Zubereitet wird am Edge, gekocht in der Cloud
Die Daten vom Shopfloor in der Führungsebene nutzen klingt simpel, wäre da nicht die Tatsache, dass diese noch konsolidiert und vereinheitlicht werden müssen. Aber an welcher Stelle? Die Antwort von Roberto Pasti, Account Manager Intelligent Systems bei Arrow, kommt schnell: "Auf keinen Fall bei der Maschine!" Diese Variante sei zu kostspielig, wie seine Erfahrungen zeigten. So maschinennah wie möglich sehen das hingegen die Teilnehmer Schirge, Hessel, Küppers und Burchartz. "Edge-Analytics soll aber mit einem vertretbaren Aufwand realisierbar sein", so Schirge. Cloud-Analytics sei ebenso wichtig, da man herstellerseitig wesentlich mehr Informationen über die Maschine sammeln könne, als dies von der eigenen Fertigung möglich sei. "Informationen darüber, was andere mit dieser Maschine machen, diese in der Cloud zu analysieren und anonymisiert wieder in den Shopfloor zurückzuführen ist eine Strategie, die aufgehen kann", so der Vorschlag von Schirge. "Gerade bei Offshore-Anwendungen stehen nicht immer 5G und Co. zur Verfügung, da lässt sich nicht alles in die Cloud schicken", nennt Simone Hessel ein weiteres Argument für Edge-Computing. "Zu einer Anlage gehören ja mehrere Maschinen, mehrere Hersteller und eventuell mehrere Betreiber, deshalb brauche ich die Daten so nah wie möglich an der Maschine. Auf der anderen Seite müssen sie aber auch dort so standardisiert wie möglich bereitgestellt werden", schneidet Burchartz ein wichtiges Thema wie OPC UA an. "Und hier muss zwischen neuen und Bestandsanlagen unterschieden werden", wirft Edinger bei seiner Forderung nach einer echten Standardisierung bei Neumaschinen ein. Technisch an die Daten heranzukommen sei eine der Herausforderungen.
Automatisierungs-Layer
Die deutlich größere Herausforderung ist seiner Ansicht nach die semantische Normierung, weil sie industriespezifisch und länderübergreifend angegangen werden muss. "Obwohl sie alle viele unterschiedliche Protokolle bedienen, reden Bestandsanlagen bereits miteinander", beschreibt der SAP-Vice President den aktuellen Stand. "Es gibt schon lange Spezialisten die versuchen, damit umzugehen. Auf Chip-Basis erstellen sie im Automatisierungs-Layer eine Übersetzung der unterschiedlichen Protokolle. Warum also diesen Übersetzern den Weg zur Cloud nicht miteinpflanzen?", so sein Vorschlag. Dennoch stimmt auch er den Verfechtern des Edge-Computing zu, da es zu viel Geld koste, Daten von A nach B zu transferieren, weist aber auch auf die Probleme von Edge-Computing hin: "Wir bekommen dadurch viel IT auf dem Shopfloor, die durch das Patchen zu Downtimes in der Fertigung führt. Es müssen also in einer kontinuierlichen Fertigung Zeitfenster geschaffen werden, um die IT-typischen Wartungsarbeiten durchführen zu können".
Die Menüfolge bestimmt der Chef
Was aber ist zu tun, wenn der Mittelstand heute schon seine Produktion digitalisieren möchte, um von IoT zu profitieren? Der erste Schritt besteht laut Benedikt Gäch von Detecon darin, sich erst darüber im Klaren zu werden, welchen Einfluss die Digitalisierung auf das eigene Unternehmen und die eigene Strategie hat. Die treibende Kraft, und darüber sind sich die Teilnehmer einig, muss also die Geschäftsführung sein, die nicht nur die bloße Entscheidung darüber treffen muss, ob IoT nun das geeignete Mittel ist, um das Unternehmensziel weiter zu verfolgen. Ihr steht eine Kulturtransformation bevor: Sie muss Hierarchien aufbrechen. Die Akzeptanz für IoT kann nur erreicht werden, wenn interdisziplinäre Teams aus allen Ebenen daran beteiligt sind. Und diese Teams müssen auch wieder Fehler machen dürfen, um daraus zu lernen.
Erst dann kann auf die Anlagenhersteller zugegangen und eine Konkurrenzsituation aufgebaut werden. Vielleicht ein unangenehmer Weg, aber früher oder später werden die Anlagenhersteller die Maschinendaten den Kunden zur Verfügung stellen müssen. "Manchmal führen aber auch die kleinen Schritte zum Erfolg", weiß Jürgen Hamm von NetApp. Nachrüstsätze von Third-Party-Herstellern seien momentan ein anderer Weg, um an die Daten zu kommen. Stückzahlen zum Beispiel müssten dann nicht mehr aus der SPS ausgelesen werden, sondern könnten damit erfasst werden. Frank Böning gibt dem Mittelstand einen guten Rat, wie man IoT in der Produktion angehen sollte: "Nie mehr abbeißen als Sie kauen können! Aber Sie dürfen nicht den Fehler machen, es nicht zu tun." Und das kann nach einem Vorschlag von Oliver Edinger eine kleine Nebenfertigungslinie sein, die nach dem Motto "Learning by doing" komplett aufgerüstet wird, "mit dem was eben geht". Lassen sich dadurch erste Erfolge feststellen, verspricht Böning: "Der Appetit auf IoT kommt beim Essen."
Zum Thema IoT führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multiclient-Studie unter IT-Entscheidern durch. Die Studie soll zeigen, wie deutsche Manager das Thema IoT in ihren Unternehmen angehen. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, dann hilft Ihnen Frau Franziska Kaufmann (fkaufmann@idg.de, Telefon: 089 36086 882) gerne weiter. Informationen zur IoT-Studie finden Sie auch hier zum Download.