Strategisches Denken und Handeln ist von jeher die Königsdisziplin des modernen Managements. Mit der Digitalisierung vernetzen sich die Fach- und Technologiebereiche der Unternehmen in einer nie dagewesenen Dichte. Das erhöht auch die Komplexität der Zusammenarbeit sowie der Produkte und Dienstleistungen, die für die Kunden entstehen. Die Änderungsdynamik steigt ebenso wie die Ansprüche der Kunden. Etablierte Unternehmen müssen sich mit kleinen wendigen Startups messen, die ihre Geschäftsmodelle bedrohen. Dabei ist die digitale Transformation der Wandel, den Unternehmen gestalten müssen, um die Digitalisierung zu meistern. Am Anfang der digitalen Transformation steht die Strategie zur Digitalisierung. Es gibt sechs Ankerpunkte, die eine gute Digitalstrategie ausmachen.
Den Kunden in den Mittelpunkt stellen
Der Kunde ist König! Dieser Spruch mag abgedroschen sein, aber er ist richtig. Digitale Produkte und Dienstleistungen müssen sich an den Bedürfnissen des Kunden ausrichten, sonst werden sie scheitern. Heute sind Kunden vernetzt, agieren überregional und tauschen sich zu Produkten aus. Meinungsbildung findet im Internet statt und kann über Wohl und Wehe von Produkten und Dienstleistungen entscheiden. Dabei gerät eine neue Generation von Kunden in den Fokus der Firmen: die Digital Natives. Kaufkraft und ein hohes Anspruchsdenken kennzeichnen diese Kundengruppe. Digital Natives sind selbstbestimmt, gut ausgebildet und aufgeschlossen. Sie erwarten einen umfassenden Kundenservice und auch Self-Service-Angebote.
Diese Kunden sind auch nicht mehr passiv wie früher, sie wollen sich an der Produktgestaltung beteiligen und daran mitwirken, neue Werte zu schaffen, sei es gegen ein Entgelt oder nur zum Spaß. YouTube etwa bietet für Millionen selbsternannter Regisseure - nicht nur von Katzenvideos - eine Plattform, auf der ihre Videos bereitgestellt und bewertet werden können. Die Anerkennung aus dem Netz ist diesen Menschen Lohn genug. Teilen, Bewerten, Mitgestalten, Zusammenarbeiten und Individualisieren: Diese neuen Kundenbedürfnisse gilt es zu berücksichtigen, um Kunden für ein Produkt zu gewinnen.
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Darum gehört es zu jeder Digitalstrategie, den Kunden einzubeziehen. Die Strategie muss Antworten auf die Fragen enthalten, wie Kunden ihrem Wusch nach Mitgestaltung und Selbstbestimmung nachkommen können und wie die Dienstleistungen zum Produkt gestaltet sind.
Werte schaffen
Wer nicht als Anbieter von digitalem Edelschrott enden will, muss sich über werthaltige Angebote Gedanken machen. Die wirklich erfolgreichen Unternehmen schaffen es, Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen und diese optimal zu unterstützen und zu befriedigen. Diesen Wandel hin zur Befriedigung der Kundenbedürfnisse bekommen zum Beispiel die Automobilhersteller zu spüren.
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Während früher bereits der Besitz eines Fahrzeugs das Ziel vieler Kunden war, wird heute das Mobilitätsbedürfnis immer wichtiger. Angebote aus Carsharing, Mietfahrrädern, der Bahn oder Mitfahrzentralen können Kunden heute mitunter mehr Flexibilität bieten als früher das teuer erworbene Auto. Produkte und Dienstleistungen, die dem Kunden angeboten werden sollen, müssen für ihn also einen Nutzen entwickeln oder ein spezifisches Problem auf eine besondere Weise lösen. Diese Wertversprechen müssen beim Kunden zünden, damit ein Geschäftsmodell erfolgreich wird. Trotzdem sind solche Wertversprechen nur von zeitlich begrenzter Haltbarkeit - dann müssen erneut Innovationen her.
- Boris Bohn, Arithnea
„Auf dem Weg zu einer sehr guten Digital Customer Experience befinden wir uns erst auf den ersten fünf von 100 Metern. Die Firmen haben erkannt, dass es verschiedene Touchpoints für die Ansprache des Kunden gibt. Aber in der konkreten und übergreifenden Ausgestaltung stehen wir noch am Anfang.“ - Christian Schacht, Capgemini
„In Deutschland steht bei vielen Unternehmen der Kunde oft nicht mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt, sondern nur als Käufer und Nutzer eines Produkts, das sie herstellen. Das gilt auch bei digitalen Produkten.“ - Dominik Lorenz, Creditreform Boniversum
„Das Frontend vieler Websites ist ansprechend, der Kunde wird gut geleitet und an die Hand genommen, doch wenn er kaufen will, ist der Bezahlprozess zu kompliziert, oder seine bevorzugte Bezahlart wird nicht unterstützt. Der Besucher bricht ab und wechselt zu einem anderen Anbieter.“ - Orhan Dayioglu, Showpad
„Die deutschen Firmen können sich mittlerweile nicht mehr so stark wie früher durch ihre Produkte differenzieren. DCX hat an Bedeutung gewonnen. Wir müssen vom Monolog weg hin zum Dialog mit den Kunden, um deren Bedürfnisse zu erfahren und dann die passenden Lösungen zu bieten.“ - Vanessa Dommnich, Batten & Company
„Ein ganzheitlicher Ansatz wird für die Kundenbindung im digitalen Zeitalter immer wichtiger. Firmen können ihre Kunden heute dank neuer Technologien über deutlich mehr Kanäle ansprechen. Damit die Kunden eine End-to-End-Experience erhalten, benötigen Firmen unter anderem auch eine bessere Datenbasis, die Integration von Informationen aus CRM, Marketing, ERP oder Controlling sowie Schnittstellen zwischen den Abteilungen sicherstellt.“ - Ralf Wiesmann, Accenture
„Die Kombination von Online- und Offline-Welt ist der Heilige Gral. Wer das hinbekommt, hat gewonnen. Firmen müssen hier agil sein, viele Dinge ausprobieren und Prozesse ändern, wenn sie nicht funktionieren. Die Firmen können damit den Kunden auf seiner Customer Journey viel besser begleiten, lange Wartezeiten bei der Hotline entfallen durch den direkten Kontakt.“ - Jens Thuesen, BSI Business Systems Integration AG
„Häufig kann der Kunde online kein Feedback hinterlassen. Diese No-Reply-Mentalität muss weg. Viele Firmen vergessen zudem die Integration der digitalen Kanäle. Ohne eine Verknüpfung von Daten weiß der Mitarbeiter im Online-Chat nichts über die Historie des Kunden und was ihn gerade bewegt.“ - Frank Sinde, Damovo
„Die Zusammenführung der einzelnen Kanäle funktioniert nur unzureichend. Es gibt kaum fertige Schnittstellen. Da Firmen viel selbst programmieren müssen, werden die Projekte sehr teuer und dauern lange in der Umsetzung. Um wirklich gute DCX zu erhalten, müssen Firmen die Mitarbeiter mitnehmen und deren Mindset auf Kundenorientierung umpolen. Customer Experience funktioniert nur mit Employee Experience, sprich der Akzeptanz bei den Mitarbeitern.“ - Jürgen Spieß, SHE
„Firmen brauchen einen hohen Speed am Markt und müssen insbesondere im Frontend agil sein, um schnell auf Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Hier besteht oft eine Diskrepanz zwischen den internen ERP- oder Bestandsführungssystemen mit langen Release-Zyklen und modernen Microservices. Bei der Integration müssen die Anwender eine gute Balance finden.“
In der digitalen Strategie ist ein klares Wertversprechen formuliert - es stellt die Basis für das Geschäftsmodell dar. Das anfängliche Wertversprechen ist ein Startpunkt, es kann sich aber im Laufe der Zeit und mit den Erfahrungen aus dem Kundenfeedback durchaus stark wandeln.
Innovativ sein
Klingt einfach, ist es aber nicht. Innovation - und erst recht eine erfolgreiche - lässt sich nicht planen. Viele sogenannte Innovationen haben es gar nicht bis auf den Markt geschafft, geschweige denn, dass sie ihre Entwicklungskosten eingespielt hätten. Innovationen basieren auf Hypothesen. Innovation ist heute ein Prozess, der Ideen in vermarktbare und monetarisierbare Produkte umwandelt. Dabei trifft die erste Idee längst nicht immer ins Schwarze. Mit klugen Experimenten lassen sich aber regelmäßig neue Erkenntnisse gewinnen, die in Produktanpassungen einfließen können.
Der Schöpfer bahnbrechender Innovationen ist nicht mehr der einsame Erfinder, sondern das intelligent zusammengestellte Team. Die erfolgreichen Firmen von heute lernen ständig daraus, wie ihre Kunden die Produkte und Dienstleistungen nutzen. Es ist essenziell, immer wieder Hypothesen aufzustellen, auszuprobieren und zu bewerten. Produkte werden kontinuierlich verändert und angepasst, neue und bestehende Zielgruppen werden unterschiedlich adressiert. Mit der Digitalisierung entstehen ungeahnte Möglichkeiten, Daten zu sammeln, sie für Innovationen auszuwerten und in werthaltige Angebote für den Kunden umzuwandeln.
Die Digitalstrategie enthält deshalb auch eine klare Positionierung zur Entwicklung von Innovationen. Gute Methoden und ein Prozess, der sowohl stringent als auch flexibel ist, ermöglichen es, Innovationen zu entdecken und auszuwerten.