IBM-Chefin Koederitz im CW-Interview

"Cloud bedeutet Transformation"

20.10.2011
Von  und
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Cloud bedeutet Transformation

CW: Sie nannten Cloud Computing als strategisches Thema für IBM. Sehen Sie sich eher als Cloud-Enabler, der beispielsweise für den Kunden Cloud- und On-Premise-Umgebungen integriert? Oder treten Sie als Cloud-Anbieter auf, der Infrastruktur und Software aus der Cloud bereitstellt?

Koederitz: Cloud bedeutet Transformation. Da gibt es verschiedene Entwicklungsstufen. Wir arbeiten beispielsweise mit Unternehmen zusammen, die zunächst in Private Clouds investieren. Dort sehen wir uns als Partner oder Enabler. Wir beraten auch, welche Art von Workload sich auf einer Cloud-Plattform betreiben lässt. Die Idee ist ja, mit Cloud Computing möglichst zu standardisieren, zu automatisieren und letztlich ein Betreibermodell zu haben bis hin zum Selbstbedienungsmodus.

Wir stehen erst am Beginn der strategischen und systematischen Erschließung dieser neuen Technik. Bisher wurden Piloterfahrungen in den verschiedenen Anwendungsbereichen von Cloud gesammelt. Im Markt haben sich dabei sehr unterschiedliche Anforderungen herauskristallisiert. Aber mit unserem breiten Portfolio können wir da schon einen Großteil des Markts bedienen. In diesem Zusammenhang werden wir sicherlich Themen wie Mobilität und Sicherheit einfließen lassen.

CW: Rechtliche Fragestellungen und Datenschutzbedenken behindern die Entwicklung. Bauen Sie jetzt in jedem Land Cloud-Rechenzentren auf, um dem zu entgehen?

Koederitz: Wir haben uns in Deutschland als Competence-Center für Europa positioniert. Hier gibt es die schärfsten Datenschutzbestimmungen, so dass uns im Ausland weniger Probleme erwarten. Natürlich sind für uns die Gesetzgebungen in den einzelnen Ländern sowie europäisches Recht bindend.

CW: Bieten Sie Ihren Softwarepartnern an, aus Ihren Cloud-Rechenzentren Lösungen im SaaS-Modell anzubieten? Etwa einer Infor, die ihre ERP-Applikationen auch als Cloud-Lösung anbietet?

Koederitz: Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Das hängt vom Business Case des jeweiligen Partners ab. Momentan tun sich ja auch schon Partner untereinander zusammen und kooperieren. Wir engagieren uns, wo immer das für beide Seiten sinnvoll ist.

CW: Wie ist das Feedback im deutschen Markt bezüglich Cloud Computing? Gibt es da Nachfrage? Weltweit will IBM den Umsatz mit Cloud-Themen ja in diesem Jahr verdoppeln.

Koederitz: Das Interesse nimmt zu. Seit unseren Aktivitäten in Sachen Cloud auf der CeBIT kann man sagen, dass die Nachfrage höher geworden ist. Die meisten Firmen starten zunächst mit weniger geschäftskritischen Anwendungen. Manche sind aber noch nicht so weit, ihr Anwendungsportfolio im Grundsatz zu hinterfragen.

CW: Werden Unternehmen Ihrer Einschätzung nach betriebswirtschaftlich wichtige Anwendungen in die Cloud verlagern?

Koederitz: Warum nicht? Wir waren ja auch bisher mit verschiedenen Sourcing-Modellen erfolgreich. SAP-Applikationen werden ja schon als Managed- oder Hosting- Service Bestandteile von Outsourcing-Vereinbarungen. Nur wenn Anwendungen stark standardisiert sind, werden sie in eine Cloud-Infrastruktur gegeben. Die Frage ist, wie schnell diese Transformation hierzulande Fuß fassen wird.

Und dann wird es unterschiedliche Anbieter geben für IT-Cloud-Services, da sich die Ansprüche an Verfügbarkeits-Commitments, Service-Level-Agreements und Sicherheitsstandards, die ein Anbieter zu offerieren in der Lage ist, unterscheiden.

Aber wir stehen erst am Anfang dieser Transformation, und in jedem Unternehmen wird die Frage diskutiert werden, welche Anwendungen geschäftskritisch sind und welche weniger die Kernkompetenz betreffen. Die Antworten werden das Tempo entscheiden, in dem Cloud Computing in Deutschland Fuß fasst.