Vom Kabelschacht in die Chefetage

Die Geschichte von Cisco

18.02.2016
Von 
Kriemhilde Klippstätter ist freie Autorin und Coach (SE) in München.

2015: Die Ära von John Chambers geht zu Ende

Chuck Robbins löst 2015 John Chambers als CEO ab.
Chuck Robbins löst 2015 John Chambers als CEO ab.
Foto: Cisco

Als Firmenchef John Chambers zur Jahresmitte nach 20 Jahren als CEO sein Amt abgibt, kann er stolz Bilanz ziehen. Der Umsatz steigerte sich von 1,2 Milliarden Dollar im Jahr 1995 auf über 47 Milliarden und die Zahl der Mitarbeiter wuchs von den ehemals rund 4000 Arbeitnehmern beim Amtsantritt auf heute rund 70.000. Natürlich profitierte Chambers vom Internet-Boom und der damit verbundenen Nachfrage nach Netzwerk-Equipment. Gelungen ist das aber auch durch gezielte Firmenübernahmen und der Ausweitung der Geschäftsfelder. Seit Chambers 1995 das Zepter übernahm kaufte er 168 Firmen auf, also im Schnitt mehr als acht pro Jahr.

Nachfolger von Chambers wird im Juli 2015 Chuck Robbins, der 1998 zu Cisco kam. Chambers rutscht in den Verwaltungsrat, wo er den Vorsitz übernimmt. Bei seinem ersten großen Auftritt als CEO skizziert Robbins, wohin die Reise gehen soll: Im Prinzip soll alles auf der Welt vernetzt werden. Und für das Internet of Things (oder Everything) soll Cisco die (sicheren) Produkte liefern.

Den eigenen Mitarbeitern steht verstärkter Druck ins Haus, denn der neue CEO drängt auf Geschwindigkeit: "I werde gnadenlos sein, denn ich habe das Gefühl, wir müssen schneller, schneller, schneller agieren." Kurz nach Amtsübernahme wechselt der neue CEO einen Teil der Top-Manager aus: So übernimmt beispielsweise Zorawar Biri Singh den Posten als CTO für Platforms and Solutions von Padmasaree Warrior. Die Top-Manager Wim Elfrink, verantwortlich für Globalisierung, Edzard Overbeek, Senior Vice President of Services sowie die Presidents Rob Lloyd und Gary Moore nehmen ihren Hut.

Zum Amtsantritt von Robbins findet sich Cisco auf Rang zwei der umsatzstärksten Hersteller von Equipment für das Data Center. Das hat die Synergy Research Group ausgerechnet. Sie zählt dazu Server, Server-Betriebssysteme, Speicher, Netzwerke und deren Sicherheitssysteme sowie Virtualisierungsprogramme. Im dritten Quartal 2015 dominieren laut den Marktforschern die drei IT-Schwergewichte HPE, Cisco und Microsoft den Markt, der ein Umsatzvolumen von derzeit rund 120 Milliarden Dollar im Jahr darstellt. HPE hatte erstmals im zweiten Quartal 2015 die Topposition errungen.

Der bisherige Spitzenreiter Cisco behält aber die Führung im viel kleineren aber dafür stark wachsenden Segment der Service-Provider. "Die Ausbreitung von Public-Cloud-Services zog den Bau vieler Hyperscale-Data Center nach sich, die entsprechend ausgerüstet werden mussten", beschreibt Chefanalyst Jeremy Duke den aktuellen Trend. Das habe zudem auch Auswirkungen auf die Unternehmen, die ihre Data Center anpassten.

Für Aufsehen sorgt in diesem Zusammenhang die noch engere Zusammenarbeit zwischen Cisco und Ericsson, die im November formalisiert wurde. Danach wollen die beiden auf den Feldern Cloud, 5G, IP und Internet of Things kooperieren. Zielkunden sollen dabei zunächst Service-Provider sein. Die gegenseitige Lizensierung der Patentrechte - zusammen angeblich über 50.000, die meisten von Ericsson - und eine Entwicklungsgemeinschaft für SDN und Virtualisierung sind ebenfalls geplant.

Marktbeobachter spekulieren darüber, wie die Sache am Ende ausgehen wird, da beide Unternehmen ja den ganzen Markt im Auge haben, ihn allerdings von verschiedenen Seiten in die Zange nehmen: Ericsson hat die Stärken im wireless-Geschäft, Cisco im IP-Segment. Zunächst soll wohl aber gemeinsam der Angriff aus China, besonders von Huawei abgewehrt werden.

Eine weitere prominente Zusammenarbeit besteht mit Apple und hat das Ziel, die Daten von Apples iOS-Geräten besser durch die Netzwerke zu schleusen.

Wie schon die Jahre zuvor kämpft Cisco auch 2015 immer wieder mit Sicherheitsproblemen. In einigen Router-Modellen finden sich Bugs, andere werden gekapert. Große Schwierigkeiten bereitet der sogenannte "ACC-Bug", der die Apache Common Collections Library infiziert und somit für Fehler in allerlei Programmen sorgen kann. Um mehr Sicherheit zu gewinnen, übernimmt die Company für 452 Millionen Dollar die Firma Lancope. Deren StealthWatch-Suite kontrolliert und analysiert die Datenströme im Netz.

Mit der hauseigenen Application Centric Infrastructure positioniert sich Cisco in Sachen SDN.
Mit der hauseigenen Application Centric Infrastructure positioniert sich Cisco in Sachen SDN.
Foto: Cisco

Ein anderes Langzeitprojekt ist für Cisco das Thema Software Defined Networking (SDN), wo jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Die Company positioniert sich dabei mit der hauseigenen "Application Centric Infrastructure" (ACI), im Prinzip eine programmierbare Ethernet-Fabric, die Hard- und Software verbindet. Eine andere Variante von SDN promotet VMware mit "NSX", das eine Softwareschicht über das Netzwerk legt. Bis eine praktikable SDN-Lösung gefunden ist, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen.

Als glatte Fehlinvestition (Kaufpreis 450 Millionen Dollar) stellt sich der Kauf von Whiptail, Anbieter von Flash-Arrays, heraus. Mitte des Jahres stampft Cisco die Produktlinie ein.