Unklare Haftung für gedruckte Erzeugnisse
Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage nach der Haftung für Erzeugnisse, die mittels additiver Verfahren hergestellt wurden. Wer hier letztlich die Verantwortung für Produktfehler zu tragen hat, wird die Gerichte noch länger beschäftigen. Lässt etwa ein Automobilhersteller bestimmte Fahrzeugteile von einem Zulieferer additiv fertigen und kommt es bei Verbrauchern zu Personen- oder Sachschäden, weil diese Teile der Belastung nicht standhalten, kann dies unterschiedlichste Ursachen haben, die sich nicht immer ohne weiteres ermitteln lassen werden.
Beispielsweise kann das Druckmaterial mangelhaft oder ungeeignet gewesen sein, vielleicht ist dem Zulieferer auch ein Fabrikationsfehler unterlaufen. Alternativ kann die Schadensursache aber auch auf einen Konstruktionsfehler im 3D-Modell des Originalherstellers oder auf einem fehlerhaften Einbau durch den sogenannten "Assembler" beruhen, der die Bauteile im Werk zum Endprodukt zusammengefügt hat. Damit sich der Zulieferer gegenüber einem Auftraggeber entlasten kann, wird er in Zukunft eine lückenlose Dokumentation des gesamten Herstellungsprozesses vom Eingang der Druckvorlage bis zur Auslieferung des fertigen Bauteils vornehmen müssen.
Der Auftraggeber muss seinerseits darauf achten, dass er die Risiken einer ausgelagerten digitalen Produktion mit Vereinbarungen zur Qualitätssicherung reduziert, die deren Besonderheiten berücksichtigen. Außerdem müssen additiv gefertigte Produkte wie alle anderen auch den geltenden Sicherheitsanforderungen entsprechen. Für besondere Erzeugnisse wie Arzneimittel und Medizinprodukte oder auch Spielzeug gelten zudem Spezialgesetze, die Verbraucher vor besonderen Gesundheitsgefahren schützen sollen.
Marktführer USA und China
Für die deutsche Wirtschaft eröffnet die additive Fertigung die Chance, sich einmal mehr als Technologievorreiter zu etablieren. Die Marktführerschaft in der additiven Fertigung und der Entwicklung neuer Anlagen und Verfahren haben derzeit allerdings die USA, wo die Obama-Administration Fördermittel in Milliardenhöhe bereitgestellt hat. Auch China verfolgt mit seinem nationalen Plan zur Förderung der additiven Fertigung ehrgeizige Ziele.
Damit Deutschland hier nicht den Anschluss verliert, bedarf es neben der Klärung der durch den 3D-Druck aufgeworfenen Rechtsfragen und der Schaffung neuer Normen beziehungsweise Qualitätsstandards vor allem eines konsequenten Ausbaus der IT- und Netzwerkinfrastruktur in Deutschland sowie sicherer Cloud-Dienste, bei deren Entwicklung der Kryptografie eine Schlüsselrolle zukommen dürfte. Wie schon die Expertenkommission in ihrem Gutachten (PDF) zu Forschung, Innovation und Technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2015 festgestellt hat, muss die Forschung in additiven Fertigungsverfahren stärker unterstützt und der interdisziplinäre Austausch zwischen verschiedenen Fachdisziplinen gefördert werden.
Erst wenn dies auf breiter Basis geschieht, kann die digitale Produktion ihr volles Potenzial in Deutschland und Europa entfalten und der 3D-Druck zur Jobmaschine werden. Noch ist nicht allen klar, dass die additive Fertigung zahlreiche Rechtsfragen aufwirft, die sich aller Voraussicht nach nicht mit den heute geltenden Gesetzen allein lösen lassen werden. Damit die Rechtslage mit der technischen Entwicklung Schritt halten kann und die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft nicht beeinträchtigt wird, bedarf es eines engen Austauschs der Unternehmen mit dem Gesetzgeber und der Politik, in die sich auch die Ingenieure, Justiziare und Rechtsanwälte einbringen sollten. (hv)