Digital Customer Experience

Der lange Weg zur digitalen Kundenbeziehung

16.05.2017
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Das Topmanagement muss Datensilos aufbrechen

Für Klaus Enzenhofer, Director Technology Strategy bei Dynatrace in Linz, schließt sich hier der Kreis zwischen der Vision und den Diskrepanzen in der Umsetzung: "Bei großen Unternehmen sind die Datensilos hierarchischer und stärker abgesichert als bei kleinen Firmen, und nur das Top-Management ist in der Lage, diese Strukturen aufzubrechen oder zu umgehen." Daher müsse die Führung die Marschrichtung vorgeben. In kleineren Unternehmen im B2B-Bereich hingegen seien häufig die Kunden persönlich bekannt oder der internationale Druck in Richtung digitale Kundenbeziehung noch nicht so hoch. Enzenhofer: "Zudem treiben viele Mittelständler die Digitalisierung voran, ohne sie so zu nennen." Beispielsweise bekomme ein Kunde der Firma Hybris-SAP mit dem Online-Shop automatisch die Customer Journey dazu, argumentiert der Manager: "Die Digitalisierung wird von den großen Softwarelieferanten einfach in die Firmen reingebracht."

Die größten Hürden: Datensilos und eine mangelnde Datenqualität stehen einer besseren digitalen Kundenbeziehung häufig im Weg.
Die größten Hürden: Datensilos und eine mangelnde Datenqualität stehen einer besseren digitalen Kundenbeziehung häufig im Weg.

Beim Umgang mit Kundendaten sehen sich die Studienteilnehmer größtenteils im grünen Bereich. So ist in 61 Prozent der Unternehmen eine zentrale Datenbank mit "allen Informationen zu den Kunden" vorhanden, und über die Hälfte der Organisationen beurteilt die Qualität ihrer Kundendaten als gut oder sehr gut. Jürgen Litz, Geschäftsführer des CRM-Anbieters cobra computer's brainware GmbH, bezeichnet diese Werte als "geradezu phänomenal", doch würden sie dem Vergleich mit der Realität kaum standhalten.

"Nach unseren eigenen Initiativen und Untersuchungen etwa zur Datenqualität im CRM sehen wir beim Vorbereitungsgrad für die DCX noch ein großes Verbesserungspotenzial", so Litz. Insbesondere das Thema Datenqualität werde stiefmütterlich behandelt, kontinuierliche Kontrollprozesse fänden nur in wenigen Unternehmen statt: "Dabei ist eine zentrale Datenhaltung wie die Datenqualität auch der Schlüssel zu jedem guten CRM-System sowie zu einem erfolgreichen DCX-Ansatz".

Auch in der DCX-Studie werden Datensilos und die abteilungsspezifische Datenhaltung als größte Barrieren für die umfassende Kundenbeziehung genannt. "Wenn es eine übergeordnete, kundenzentrische Digitalstrategie gibt, kommt man sowieso früher oder später dahin, dass Silos zur Erreichung der Ziele abgeschafft werden müssen", argumentiert Damovo-Expertin Dilger. Die Beseitigung dieser Hürden erinnert jedoch an den Gordischen Knoten, der sich nur im Handstreich lösen ließ. "Konsolidierung und Standardisierung", empfiehlt hier Dynatrace-Manager Enzenhofer. Dies gehe jedoch nur von oben nach unten - "dafür ist die einzelne Fachabteilung eigentlich schon zu schwach".

BSI-Managerin Crowden verfolgt einen anderen Ansatz.: "Wenn wir den Kunden in den Mittelpunkt stellen, muss es ein zentrales System geben, das die Daten einsammelt - so lassen wir die Silos stehen." Schließlich könne man nicht von einer Versicherung erwarten, dass sie ihre Legacy-Systeme für die Kundenbindung ablöst. "Die Mitarbeiter im Contact-Center benötigen nur den Gesamtüberblick, damit sie wissen, wie sie reagieren sollen."

Eine "Daten-Middleware", die sich verschiedener Schnittstellen bedient, strebt auch Damovo an, berichtet Dilger: "Wenn wir die Daten mittels einer Middleware zusammenführen, ist es ja kein Silo mehr." Speziell Projekte, bei denen Datentöpfe konsolidiert werden, sind oft sehr aufwändig und teuer. Wenn sich dann noch eine Abteilung querstellt, verlängert sich der Weg ins Ziel. Dilgers Argumente: "Die Schnittstellen werden immer besser und lassen sich viel einfacher nutzen als früher - im Gegensatz zu einer Konsolidierung, bei der man unter Umständen eine große IT-Baustelle öffnet."