"Je kleiner das Modell, desto effizienter"
Da Ihre LLMs in der Cloud, respektive in Colocation-Einrichtungen betrieben werden - welche Bedenken haben Sie, wenn es um die Punkte Security und Datenschutz geht?
Malhotra: Datenschutz und Sicherheit hatten für uns von Anfang an Priorität. Schließlich sind alle Märkte, die wir bedienen, diesbezüglich sehr sensibel - und unsere Kunden haben in diesem Bereich wiederum Verpflichtungen gegenüber ihren eigenen Kunden. Deswegen haben wir Security und Datenschutz in allen Phasen unseres Development-Prozesses integriert.
Auch an dieser Stelle kommen die Bausteine unserer Plattform ins Spiel: Sie gewährleisten auch, dass die Anforderungen an Datenhoheit und Datenschutz erfüllt werden. Wenn unsere Entwickler also unsere GenAI-Plattform nutzen, sind diese Bereiche bereits integriert - und zwar 'by design'.
Wie haben Sie Ihre die Mitarbeiter aus Technologie und Business in Sachen GenAI-Nutzung geschult?
Malhotra: Change Management ist für uns mindestens ebenso wichtig wie für unsere Kunden. Deshalb haben wir ein grundlegendes KI-Training für alle unsere Mitarbeiter entwickelt. Diese Schulungen haben wir zusammen mit unseren Data-Science- und Technologieexperten entworfen und auf ein breites Publikum ausgerichtet. Hier werden die Grundlagen vermittelt, um unsere Kunden optimal bedienen zu können. Zusätzlich haben wir dann noch spezielle Weiterbildungsprogramme für bestimmte Unternehmensbereiche entwickelt.
In unserer Dev-Abteilung haben wir zum Beispiel ein deutlich umfassenderes KI-Programm speziell für unsere Entwickler aufgesetzt. Die Inhalte sind naturgemäß deutlich tiefgehender als bei der Grundlagenschulung. Dabei tracken wir auch die Fortschritte der einzelnen Teammitglieder, um sicherzustellen, dass alle das gesamte Programm durchlaufen.
Für andere Bereiche unseres Unternehmens haben wir andere Schwerpunkte gesetzt. Was ein Vertriebsmitarbeiter beim Kunden über KI wissen muss, wird sich von dem unterscheiden, was ein Entwickler wissen muss. Letztlich kommt es aber vor allem darauf an, dass beide am Ende die für sie erforderlichen Kenntnisse besitzen. Darum investieren wir viel in Schulung und Karriereentwicklung."
Wie hoch sind Kosten, Performance-Anforderungen und Zeitaufwand, um eine KI-Plattform wie die von Thomson Reuters aufzubauen? Bauen Sie Ihre eigenen großen Sprachmodelle auf?
Malhotra: Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein KI-Modell zu trainieren. Die größten Modelle werden von Anbietern erstellt, die die Zeit und die Ressourcen investieren können. Das ist etwas, was wir nicht selbst bauen würden. Wir experimentieren mit solchen Modellen von der Stange, aber auch mit eigenen, kleineren KI-Modellen. Auch an dieser Stelle gilt: Es wird auch in Zukunft kein LLM in Einheitsgröße geben, das für alle passt.
In meiner Zukunftsvision verwenden wir künftig je nach Kundenproblem eine andere Art von KI-Modell. Ich gehe davon aus, dass unsere Inhalte und unsere Expertise es uns ermöglichen werden, mit maßgeschneiderten KI-Modellen etwas Einzigartiges, Werthaltiges für unsere Kunden auf die Beine zu stellen. Für uns besteht der Sweet Spot dabei darin, das kleinste Modell zu finden, das die beste Antwort auf das Problem des Kunden bietet. Denn je kleiner das Modell, desto effizienter ist es in vielerlei Hinsicht - beispielsweise mit Blick auf Laufzeit und Kosten.
In Ihrer strategischen Ankündigung Ende 2023 sprachen Sie von einer mehrjährigen Strategie. Wie sieht die Zukunft bei Thomson Reuters aus?
Malhotra: Ich denke, wir werden in Zukunft noch schneller Produkte liefern können. Zudem wollen wir die Geschwindigkeit, mit der wir neue KI-Features entwickeln und integrieren, weiter erhöhen. Deshalb war die Investition in die Basisplattform auch so wichtig. Das wird uns für die Zukunft einen entscheidenden Vorteil verschaffen." (fm)
- Andreas Schneider, IBM
„KI ist nur so gut wie die Daten, die sie füttert. Unternehmen benötigen daher eine AI- und Data-Plattform, um Modelle möglichst kontextspezifisch und kollaborativ zu trainieren, zu validieren und zu deployen. Gleichzeitig darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, alle Beteiligten auch abzuholen. Dass Veränderungen, beispielsweise durch die Automation von Geschäftsprozessen, nicht immer auf Begeisterung stoßen, ist völlig menschlich. Soziale Aspekte und Ängste muss man deshalb genauso berücksichtigen wie Technologie und eine umfangreiche Governance von KI-Modellen.“ - Daniel Hummel, KI Reply
„Es reicht nicht aus, lediglich theoretisch über KI-Lösungen zu diskutieren und sie zu skizzieren. Stattdessen sollten wir diese Lösungen mithilfe von Mockups simulieren, um ihren Nutzen und ihre Machbarkeit besser zu verdeutlichen. Dank der neuesten Fortschritte in der KI können wir sie schnell in Proof-of-Concepts (PoCs) umwandeln. Dies eröffnet uns die Möglichkeit, sofort auf Veränderungen zu reagieren und den nächsten Schritt in Richtung Realisierung zu gehen. Für mich ist es von zentraler Bedeutung, die uns zur Verfügung stehenden Modelle bestmöglich zu nutzen. Damit können wir in Deutschland eigenständige Innovationen vorantreiben, anstatt die Lösungen anderer zu adaptieren.“ - Michael Koch, Lufthansa Industry Solutions
„Die Nutzung von KI bringt bereits heute viele Vorteile, wir müssen den Umgang damit aber noch erlernen. Die Vision: Wir sollten KI wie ein Flugzeug verwenden. Denn auf dem Weg in den Urlaub vertrauen wir der Technik und machen uns keine Gedanken darüber, wie zum Beispiel ein Triebwerk funktioniert. Der Weg ist sicherlich noch weit, aber mit den derzeit verfügbaren Sprachmodellen und KIs können wir schon heute einfach und verlässlich gewinnbringende Lösungen entwickeln, die aktuelle Sicherheits- und Datenschutzvorgaben berücksichtigen. Eine gute Lösung sollte verwendet werden, egal welche KI im Einsatz ist. Voraussetzung dafür ist, dass sie alle ethischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen im Sinne einer Trustworthy AI und des EU-AI-Acts einhält." - Christian Eckstein, MVTec Software
„Der Anteil von KI in Bildverarbeitungssystemen ist niedriger, als man vielleicht vermuten würde. Und das hat einen einfachen Grund: Die Modelle, die unsere Kunden selbst trainieren, müssen lokal ausgeführt werden. Die Idee, dass der Anlagenbetrieb von einer Internetverbindung oder einer Cloud abhängt, ist sehr absurd in der Industrie. Auch, dass Bilddaten von Fehlerteilen zum Beispiel nach aussen geschickt werden, ist für die meisten undenkbar. Weil die Modelle lokal ausgeführt werden, braucht es eine entsprechende Hardware. Eine GPU, die in der Fertigung gekühlt werden muss – auch das ist schwierig. Und schließlich ist KI für die meisten Anwendungen der Bildverarbeitung zu langsam. Die Inspektion von Folie zum Beispiel, die mit zig Metern pro Sekunde durch die Anlage läuft – da käme kein Modell hinterher.“ - Björn Ständer, Oracle
„Ein breites Einsatzgebiet für KI gibt es heute schon im Bereich Gesundheitswesen. Die Kombination aus supervised and unsupervised Leaning erschliesst neue Möglichkeiten im Bereich Diagnose und Behandlung. Dabei werden z.B. Messdaten von Smart Devices mit Modellen von Digital Twins kombiniert, um Erkenntnisse für eine Früherkennung oder neue Behandlungsmethoden zu gewinnen. Der Einsatz anonymisierter Bilderkennung unterstützt das Krankenhauspersonal beim Monitoring von Patienten und alarmiert Pflegekräfte über kritische Situationen – durch eine intelligente Automatisierung mit KI kann das Personal von Routinetätigkeiten entlastet werden – in Zeiten von Fachkräftemangel und steigendem Kostendruck dient der Einsatz von KI dem Wohl Patienten als auch der Kostenoptimierung des Providers.“ - Alexander Siebert, Retresco
„Mit ChatGPT haben wir zum ersten Mal eine White Collar Revolution. Vorher waren es die Kuka-Roboter, welche die Blue Collar Worker in den Fabriken bedroht haben. Nun sind plötzlich die Kreativprozesse betroffen, was Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Sowohl intern, weil die Marketing-Abteilungen um ihre Jobs fürchten, andererseits aber damit arbeiten müssen, um effizient zu bleiben. Aber auch von außen, weil plötzlich eine ganz andere Wettbewerbssituation gegeben ist. Mit KI-Sprachmodellen können kleine 1-Personen-Betriebe viel leichter Geschäftsmodelle aufbauen, welche sehr schnell herkömmliche Angebote bedrohen können.“ - Johannes Bohnet, Seerene
„Selbst vergleichsweise einfache Softwareprojekte entziehen sich durch ihre im wahrsten Sinne des Wortes übermenschliche Komplexität einem holistischen menschlichen Verständnis und damit der strategischen Steuerung durch menschliche Akteure. Seerene nutzt KI einerseits, um aus den Daten, die in den Software-Entwicklungsabteilungen bereits vorhanden sind, die Sichtbarkeit von Software-Produktionsprozessen bis hin zur Managementebene zu erreichen. Zum anderen setzen wir AI direkt in der Software-Entwicklung ein, um Vorhersagen treffen zu können, wo aus den Tätigkeiten heraus eine zukünftige Gefahr besteht, dass dort Fehlerquellen in den Code gelangen könnten.“
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.