High Potentials haben meist mehrere Angebote in petto. Sie können frei wählen, bei wem sie sich auf ein Kennenlernen einlassen. Eine gute Willkommenskultur kann den entscheidenden Unterschied machen. Wie es einem Mitarbeiter in den ersten Tagen ergeht, auch Onboarding-Experience genannt, spricht sich in Windeseile herum.
Dabei fand die Society for Human Resource Management (SHRM) heraus: 15 Prozent aller neuen Mitarbeiter sind bereits am ersten Arbeitstag so entsetzt über das, was sie erleben, dass sie sofort wieder gehen möchten. Vor allem die besten Talente setzen dies dann auch zügig in die Tat um. Für die betroffenen Unternehmen ein herber Verlust an Knowhow, Zeit und Geld. Der Recruiting-Prozess beginnt wieder von vorn.
Damit das gar nicht erst passiert: Setzen Sie sich mit jedem einzelnen Interaktionspunkt einer Onboarding-Journey, also mit all dem, was zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses passiert, intensiv auseinander. Ziel ist es, den gemeinsamen Start reibungslos hinzubekommen und zudem die Einführung in den Job und das Team so ansprechend wie möglich zu machen, damit der/die Neue nicht nur seine Stelle antritt, sondern auch gerne im Unternehmen bleibt.
Onboarding: Die alte und die neue Business-Welt
Sehen wir uns hierzu ein konkretes Beispiel an. Zu Wort kommt der Jungautor Alex T. Steffen, Jahrgang 1990: Mein Studienfreund Jens nahm vor kurzem ein Jobangebot bei einer namhaften Unternehmensberatung im Bereich "Digital" an. Zur gleichen Zeit sagte Anna, eine gute Bekannte, auf eine Jobofferte bei Facebook zu. Beide zogen für ihren neuen Arbeitgeber von Wien nach Berlin.
Jens' Vorgesetzter meldete sich vier Wochen vor Arbeitsbeginn einmal per E-Mail. Hauptinhalt der Mail war die Empfehlung von zwei Büchern als Vorbereitungslektüre. Die Beratungsfirma half Jens nicht bei der Wohnungssuche. Eine finanzielle Unterstützung für den Umzug bekam er ebenfalls nicht. Dabei kann der Stress, der mit dem Umzug in ein anderes Land verbunden ist, ganz gehörig sein. Es wäre also im eigenen Interesse, dem Neuankömmling etwas unter die Arme zu greifen.
Anna wurde von Facebook Unterstützung bei der Wohnungssuche angeboten, und der komplette Transport ihrer Besitztümer wurde bezahlt. Das Resultat: In den Wochen vor Jobbeginn muss sich Anna nicht mit diesen Unannehmlichkeiten befassen. Stattdessen kann sie ausgeglichen und gut vorbereitet in den neuen Job starten.
Doch das wirklich beeindruckende ist die Kultur in Annas neuem Team. In den Wochen vor Arbeitsbeginn bekam sie zahlreiche persönliche Willkommensnachrichten. Die zukünftigen Kollegen drückten Anna ihre Freude aus und boten Unterstützung bei Annas Eintreffen in der neuen Heimat an. Annas Vorfreude war entsprechend hoch, ein Garant für gute Arbeitsqualität gleich von Beginn an.
Onboarding-Journeys im Workshop entwickeln
Prototypische Onboarding-Journeys für verschiedene Berufsgruppen oder Einstellungssituationen können sehr gut in eintägigen Workshops entwickelt werden. Kollegen, die selbst erst vor kurzem eingestellt wurden, sollten unbedingt daran teilnehmen können. Auch Azubis sind bestens geeignet. Sie haben mehr oder weniger jeden Bereich eines Unternehmens kennengelernt. Und sie sind noch nicht blockiert durch Bereichsscheuklappen und eingespielte Prozesse.
Am besten beginnt man mit einer Listung von Begebenheiten, die in einem guten Onboarding-Prozess ganz gewiss nicht passieren dürfen. Anschließend wird eine prototypische Onboarding-Journey entwickelt. Diese wird optisch wie eine Reiseroute dargestellt. Chronologisch zeigt sie die einzelnen Phasen und Interaktionspunkte, auch Touchpoints genannt. Vor allem aber zeigt sie auch das, was ein neuer Mitarbeiter dabei so alles erlebt und wie er sich dabei fühlt: enttäuscht, okay oder begeistert.
Beim Dokumentieren einer Onboarding-Journey wird, wie bei einer Collage, auch gemalt und geklebt. Ausgewählte Geschichten, beispielhafte Meinungen, Hinweise auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen und tatsächliche Vorkommnisse werden angeheftet. Enttäuschungs- und Begeisterungsfaktoren werden gelistet. Dont's und Dos werden benannt. Wichtige Einstiegs- und Ausstiegspunkte werden hervorgehoben.
Im Anschluss wird eine Prioritätenliste der zu bearbeitenden Touchpoints erstellt. Nach der vorbehaltlosen Erfassung der jeweiligen Ist-Situation wird eine gewünschte oder notwendige Sollsituation definiert und ein Maßnahmenplan hierzu entwickelt. Dieser wird in den angepeilten Zeitlinien zügig umgesetzt. Im Anschluss daran wird das Ergebnis anhand passender Messgrößen geprüft und dokumentiert.