Reality Check Cloud Computing

Wie Unternehmen Cloud-Storage nutzen

19.06.2012
Von 
Ariane Rüdiger ist freie Autorin und lebt in München.

Startups: Cloud-Storage ist der Normalfall

Für sehr kleine Unternehmen und vor allem auch für Startups liegt der Vorteil der Speicherung in der Cloud oft auf der Hand: Sie haben meist weder finanzielle Mittel noch große Umsätze, um eine aufwändige IT-Infrastruktur im eigenen Haus aufzubauen. Viele junge Firmen arbeiten zudem geografisch verteilt, müssen also permanent Daten und Informationen austauschen. Aufgaben, die stark regelgebunden erledigt werden müssen, wie etwa die E-Mail-Archivierung, überfordern solche Firmen schlicht organisatorisch.

Hier dürfte die Zukunft von Cloud-Diensten wie dem der Datev oder auch de-Mail gehören: Sie bieten den Kleinen einen Rundum-Service zu überschaubaren Kosten und sind allgemein anerkannt, meist auch in irgendeiner Weise zertifiziert.

Eine junge Firma, die bislang keine eigene Storage-Infrastruktur betreibt, ist der Wagnisfinanzierer HackFwd. Er beschäftigt zwar nur eine Handvoll Mitarbeiter, diese aber in immerhin fünf Ländern. Deshalb muss das Unternehmen Daten, auf die alle zugreifen sollen, ortsunabhängig und gleichzeitig sicher bereithalten. Dafür nutzt HackFwd den Service des deutschen Cloud-Storage-Dienstleisters CloudSafe aus Frankfurt, dessen Speicherressourcen seit rund anderthalb Jahren online sind.

„Bei uns lagern alle Daten in Deutschland und werden verschlüsselt“, sagt Roberto Valerio, Geschäftsführer Cloudsafe GmbH.
„Bei uns lagern alle Daten in Deutschland und werden verschlüsselt“, sagt Roberto Valerio, Geschäftsführer Cloudsafe GmbH.
Foto: CloudSafe

Roberto Valerio, Geschäftsführer von Cloudsafe, betreibt seine Cloud-Storage-Infrastruktur "im Terabyte-Bereich" in einem Frankfurter Rechenzentrum, und nur dort. Seine Kunden müssen daher nicht fürchten, dass ihre Daten irgendwann von amerikanischen Agenten durchforstet werden oder die Verantwortlichen in den Kundenfirmen juristische Probleme bekommen, weil ihre Datenhaltung nicht den europäischen Vorschriften entspricht. Außerdem werden alle Daten "im Cloudsafe" mit einem Public/Private-Key-Verfahren verschlüsselt.

"Wir haben uns von Anfang an auf Geschäftskunden konzentriert", sagt Valerio. Dabei gehe es vor allem um die Datenbereitstellung für mobile Nutzer und Backup-Lösungen für kleine Unternehmen. Außerdem offeriere man anspruchsvollen Privatkunden eine Alternative zu Lösungen wie Dropbox. Seine Kunden findet Cloudsafe derzeit vor allem unter kleineren Firmen in den Branchen IT, Technik und Finanzen. Aber auch Großunternehmen seien interessiert; derzeit realisiere man eine Storage-Lösung mit 300.000 Arbeitsplätzen für ein Mobilfunkunternehmen, das diese dann seinen Kunden anbieten will.

Social Games in der Cloud

Die Daten von Social Games wie Monsterworld speichert Wooga schon immer in der Cloud.
Die Daten von Social Games wie Monsterworld speichert Wooga schon immer in der Cloud.
Foto: Wooga

Wie selbstverständlich Cloud-Storage sein kann, wenn man dem Web vertraut oder es gar zur Geschäftsgrundlage macht, beweist das Berliner Unternehmen Wooga, das Social Games entwickelt. Die Spiele werden geografisch verteilt auf Facebook oder anderen Online-Plattformen gespielt, ohne das Internet läuft also nichts. Wooga wurde 2009 gegründet und beschäftigt bereits 150 Mitarbeiter aus 28 Nationen.

Angesichts der konsequenten Internet-Orientierung ist es nachvollziehbar, dass die Firma auch die IT vollständig ins Web verlagert hat. Genutzt werden sowohl SaaS-, und PaaS- als auch IaaS-Storage-Dienste. Die Quellcodes der Spiele werden beim Web-Hoster GitHub gespeichert. Mit einem Monitoring-Tool kann Wooga direkt die Abrufzahlen überwachen oder Spiele aus der Cloud abrufen. Die Arbeitsdaten aus den Büroprogrammen lagern in Google Apps. Amazon Web Services und der Dienstleister Hetzner Online stellen die Infrastruktur, um einige Spiele, Spieldaten und Datenbanken zu speichern. Server oder größere Storage-Systeme gibt es in den Wooga-Büros nicht.

"Wir nutzen die Cloud wegen der schnellen Skalierung und der enormen Ressourcen, die dort immer und von überall her verfügbar sind", sagt Sina Kamala Kaufmann, Head of Communications and Partnerships bei Wooga. "Außerdem wollen wir uns auf das Entwickeln von Social Games fokussieren, nicht auf die Administration eines Rechenzentrums. Wenn wir Autos bauen würden, würden wir uns auch nur um unser Produkt kümmern."

„Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft statt auf RZ-Verwaltung. Wenn wir Autobauer wären, würden wir auch vor allem Autos bauen.“ Sina Kaufmann, bei Wooga verantwortlich für Kommunikation und Partnerschaften.
„Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft statt auf RZ-Verwaltung. Wenn wir Autobauer wären, würden wir auch vor allem Autos bauen.“ Sina Kaufmann, bei Wooga verantwortlich für Kommunikation und Partnerschaften.
Foto: Wooga

Folgerichtig gibt es im Unternehmen auch keinen CIO, sondern einen CTO, der sich auch um das Kerngeschäft kümmert. Negative Erfahrungen mit Cloud-Anbietern hat Wooga noch nicht gesammelt. Insofern eröffnet die junge Firma aus Berlin vielleicht einen Blick in die informationstechnische Zukunft vieler Unternehmen. Analysten halten das nicht für unwahrscheinlich. "Cloud Storage wird sich auf mittlere Sicht im breiten Markt durchsetzen", erwartet Karsten Leclerque vom Marktanalyse- und Beratungshaus PAC (Pierre Audoin Consultants) in München.