Chance und Gefahr zu gleich?

YOLO - You only live online

16.07.2015
Von 


Detlef Persin ist Inhaber des Weiterbildungs- und Consulting Unternehmens NAOS. Persin war über zwei Jahrzehnte in leitenden Managementfunktionen sowie als Mitglied der Geschäftsleitung bei DAX-30-Unternehmen aus der ITK-Branche beschäftigt. Als Certified DiSG Trainer legt er Wert auf die kaufmännische Machbarkeit und einen nachhaltigen Praxisbezug unter Einbezug des Change Managements.

Organisation der mobilen Arbeit

Ein Szenario das Philip K. Dick schon Anfang der 1950er Jahre des letzten Jahrhunderts in seiner Kurzgeschichte Service Call entwarf: Die Schwibbel (halborganische Maschinen, die fast jedermann im Besitz hat) kontrollieren unsere Einstellung und wir kontrollieren ihre Einstellung (...) ein geschlossener Kreislauf.
Dieses Gefühl darf bei den Mitarbeitern nicht aufkommen, wir müssen sie mit einem klaren persönlichen Nutzen in die neue digitale Arbeitswelt mitnehmen. Unternehmen sind in der Verantwortung, auch mit Change Management Programmen und Workshops, Mitarbeiter aller Hierarchiestufen und Altersgruppen auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten. Nicht nur anwendungstechnisch, sondern auch emotional. Ansonsten sind mentale Krankheiten und innere Kündigung vorprogrammiert. Es zeichnet sich bereits schon heute ab, dass Arbeit in Zukunft noch mehr in unsere Freizeit eindringen wird. Deshalb sind Regelungen und klare Betriebsvereinbarungen mit allen Akteuren des Themas mobiles Arbeiten zwingend notwendig. Die Revolution der geschäftlichen Anwendungen durch neue ITK- Möglichkeiten, besonders im mobilen Bereich berücksichtigt derzeit speziell bei Unternehmensanwendungen nicht die Evolution der Mitarbeiter! Arbeit entfernt sich nicht nur bei den Wissensarbeitern immer mehr vom Schreibtisch. Arbeits- und Freizeit wird fließend.

Mitarbeiter und Unternehmen müssen sich bewusst machen, auch bei mobiler Arbeit gilt das Arbeitszeitgesetz. Die Unternehmen und ihre Arbeitnehmer haben gemeinsam die Möglichkeit eine auf lange Sicht gesundheitsgefährdende Verhaltensweise zu begrenzen. Bei der Einführung von mobilen Arbeitsformen müssen vorab die Erwartungshaltungen beider Seiten abgeklärt werden. Einerseits die Anforderung der Unternehmen und auf der anderen Seite die Erholungsnotwendigkeit der Beschäftigten. Es muss allen Seiten klar sein, auch neue Arbeitsformen werden keine perfekte Balance zwischen Arbeit und Leben sein.

Wie sieht es derzeit zum Thema in den deutschen Unternehmen aus?

  • Von 45 Prozent der Arbeitnehmer wird erwartet, über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zeitliche Flexibilität zu zeigen.

  • 52 Prozent der Arbeitnehmer wird noch nicht zugestanden dass sie ihre Arbeitszeit frei gestalten - bei Erfüllung der Wochenarbeitszeit.

  • 26 Prozent bekommen vom Arbeitgeber keine Freiheit eingeräumt auf private Umstände schnell und flexibel zu reagieren.
    Quelle: Statista

Eine weitere Befragung, die dieses unterstützt, wurde innerhalb der Zielgruppe von Männer zwischen 18 bis 34 Jahren, die mit Kindern unter 18 Jahren im selben Haushalt leben (Generation Mobile) von MobileIron durchgeführt und ergab, dass die Vermischung von Arbeits- und Privatleben durch den Einsatz von Smartphones und Tablets bei der Mehrheit der Arbeitenden "moralisches Unbehagen" erzeugt.

  • 61 Prozent der Befragten haben ein schlechtes Gewissen wenn sie in der Freizeit arbeitsbezogene Mitteilungen bekommen

  • 58 Prozent fühlen sich schlecht, wenn sie private Mitteilungen während der Arbeit bekommen

Erste Anzeichen eines verantwortungsvollen Umgangs mit den mobilen Möglichkeiten zeigen sich bereits bei der Generation Y:

Handystapeln - eine neue Kultur der Digital Natives

Wenn man in einer Kneipe beisammensitzt, wird aus den Smartphones ein Stapel gebildet und wer der Erste ist, der vor der Auflösung der Runde sein Smartphone an sich nimmt um einen Anruf zu beantworten oder Soziale Netzwerke zu checken, der bezahlt eine Runde.

Die weltweite Lebenserwartung wird bis 2020 um ein halbes Jahr ansteigen. Nicht zuletzt durch die Nutzung sogenannter Wearables die als Uhr, als Datenbrille, oder direkt in der Kleidung getragen werden. In Kombination mit anderen Geräten und Systemen werden sie in Zukunft auch in Unternehmen eingesetzt und damit die Ergonomie beim mobilen Arbeiten verbessern. Weiterführend können solche Möglichkeiten auch für die Verbesserung der Mitarbeitergesundheit eingesetzt werden. Sei es um den Fitnesszustand der Mitarbeiter zu kontrollieren oder als Frühwarnsystem für eventuelle Krankheiten.

Der Autor mit Datenbrille
Der Autor mit Datenbrille
Foto: Detlef Persin

Der demographische Wandel wirft seine Schatten voraus

Die ersten Mitglieder der Generation Y, auch Generation Diva oder Digital Bohéme genannt, sind bereits in den Führungspositionen angekommen und werden uns kurzfristig folgende Fragen in der Praxis beantworten: Wer ist diese Generation Y und was erwartet sie? Besonders neue Co-working Konzepte werden für sie durch mobile Technologien reizvoll. Dabei stellt sich die Frage: »Werden sich zukünftig die Unternehmen anpassen - oder werden die Digital Natives sich anpassen?

Fazit

Weitere neue Herauforderungen werden sich aus dem Zusammenspiel zwischen Mitarbeitern und Kunden und auch zwischen Mensch und Maschine abspielen.

Entscheidend wird auf alle Fälle eine ganzheitliche, fördernde Unternehmenskultur sein die diese Komplexität der neuen Arbeitswelt weder vom Management noch von den Beschäftigten blockiert. In den digitalisierten und vernetzten Unternehmen der nahen Zukunft werden die Mitarbeiter die digitale Transformation immer mehr in ihre Arbeitswelt integrieren müssen. Auch Mittelstandsunternehmen müssen sich schon heute mit den Veränderungen und Konsequenzen der digitalen Transformation und den daraus resultierenden Veränderungen in der Arbeitswelt auseinandersetzen.

Die Digitalisierung der Unternehmen wird auch eine große Chance für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und einer maximalen Mitarbeiterzufriedenheit eröffnen. Sie ist nicht mehr aufzuhalten, denn die Entwicklungen der ITK-Branche und sowie der Berufseinstieg und -aufstieg der Generation Y unterstützen diesen Wandel.

Diesem folgend gibt es derzeit so gut wie keine Firmensoftware die nicht auch eine mobile Variante beinhaltet und die Einführung der Industrie 4.0 in Begleitung mit dem Internet der Dinge steht bereits vor der Tür. Durch die weltweite Vernetzung der Unternehmen und Produktionen wird eine sieben Tage / vierundzwanzig Stunden Arbeitsbereitschaft bei vielen Arbeitnehmern vorausgesetzt werden. Die Freizeit der Arbeitnehmer wird sich dadurch flexibler gestalten müssen. Auch hier muss ein verstärktes Augenmerk auf eine planbare und für Unternehmen und Mitarbeiter angemessene Arbeitszeit innerhalb der neuen Flexibilitä« gelegt werden. Internationale DAX 30 Konzerne gehen dabei schon einen großen Schritt voraus. Derzeit folgt auch der deutsche Mittelstand schrittweise dem Druck des internationalen Wettbewerbs. Dabei darf neben der technischen Entwicklung, parallel die Anpassung der Unternehmensorganisation und entsprechender Führungs-Skills auf allen Managementebenen nicht aus dem Fokus verloren werden. (bw)