Wie gelingt es, der öffentlichen Verwaltung den längst überfälligen Schub in Sachen Digitalisierung zu geben? Horst Baier, CIO des Landes Niedersachsen, hat da eine Idee: In seiner Keynote auf dem ersten German Low-Code Day bezeichnete er den Softwareentwicklungs-Ansatz als einen der drei Hebel, mit denen sich die Verwaltung schnell modernisieren lasse. Low-Code stehe hier gleichberechtigt neben künstlicher Intelligenz (KI) und Cloud Computing.
So wie bisher könne es nicht weitergehen, sagte Baier. Ohne moderne Ansätze würden die Behörden niemals das nötige Tempo erreichen. Die Schnelligkeit, mit der sich auch große Verwaltungslösungen aufsetzen ließen, mache den Einsatz von Low-Code-Technologien zu einer spannenden Option.
In Niedersachsen setzt die Politik auf schnelle Low-Code-Lösungen
Auf der Veranstaltung der Low-Code Association e. V., die ihren Kongress in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium Niedersachsen abhielt, kam diese Nachricht gut an. Im "Low-Code-Land Niedersachsen" stehe die Politik voll hinter dieser Entwicklung, ließ Baier durchblicken. So seien bereits mehrere auf Low-Code basierende Großverfahren im Einsatz, etwa bei der Polizei oder den Ausländerbehörden. Wie die Verwaltung auch in anderen Bereichen schneller digitalisiert werden kann, war eines der Schwerpunktthemen des Kongresses.
Diskutiert wurde etwa, wie IT-Lösungen für Fachverfahren von zwei entgegengesetzten Seiten aufgegriffen werden können. Als Beispiel für eine "Annäherung von unten" steht demnach der Bausteinansatz der Hamburger Verwaltung, der sich als leicht erlernbar und gut handhabbar erwiesen habe. Er scheint für eher einfache Fachverfahren der kommunalen Verwaltung gut geeignet. Dem gegenüber steht der Ansatz, "von oben": Darin wird eine High-end-Low-Code-Plattform bereitgestellt, um die großen Fachverfahren von Bund und Ländern umsetzen zu können.
Diesen Ansatz verfolgen etwa die Anbieter Scopeland und LCSI: Beide wollen die eher komplexen, individuell konzipierten Systeme bauen. Eine wichtige Rolle spielt hier auch MGM Technology Partners, bekannt durch das mithilfe von Low-Code umgesetzte Elster-Verfahren für die elektronische Steuererklärung. Dabei handelt es sich sicher um eines der populärsten Beispiele erfolgreich umgesetzter komplexer Anwendungen.
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Prozessmodellierung neu gedacht
Die Konferenz widmete sich auch Fragen zur Projektorganisation. Die SQL Projekt AG konnte mit Anwendungsszenarien aufwarten, die wohl die wenigsten Besucher dem Thema Low-Code zugeordnet hätten. Neuigkeitswert hatten auch die effizienten Methoden der Prozessmodellierung, die von der Job Router AG und der Allisa Software GmbH gezeigt wurden. Letztere nimmt für sich in Anspruch, Prozesse ohne vorherige Modellierung digitalisieren zu können.
Dass auch die KI ein Diskussionsthema sein würde, überraschte wohl niemanden. Eine Frage lautete, welche Auswirkungen künstliche Intelligenz auf die Low-Code-/No-Code-Entwicklung haben wird, ein andere, ob entsprechende Anwendungen künftig wohl selbst KI-Eigenschaften aufweisen würden. Tatsächlich gab es darauf noch recht wenige gute Antworten.
Ebenso wurde über Vorgehensmodelle gesprochen, die das gut planbare klassische Entwicklungs-Management mit der flexibleren agilen Softwareentwicklung vereinen. Die Anbieter gehen hier unterschiedliche Wege - von eher unstrukturierten Ansätzen bis hin zu einer Tool- und teils auch schon KI-gestützte Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten. Auch ein durchgeplantes phasenagiles Vorgehensmodell ist schon ein Thema. Alle gezeigten Ansätze haben eines gemeinsam: Sie sind auf Low-Code-Entwicklungsprozesse zugeschnitten.