicherungs- und Produktionsumfeld. Mit einem ganzheitlichen Beratungsansatz werden Mittelständler und öffentliche Verwaltungen auf dem Weg in die digitale Zukunft unterstützt. Nextexitfuture ist offen für interessierte Partnerinnen und Partner, die neben Fachwissen über fundierte Sozialkompetenzen verfügen.

www.nextexitfuture.com