Strom als Fingerabdruck von Maschinen
Neben Vibrationen und Temperaturen trägt auch der Stromverbrauch dazu bei, die Situation zu verbessern. Hiermit etablieren sich derzeit Lösungen, welche vorhandene Energiezähler vernetzen, kontinuierlich Daten sammeln, zentral speichern und verarbeiten. Folgendes Szenario verdeutlicht das: Ein Fertigungsunternehmen fährt zu Wochenbeginn all seine Maschinen hoch. Die Folge: Es entstehen unnötige Spitzenlasten und hohe Stromkosten. Würde das Unternehmen die Stromverbräuche maschinenspezifisch erfassen, ließen sich Normalverbräuche mit tatsächlichen Werten vergleichen und darauf aufbauend Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten einleiten.
Der Stromverbrauch ist zudem ein guter Indikator für die Last, der die jeweilige Maschine ausgesetzt ist. Einfach gesprochen heißt das: hoher Stromverbrauch = hohe Last = früherer Wartungsbedarf. Durch die Daten ist das Unternehmen zu jedem Zeitpunkt Herr der Lage. Auf diese Weise können Wartungen nicht mehr einfach vergessen und die Instandhaltung von einer unvorhergesehenen Wartung überrumpelt werden. Zu wenig Wartungspersonal verfügbar? Mit der gewonnenen Transparenz Schnee von gestern. Erhebt das Unternehmen die Daten an allen Maschinen, so hat es auch unternehmensweit verlässliche Betriebszeiten. Diese weichen in der Praxis oft sehr deutlich von den geplanten ab.
Darüber hinaus können Unternehmen so einer ihrer zentralen Herausforderungen zu Leibe rücken und ihre Maschinenstundensätze richtig kalkulieren. Da viele Produktionsunternehmen ihre Maschinenauslastung nicht systematisch erfassen, kalkulieren sie diese meist auf Basis einer Vollauslastung. Stillstandzeiten, unerwartete Unterbrechungen im Materialfluss, Störungen oder unplanmäßige Wartungsarbeiten werden nicht berücksichtigt. Tatsächliche Auslastungsquoten von 40 Prozent sind in vielen Unternehmen daher an der Tagesordnung - mit der Folge, dass die Maschinenstundensätze deutlich höher liegen, als kalkuliert. Mit einer IIoT-gestützten Datenerfassung passiert das nicht.
IIoT macht vor keiner Maschine Halt
Damit ein ERP-System die Maschinendaten erhält, will deren Sammlung und Fluss organisiert sein. Neuere Maschinen und Anlagen sind bereits IP-fähig. Sie besitzen von Haus aus IoT-Module, welche die notwendigen Messwerte erfassen, digitalisieren, verschlüsseln und über Funk an ein Gateway übertragen, das via Internet mit einer zentralen Cloud-Plattform verbunden ist.
So weit so gut. Aber nicht jedes Unternehmen ist Besitzer von IP-fähigen Anlagen. Was ist also mit jenen Fertigungsunternehmen, die Maschinen besitzen, die 20, 30 oder noch mehr Jahre alt sind? Ganz einfach. Sie rüsten diese nach - Stichwort Retrofit. Retrofit bedeutet nichts anderes, als bereits im Betrieb befindliche Maschinen nachträglich mit IoT-Funktionen zu versehen. Nachrüstsätze halten hierfür Sensoren parat, die sich mit IoT-Modulen verbinden lassen. Diese Sensorboxen erheben eine Vielzahl an Daten: etwa Temperatur, Feuchtigkeit, Helligkeit, Vibration, Lautstärke (Schall), Bewegung oder Beschleunigung.
Darüber hinaus lassen sich aber auch Kontakte und Relais ansteuern, die nicht von vornherein über entsprechende Schnittstellen verfügen (Aktorik). So gibt es beispielsweise Module, die Anzeigen von analogen Energiezählern digitalisieren und diese für die nachfolgende Verarbeitung speichern. Altersbegrenzungen oder technische Einschränkungen gibt es beim Retrofit nicht. So ist es einem deutschen Sensorhersteller zu Demonstrationszwecken gelungen, eine 130 Jahre alte, pedalgetriebene Drehbank mit IoT-Funktionen auszurüsten.
Fazit: IIoT benötigt vier Dinge
IIoT ist der Konzept- und Pilotprojektphase entwachsen und wird zunehmend unternehmensweit eingesetzt. Und: IIoT ist für alle machbar, dazu werden vier Komponenten benötigt:
Sensoren, Zähler und Condition Monitoring Systeme, die Werte und Daten liefern. Auch alte Anlagen werden dadurch IoT-fähig und große Neu-Investitionen sind nicht erforderlich.
Eine cloud-basierte Enterprise-Asset-Management-Lösung, die einen digitalen Zwilling der Anlage oder des Produktes erstellen und verwalten kann.
Ein Cloud ERP, um die Sensordaten bis in die der Fertigung oder dem Service vor- und nachgelagerten Prozesse (ERP, MES, EAM, …) einbinden zu können.
Und eine Cloud-Plattform, die als IoT-Cockpit fungiert und die Regeln anwendet. Sie enthält auf der einen Seite das Regel-Werk und besitzt auf der anderen Seite die Möglichkeit, Daten zu sammeln. So kann eine Datenhistorie angereichert werden, um sie später zu analysieren und für die vorausschauende Instandhaltung nutzen zu können.
Wer zu spät auf den IIoT-Zug aufspringt, läuft einerseits Gefahr, Marktanteile zu verlieren, andererseits wird es ihm nicht gelingen, mit dem allgemeinen Innovationstempo mitzuhalten.