Sehen Sie bestimmte Parallelen innerhalb der Branchen, wenn es in die Cloud geht? Eigentlich müsste es doch möglich sein, branchenspezifische Lösungsvorschläge anzubieten.
Paté: Solche Muster gibt es zumindest bis heute noch nicht. In den vergangenen zwei oder drei Jahren gab es einige Großkunden, vor allem aus dem britischen Bankenumfeld, die sich sehr weit auf die Hyperscaler eingelassen haben, nach dem Motto: Wir geben Euch alles, schickt uns die Rechnung. Diese Rechnung kam dann auch, und sie war nicht klein. Diese Unternehmen sind dann auf uns zugekommen, und wir haben ihre gesamten Workloads neu und differenziert aufgesetzt.
Wichtig ist, dass Kunden sich ihre IT-Entscheidungen genau überlegen und hier einen gewissen Reifegrad erreichen. Es braucht auf jeden Fall einen starken CIO, der auch mal den Druck aus dem Vorstand aushält. Gute individuelle IT-Entscheidungen sind aus meiner Sicht am wichtigsten, nicht irgendwelche branchenspezifischen Muster, die sich Unternehmen überstülpen lassen. Jedes Unternehmen hat sein eigenes Geschäftsmodell, und die IT-Entscheidungen müssen es so gut wie möglich unterstützen.
Eine der wichtigsten Aufgaben ist in diesen Zeiten der Veränderung das Change-Management. Erinnern wir uns an die 90er Jahre, in denen Business Process Reengineering in aller Munde war. Damals war ich noch bei SAP beschäftigt, und es war schwierig, den Wandel in eine Software-orientierte Welt hinzubekommen. Das ist heute nicht anders, wenn Unternehmen ihre Workloads - oft noch Mainframe-basiert - in die Cloud überführen wollen. Technisch kriegt man das hin, aber die vielen individuellen Anpassungen, die unausweichlich auf die Betriebe zukommen, sind eine Herausforderung.
IT bewegt sich ins Zentrum allen wirtschaftlichen Handelns
Sie haben die Rolle der CIOs angesprochen. Es scheint, als nähme die Menge und Vielfalt der Herausforderungen bedrohliche Ausmaße an.
Paté: Man muss sich ja nur ansehen, wie viele CIOs in den vergangenen Jahren den Job gewechselt haben. Viele Betriebe stecken in einer schwierigen Transformation. Die IT bewegt sich ins Zentrum allen wirtschaftlichen Handelns. Deshalb spielt übrigens auch Cybersecurity so eine wichtige Rolle. Zahlreiche Unternehmen sind derzeit von Ransomware-Angriffen betroffen, und oft haben weder die CEOs noch die CIOs detailliert Kenntnis davon, was vor sich geht. Für mich wird der CIO in Zukunft nicht nur ein Business Contributor, sondern auch eine Art CISO sein. Es geht jetzt um Security first!
Ein weiteres Schlüsselwort ist Agilität. Unternehmen werden die nötige Veränderungsgeschwindigkeit nur erreichen, wenn sie sich technisch nicht abkoppeln und von den nächsten Evolutionsschritten ausschließen lassen. Die Welt der Arbeit ist ein Beispiel dafür, denn gerade sie verändert sich wie im Zeitraffer. Viele unserer Kunden wurden in den vergangenen zwei Jahren massiv disruptiv herausgefordert.
Ich glaube, dass CIOs einen Sitz im Vorstand bekommen müssen. Das ist ein klares Statement. Es ist eine Schlüsselaufgabe, eine agile IT-Organisation aufzubauen und zu erhalten. Die Geschäftsmodelle verändern sich in immer kürzeren Abständen, und die IT muss diese Veränderungen nicht nur mitgehen, sondern oft auch vorantreiben.