Wenn es um die Barrierefreiheit von Smartphones und Tablets geht, leisten Apple, Google und ihre Ökosysteme Beachtliches. Sie haben das Potenzial, das Leben von Menschen mit eingeschränktem Hör- oder Sehvermögen geradezu verändern - und sind damit im Großen und Ganzen insgesamt viel wichtiger als jede beliebige Smartphone-Funktion, mit der wir unser Leben organisieren oder uns hier und da ein paar Sekunden sparen.
Diese beiden Bereiche müssen sich jedoch nicht gegenseitig ausschließen. Einige der interessantesten Zugänglichkeitsoptionen von Android sind so konzipiert, dass sie sowohl der Barrierefreiheit dienen als auch für weitaus banalere Produktivitätssteigerungen genutzt werden können. Hier ein paar Beispiele:
* In dem Artikel werden die Begriffe und Menüpfade für die Funktionen verwendet, wie sie bei einem Google Pixel 7 mit Android 13 zu finden sind. Auf Android-Geräten von anderen Herstellern wie beispielsweise Samsung werden die Funktionen teilweise anders bezeichnet und müssen anders angesteuert werden.
Feature Nummer 1: Erweiterte Sprachsteuerung
Android verfügt schon seit langem über leistungsstarke Systeme zur Steuerung des Smartphone per Sprache. Ein barrierefreier Dienst geht noch weiter und ermöglicht es Ihnen, nahezu alles auf Ihrem Gerät über Sprachbefehle zu steuern. Es handelt sich dabei um die Funktion Voice Access, die bei neueren Android-Versionen direkt im Betriebssystem integriert ist. Bei einem älteren Device müssen Sie die entsprechende App möglicherweise erst aus dem Google Play Store herunterladen und öffnen.
In jedem Fall sollten Sie die Voice Access-Einstellungen aufrufen können, indem Sie in den Systemeinstellungen Ihres Telefons nach dem Begriff Voice Access suchen.
Wenn Sie die App zum ersten Mal starten, führt Sie das System durch einige kurze Einrichtungsschritte. Sie erteilen die erforderlichen Berechtigungen, aktivieren einige Einstellungen, um sicherzustellen, dass alles so funktioniert, wie es sollte, und so weiter.
Es empfiehlt sich dabei, die Option "Mithörtaste" deaktiviert zu lassen und sich entweder auf die ständige Benachrichtigung zu verlassen oder - noch besser - einfach "Hey Google, starte Voice Access" zu sagen, um die Funktion zu starten.
Ist Voice Access einmal aktiviert, können Sie damit fast jede Aktion auf dem Smartphone per Sprachbefehl starten, also etwa
eine Entsperr-PIN eingeben
eine App öffnen
Nach oben/unten scrollen oder blättern
Ganz nach oben/unten gehen
Zum Startbildschirm zurückkehren
Benachrichtigungen anzeigen
Schnelleinstellungen anzeigen oder
Lauter, leiser oder stumm schalten. Sie können Voice Access auch anweisen, einen beliebigen Text, den Sie diktieren, einzugeben und dann erweiterte Bearbeitungsbefehle verwenden, z. B:
- Rückgängig machen
- Wiederholen
- Einfügen eines Satzes vor (oder nach oder zwischen) einem anderen Satz
- Ersetzen eines Wortes oder Satzes durch ein anderes Wort oder einen anderen Satz
- Großschreibung (oder Kleinschreibung) eines Wortes
- Einen bestimmten Text (oder den gesamten Text) auswählen
- Löschen
- von einem bestimmten Wort bis zu einem anderen bestimmten Wort löschen
- Die nächsten 10 (oder beliebig viele) Sätze löschen
Die Liste der Möglichkeiten ist endlos, eine Übersicht von Google finden Sie hier.
Feature Nummer 2: Futuristische Gesichtsgesten
Das nächste Android-Feature zur Barrierefreiheit ist fast schon unheimlich futuristisch. Es handelt sich um eine Option, mit der Sie Ihr Handy buchstäblich mit Ihrem Gesicht steuern können. So kann beispielsweise ein Blick nach links die typische Zurück-Geste auf Systemebene ersetzen. Ein Blick nach oben öffnet Ihre Benachrichtigungen . Und ein zaghaftes Heben der Augenbrauen könnte Sie zurück zum Startbildschirm bringen.
Aber es geht noch mehr: Sie können Ihrem Android-Smartphone sogar beibringen, die Schnelleinstellungen zu öffnen, wenn Sie den Mund öffnen, oder mit einem Grinsen auf die Übersichtsseite zurückkehren. Das Ganze funktioniert erstaunlich gut, vorausgesetzt, Sie haben ein Smartphone mit Android 12 oder höher.
Zur Einrichtung der Funktion suchen Sie in den Systemeinstellungen nach dem - im Deutschen etwas sperrigen Begriff "Schalterzugriff". Dort schalten Sie den Kippschalter neben "Switch Access" ein und folgen der Aufforderung, dem System "die vollständige Kontrolle über das Gerät zu geben". Keine Angst - es handelt sich um einen von Google entwickelten Dienst auf Systemebene, so dass Sie tatsächlich keinem Dritten Zugriff gewähren. Außerdem ist die Abfrage nur eine Formalität, die immer dann erscheint, wenn diese Art von Zugriff benötigt wird.
Als Nächstes tippen Sie auf "Einstellungen" und wählen dann als Schaltertyp den "Kameraschalter" aus.
Schauen Sie sich nun alle verfügbaren Optionen für Gesichtsgesten an und tippen Sie auf jede einzelne, um zu sehen, wie sie funktioniert und was Sie damit machene können. Das Setup ist etwas kompliziert. Am einfachsten ist es, einige der Gesten so einzustellen, dass sie die grundlegende Systemnavigation steuern - also Befehle, wie einen Schritt zurückgehen, zum Startbildschirm zurückkehren, die Systemübersicht öffnen und vielleicht auch die Benachrichtigungen und/oder den Bereich für Schnelleinstellungen öffnen.
Praktisch ist es auch, auf der Hauptseite der Einstellungen für den Schalterzugriff die Option Starten per Kurzbefehl auszuwählen. Damit können Sie das System so einstellen, dass es aktiv wird und auf Ihre Befehle wartet, wenn Sie beide Lautstärketasten gleichzeitig gedrückt halten, und dass es sich ausschaltet, wenn Sie die Tasten das nächste Mal drücken.