Was Entscheider wissen sollten

Blockchain – die Chancen und die Risiken

12.03.2019
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Nach anfänglicher Euphorie sind Blockchain-Technologien in die Kritik geraten. Dieser Artikel beschreibt Möglichkeiten und Grenzen der Distributed-Ledger-Architektur.

Die negativen Schlagzeilen aus der Bitcoin-Szene reißen nicht ab. Der Kurs der Kryptowährung ist im Keller, kaum eine der gewagten Prognosen von Bitcoin-Jüngern ist eingetreten. Schon wird auch Kritik an der zugrundeliegenden "Distributed-Ledger"-Technik laut: zu langsam, zu rechenintensiv und schlecht skalierbar sollen die Systeme in der Praxis sein.

Die Blockchain eignet sich als Plattform, auf der Unternehmen einen speziellen Typ von Anwendungen erstellen und betreiben.
Die Blockchain eignet sich als Plattform, auf der Unternehmen einen speziellen Typ von Anwendungen erstellen und betreiben.
Foto: Akarat Phasura - shutterstock.com

Die renommierte amerikanische Unternehmensberatung The Hackett Group rät Entscheidern, sich intensiver mit den Potenzialen der Blockchain zu befassen und im ersten Schritt Wissenslücken zu schließen. Um Use Cases zu definieren, müssten die Verantwortlichen die Technik, ihre Eigenschaften und Limitierungen besser verstehen, argumentieren die Consultants Erik Dorr, Peter Upapong und Vin Kumar in einem aktuellen Strategiebericht.

Viele Analysten definierten den Begriff Blockchain sehr eng als eine grundlegende Datenbank-Architektur (= Distributed Ledger), monieren die Autoren. Die Blockchain sei aber letztlich eine "Plattform", auf der Unternehmen einen speziellen Typ von Anwendungen erstellen, betreiben und verwalten können: Die Applikationen basieren auf einer verteilten Daten-Architektur und folgen einer ebenfalls verteilten Business-Logik. Dabei agieren sie stets in einem Peer-to-Peer-Netzwerk und erlauben die Abwicklung und Registrierung von Transaktionen zwischen Teilnehmern in einem Ökosystem oder auch innerhalb einer Anwendungslandschaft einer Organisation.

Lesen Sie dazu auch:

Blockchain as a Service - das bieten die wichtigsten Player

Blockchain - was kommt nach dem Hype?

Die Grundlagen von Blockchain

Zur Plattform im weiteren Sinne zählen die Autoren neben der verteilten Datenarchitektur auch Geschäftsregeln, eine sichere Betriebsumgebung und die benötigte technische Infrastruktur. Auf der Plattform arbeiten verteilte Anwendungen, die ein gemeinsames Data Set und Geschäftsregeln publizieren, replizieren und über mehrere Knoten hinweg permanent synchron halten. Das eigentliche Ledger (engl. für Hauptbuch), also den Kern jeder Blockchain Anwendung, beschreiben die Consultants als nicht relationales Datenhaltungssystem, in dem Transaktionen aufgezeichnet sind. Identische Kopien des Ledger liegen auf allen Netzwerkknoten.

Strukturiert ist das Ledger als eine Kette von "Blocks", von denen jeder eine definierte Menge aufgezeichneter Transaktionen beinhaltet. Bevor ein neuer Block an die Kette gehängt werden kann, muss er einen komplexen Validierungsprozess durchlaufen, in dem alle Knoten die Korrektheit der Daten bescheinigen. Ist der Block einmal verifiziert und angehängt, lassen sich seine Inhalte nicht mehr verändern. Die Hackett Group sieht genau darin die bahnbrechende Innovation der Blockchain: Sie schaffe eine einzige Version der Wahrheit (Single Version of the Truth), die allen Knoten im Netzwerk bekannt sei sich nicht manipulieren lasse.

Ist das verteilte Hauptbuch eingerichtet, lassen sich definierte Geschäftsregeln darauf anwenden. Diese Business-Logik in einer Blockchain-Anwendung ist nichts anderes als Programmcode, der über alle Netzwerkknoten hinweg repliziert und synchronisiert wird. Die am weitesten verbreitete Implementierung dieses Modells sind sogenannte Smart Contracts, die ursprünglich im Open-Source-Framework Ethereum definiert wurden. In diesen smarten Verträgen sind die Vereinbarungen zwischen den an einer Transaktion beteiligten Partnern in Form von Code hinterlegt. Zur Ausführung des Codes bedarf es keiner dritten Partei, er läuft vollständig automatisiert ab. Im ebenfalls verbreiteten und quelloffenen Hyperledger-Framework wird die verteilte Business Logic in Form von "Chaincode" implementiert.

Blockchain: Eine verteilte Anwendung in einem Peer-to-Peer-Netzwerk
Blockchain: Eine verteilte Anwendung in einem Peer-to-Peer-Netzwerk
Foto: The Hackett Group

Die Blockchain arbeitet generell in einem Peer-to-Peer-Rechnernetzwerk. Das bedeutet: alle Knoten können ohne eine zentrale Instanz mit allen anderen Knoten Verbindungen knüpfen (siehe Grafik). Insofern sei die Blockchain im Grunde eine Applikation, die auf der verteilten Internet-Infrastruktur läuft, erläutern die Berater.