Vier Wochen Südamerika! Von solchen ausschweifenden Fernreisen kann Hans-Christian Boos nur noch träumen. "Da hätte ich Angst, dass in der Zwischenzeit hier was anbrennt", so der Gründer und Vorstand des Frankfurter IT-Dienstleisters Arago 2006 im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Doch trotz der Verantwortung für einen Laden mit damals 63 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund zehn Millionen Euro verhängte sich der Firmenchef keine generelle Urlaubssperre: "Zwei Wochen Sommerurlaub sind kein Problem." Gerade ist er im Schwarzwald unterwegs - zum Radfahren und Reiten.
Boos machte vor, was Experten schon lange predigen: "Urlaub kann sich jeder arbeitende Mensch leisten - vom angestellten Programmierer bis zum Selbständigen", sagt Katharina Dietze, Geschäftsführerin des Schwelmer Instituts für Beratung und Training in Unternehmen (IBT). Und Urlaub, so betonen Mediziner, ist alles andere als ein Luxus.
Zu wenig Urlaub wirkt sich auf die Motivation aus
"Wer nicht einmal im Jahr für mindestens drei zusammenhängende Wochen Urlaub macht, beutet seinen Körper aus. Und damit macht er sich langfristig seine eigene Motivation kaputt - auch für die Arbeit", warnt Gunter Frank, Allgemeinmediziner am Heidelberger Präventions- und Gesundheitsnetz.
- Wie man richtig Urlaub macht
Die Autorin Judith-Maria Gillies hat fünf Wahrheiten und Tipps zum Thema Urlaub zusammengestellt: wie lange man wegfahren sollte und wohin und wie man sich richtig erholt . . . - 1. Woran merke ich, dass ich urlaubsreif bin?
An Gereiztheit, Ungeduld, Aktionismus. Außerdem mehren sich meist die Flüchtigkeitsfehler. Die Ursache dafür liegt darin, dass Körper und Seele in solchen Phasen dauernd hochtourig fahren. Das klappt auf Dauer nicht. Abschalten ist nötig. - 2. Wie lange sollte ich wegfahren?
Damit die Erholung wirklich eintritt: mindestens drei Wochen am Stück. Die meisten Angestellten glauben, dass sie sich das nicht erlauben können. Dahinter steckt häufig die Furcht, ohne die Arbeit nicht leben zu können oder sich einzugestehen, dass jeder am Arbeitsplatz ersetzbar ist. Trotzdem: Erholung ist wichtig - ganz besonders in Stressjobs. - 3. Welcher Urlaub ist die beste?
Einer, bei dem Körper und Seele wieder auf ein normales Aktivitätsniveau runterkommen. Egal, ob man Strandurlaub macht, wandern geht oder Städte besichtigt: Für die Erholung ist es wichtig, die freien Tage nicht mit Aktivitäten zu überfrachten. Denn diese sollen unbewusst meist nur davon ablenken, sich mit der Ruhe auseinandersetzen. Und die ist wichtig - egal ob am Strand, in den Bergen oder in der Stadt. - 4. Woran merke ich, dass ich mich erholt habe?
Am Ende des Urlaubs sollte man das Gefühl haben, komplett weg gewesen zu sein. Wer sich dann auch zu Hause in Ruhe wohl fühlt und nicht gleich Rechner, Handy oder Fernseher anschalten muss . . . und vielleicht statt dessen ein Buch zur Hand nimmt, der hat sich erholt. - 5. Und wenn ich wirklich nicht weg kann?
Ein Kurztrip übers Wochenende ist besser als nichts - auch wenn so schnell keine Erholung aufkommt. Wer normalerweise von morgens bis abends vor dem Rechner sitzt, bereichert sein Leben, wenn er mal ein paar Tage lang etwas unternimmt, was ansonsten zu kurz kommt - mit den Kindern spielen etwa, mit Kumpels Motorrad fahren oder ins Musical gehen. So gewinnt man mehr Lebensqualität und eine kleine Auszeit für die Seele.
Doch daran halten sich die Deutschen nicht. Durchschnittlich gingen sie 2005 gerade mal 13,3 Tage auf Reisen. 1980 waren es noch 18,2 Tage, wie die 22. Deutsche Tourismusanalyse des BAT-Freizeitforschungsinstituts in Hamburg aufzeigt. Fortschrittlichen Arbeitgebern liegt die Erholung ihrer Beschäftigten am Herzen. Das Schweizer Bankhaus UBS beispielsweise schickt seine Mitarbeiter pro Jahr in einen mindestens zweiwöchigen Zwangsurlaub. Selbst die Führungsriege bleibt von dieser Regelung nicht verschont.
Ein langer Urlaub als Glücksfall: Manch ein Arbeitnehmer tut sich damit schwer. So errechnete das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung, dass allein 2004 rund 75 Millionen Urlaubstage verfallen sind. Im Schnitt ließ damit jeder Arbeitnehmer 2,2 Urlaubstage sausen. Führungskräfte taugen dabei nicht als Vorbild. Obwohl die Work-Life-Balance, also das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit, mittlerweile zum Standardwortschatz in Management-Kreisen gehört, machen viele Betroffene oft genug bei sich selbst eine Ausnahme. Nach Erhebungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) verzichten insbesondere höher Qualifizierte auf die vorgeschriebene Urlaubszeit.