Jean-Philippe Courtois, Microsoft

"Am wertvollsten sind Aufmerksamkeit und Qualitätszeit"

10.12.2014
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

Wie man Yammer einführt

Dann lassen Sie mich das doch mal tun an dieser Stelle. Zur Vorbereitung auf dieses Gespräch war ich gestern Abend bei einem Meetup zum Thema Enterprise 2.0, wo zwei Herren von Yammer ihre Vision einer "Responsive Organisation" erklärt haben. Mit den anderen Teilnehmern aus unter anderem Beratungsfirmen kamen wir recht schnell zu der Aussage, dass bei der Einführung von Enterprise Social die Tools vielleicht zehn Prozent vom Erfolg ausmachen, aber die Änderung des Mindsets viel entscheidender ist.

Wie gehen Sie damit um? Erschwerend kommt ja hinzu, dass in Unternehmen unterschiedliche Generationen von Nutzern sitzen, die sich teilweise dagegen sperren, solche modernen Tools zu benutzen.

Hittmeyer: Wir setzen dazu auf Leute, die wir "Evangelisten" oder "Botschafter" nennen, die einfach gern mit solch neuen Werkzeugen umgehen.

Die Yammer-Herren gestern sprachen von "Green Dots"? [Gelächter]

Hittmeyer: Genau, so heißen die im Yammer-Sprech. Eine Stufe darunter sind dann die gelben Punkte, und die roten noch eins tiefer kann man ziemlich vergessen. Auf jeden Fall: Wenn Sie diese Leute identifiziert haben - und die finden Sie in jedem Unternehmen, wenn auch nicht unbedingt in der Zentrale oder IT-Abteilung -, versuchen Sie sie zu überzeugen, dass sie sich mit dem neuen Werkzeug auseinandersetzen. Dabei können Erfolgsgeschichten aus anderen Unternehmen helfen. Yammer hat dafür zum Beispiel ein Netzwerk, in dem sie all ihre Kunden zusammenbringen.

Das YCN?

Hittmeyer: Genau. Und so etwas gibt es auch für die anderen Dinge wie Office 365, SharePoint und so weiter. Dort kann man sich sehr schön mit anderen Leuten austauschen, die diese Tools bereits einsetzen und erzählen, was bei ihnen funktioniert hat und was nicht. Es ist immer besser, das von einem anderen Anwender zu hören als vom Anbieter der Tools. Der erzählt Ihnen natürlich immer, dass es funktioniert.

Was genau war denn der Use Case in Ihrem Unternehmen - ging es da vor allem um Wissens-Management?

Hittmeyer: Eigentlich etwas einfacher - die Leute sollten Fragen stellen und Ihr Wissen über die ganze Firma hinweg teilen können.

Wie haben Sie das denn früher gemacht?

Hittmeyer: Da konnte man eigentlich nur eine E-Mail herumschicken.

Ist Yammer dann ein Selbstläufer oder muss man nachhelfen?

Hittmeyer: Das hängt klar vom Unternehmen ab. Wenn die Firma sehr traditionell ist und die Belegschaft vielleicht ein wenig älter als der Durchschnitt - da werden Sie Schwierigkeiten haben, das in Schwung zu bekommen. Aber Sie könnten mit einzelnen Abteilungen oder Prozessen beginnen. Oder mit länderübergreifenden Teams. Das haben wir zum Beispiel mit einem internationalen Team aus unter anderem Deutschland, Brasilien und Japan gemacht. Das waren gar nicht viele Leute, ungefähr 30. Aber die reden natürlich wieder mit anderen über ihre Arbeit und machen dann Mundpropaganda, virales Marketing.

Mit solchen Tools zu arbeiten ist ja jetzt keine Rocket Science. Und Sie bekommen schnell Erfolgserlebnisse. Jemand liket einen Beitrag von Ihnen, antwortet auf einen Thread oder folgt Ihnen aus einer ganz anderen Zeitzone - das bekommt dann eine Eigendynamik und fängt an zu arbeiten.

Herr Courtois, Sie sind ja schon eine Weile bei Microsoft.

JPC: Ja, seit 30 Jahren. [Gelächter, stimmt aber]

Begonnen haben Sie noch unter Bill Gates und seitdem eine Menge Veränderungen erlebt im Unternehmen selbst. Wie haben Sie diese erlebt, zuletzt die Übernahme von Yammer. Waren Sie gar in die Kaufentscheidung involviert?

JPC: Akquisitionen kommen üblicherweise aus den Produkt-Teams, wo tolle Technik, die in die Roadmap passt, manchmal auch zugekauft wird - Skype ist dafür ein gutes Beispiel. Ich möchte aber auf das zurückkommen, was Jens eben gesagt hat: Erfolgreich sind Firmen letztlich dann, wenn die IT ein Partner für das Business ist.

Es gibt einen Paradigmenwechsel - und damit komme ich auch wieder zurück zu Microsoft und Ihrer Frage bezüglich Yammer - weg zum typischen Enterprise-Software-Rollout, der Jahre dauert, hin zu einem nutzergetriebenen Modell. Yammer ist dessen ultimative Ausprägung. Auf einer Reise nach Australien habe ich unlängst mit dem CEO des Mall-Betreibers Westfield gesprochen. Der war ganz begeistert von Yammer. Als ich ihn frage warum, erklärte er mir, dass Yammer seinen Kunden - den Shop-Mietern in den Malls - echte Innovation gebracht habe. Die arbeiten alle gemeinsam daran, dem Kunden ein "VIP-Gefühl" zu verschaffen.