Was Bewerber nervt

Die Lügen der Unternehmen

30.01.2009
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Vorsicht bei flexibler Vergütung

Ein anderer Arbeitgeber betonte zwar im Vorstellungsgespräch, wie wichtig ein bestimmter Kunde für ihn sei. Gleichzeitig gab der Mittelständler an, dass es sich nicht auf seine Stabilität auswirken werde, wenn er diesen Kunden verlieren würde. Als schließlich der Kunde verloren ging, wurden sämtliche Mitarbeiter in der Probezeit und auch weitere Beschäftigte entlassen.

Vorsicht ist auch geboten beim Thema flexible Vergütung. Personalberater Kastenhuber weiß, dass manchmal die unterschiedlichen Ziele, die dem leistungsbezogenen Gehalt zugrunde liegen, nicht klar kommuniziert oder diffus formuliert werden. Einem IT-Berater versprach ein kleines IT-Beratungshaus sogar Geschäftsanteile, sobald er ein strategisch wichtiges Projekt abgeschlossen hätte. Als er das Projekt nach drei Jahren erfolgreich beendet hatte, hielt das Unternehmen nicht mehr Wort.

Flexibilität ist ein weiteres Feld, das Arbeitgeber und -nehmer mitunter unterschiedlich interpretieren. So lockte ein IT-Beratungshaus Bewerber damit an, dass sie nicht an den Stammsitz des Unternehmens ziehen müssten. Reise- und Hotelkosten würden stets von den Projekten getragen, in denen sie eingesetzt würden. Allerdings traf diese Aussage nicht auf Projekte am Stammsitz des Unternehmens selbst zu. Die meisten frisch Angestellten mussten daher doch blitzartig umziehen. Ursache der Misere war ein Kommunikationsfehler der Personalabteilung.

Arbeiten in den USA ohne Visum

Auch Manfred Renners (Name von der Redaktion geändert) Flexibilität wurde von seinem Arbeitgeber ausgenutzt. Fast ein Jahr lang arbeitete er für seinen Schweizer Arbeitgeber im Vertriebsbüro in den USA. Alle drei Monate flog ihn die Firma aus und wieder in die USA: Ein offizielles Arbeitsvisum sollte er nach einem Jahr erhalten. Durch einen Anwalt erfuhr er, dass dies nicht möglich ist, da die Stempel in seinem Reisepass darauf hindeuten, dass er das gesamte Jahr in den USA verbracht hat. Schließlich versprach der Arbeitgeber Renner doch noch ein Visum, aber nur unter der Bedingung, dass er einen US-amerikanischen Arbeitsvertrag mit einem Urlaubsanspruch von nur acht Tagen unterschreiben muss. Mittlerweile hat der Marketing-Spezialist wie seine drei europäischen Kollegen, die in dem amerikanischen Vertriebsbüro arbeiteten, gekündigt und die Firma verlassen.

Heute sagt Renner: "Ich würde nie mehr bei einem Arbeitgeber anheuern, von dem ich nur den Chef in einer weit entfernten Produktionsstätte kenne, ohne die Filiale besucht zu haben, in der man eingesetzt ist." Allerdings ist er sich nicht sicher, ob er bei einem kurzes Treffen vor Ort das Ausmaß der falschen Versprechungen erkennen hätte können.