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Blockchain-Revolution 2017?

12.04.2017
Von 


Dr. Thomas Kaltofen ist Diplom-Chemiker und promovierte mit einem biophysikalischen Thema an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Neben einem Forschungsaufenthalt an der Chalmers Universität Göteborg beschäftigte er sich intensiv mit Datenbanken und C#-Programmierung am Fraunhofer Institut IPA in Stuttgart. Dr. Kaltofen ist freiberuflicher Experte für Blockchain-Anwendungen in der Chemie- und Pharmabranche.

Die Blockchain für Journalisten

In vielen Ländern haben Journalisten mit Zensur und Repression zu kämpfen. Immer wieder kommt es vor, dass Redaktionen von Regierungsbehörden geschlossen und Journalisten verhaftet werden. Die Dezentralität der Blockchain-Technologie und ihrer entsprechenden Unabhängigkeit von politischen Institutionen kann dazu beitragen, die weltweite Zensur zu umgehen.

"Keine dritte Partei wird je die Kontrolle darüber haben, was veröffentlicht wird oder nicht," heißt es im Whitepaper von Veritas - der Blockchain für Journalisten. "Die Entscheidungen werden demokratisch von der Community gefällt und durch ein Validierungssystem abgesichert. Jedes Mitglied hat die gleichen Partizipationsrechte, selbst die Gründungsmitglieder haben keine Privilegien."

Die Validierung läuft dabei wie folgt ab:

  • Der Autor sendet seinen Artikel an die Community.

  • Der Artikel wird dabei willkürlich an eine große Anzahl von Nutzern verteilt.

  • Die Nutzer votieren für den Artikel, um ihn zu validieren und zu kategorisieren.

  • Es müssen 1000 Abstimmungen generiert werden.

  • Der Validierungsprozess muss von der Mehrheit des Netzwerks (also mindestens 51 Prozent) bestätigt werden.

  • Diejenigen, die für den "erfolgreichen" Artikel gestimmt haben, werden mit "Trusted Points" belohnt.

Um sicherzustellen, dass nur seriöse Autoren und Leser Teil der Veritas-Plattform werden, haben die Entwickler ein Abstimmungs-basiertes Zahlungssystem entwickelt. Laut dem Whitepaper benötigt jeder Artikel 1000 Votes, um validiert zu werden. Jede Stimme ist wiederum an einen bestimmten Geldbetrag gekoppelt. Die Auszahlung hängt vom Wert des Votes ab: Umso höher deren Wert, desto höher die Auszahlung.

E-Mail auf Blockchain-Basis

Das Versenden von E-Mails gehört für viele Menschen zum (Arbeits-)Alltag. Das größte Problem der bisherigen Technik ist, dass keine Rechtssicherheit besteht. Das Versenden eines klassischen Briefes wird vor Gericht eher akzeptiert, als die manipulationsanfällige E-Mail. Insbesondere ist der Lesestatus unsicher, es kann nicht bewiesen werden, dass die E-Mail wirklich zugegangen ist, beziehungsweise gelesen wurde.

Abhilfe schaffen könnte an dieser Stelle ein Blockchain-basiertes E-Mail-System. Dabei wird jede verschickte Nachricht in die Blockchain geschrieben. Damit kann der Absender beweisen, dass er die Nachricht verschickt hat. Das wiederum birgt große Vorteile, etwa wenn es um die Kündigung von Verträgen geht. Ferner kann der Lesestatus in der Blockchain hinterlegt werden. Dies beweist, dass der Empfänger die Nachricht gelesen hat. Ein solches System könnte also künftig das relativ kostenintensive Versenden von Einschreiben ablösen. Die Rechtssicherheit ist - anders als bei der bisherigen E-Mail und dem E-Postbrief - gewährleistet. Führender Anbieter für solche Software ist derzeit die Firma faizod.

Auch Chat-Programme und -Dienste können in einer Blockchain abgebildet werden. Dies hätte den immensen Vorteil, im Falle von Straftaten die im Chat verabredet wurden, die Täter identifizieren zu können. Der Gesetzgeber müsste dafür den rechtlichen Rahmen schaffen und den Nutzen zwischen Privatsphäre und Strafverfolgung ausloten. Technisch wäre eine Blockchain-basierte Überwachung von Chat-Nachrichten heute jedoch möglich.

Fazit: Auch die Blockchain hat Nachteile

Neben den bisher aufgeführten Vorteilen und Anwendungsfällen für die Blockchain-Technologie bestehen auch Nachteile. Markus Demary vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln beziffert in einer Studie den Stromverbrauch der Bitcoin-Währung. Deren hoher Energiehunger rührt daher, dass das Mining-Prinzip Proof-of-Work immense Rechenleistungen bindet. Das Ergebnis der Studie: Wenn tatsächlich die Hälfte der Weltbevölkerung, die derzeit nicht über ein eigenes Bankkonto verfügt, eines Tages die Blockchain-Technologie nutzt, würde dafür mehr Strom verbraucht, als heute insgesamt auf der Welt produziert wird. "Schon wenn nur zehn Prozent der Weltbevölkerung auf die Bitcoin-Blockchain-Technologie setzten, würden dafür 22,9 Prozent der weltweiten Stromproduktion in Anspruch genommen", rechnet Demary vor.

Die noch junge Datenbank-Technologie hat das Potenzial, in vielen Bereichen und Branchen die bisherigen zentralen, relationalen Datenbanken abzulösen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die hohen Erwartungen an die Blockchain-Technologie erfüllt werden können oder sie ein theoretische, in der Praxis nicht umsetzbare Idee bleibt. 2017 wird definitiv ein entscheidendes Jahr für die Blockchain-Community. (fm)