Zum Einstieg eine Zahl, die beeindruckt: Als Personalgeschäftsführer Timm Funke vor vier Jahren beim mittelständischen SAP-Beratungshaus Mindsquare in Seelze anfing, erhielt die rund 120 Mitarbeiter starke Firma ungefähr 200 Bewerbungen im Jahr. Die Kandidaten waren in erster Linie auf eine Anzeigenschaltung in einem der großen Jobportale aufmerksam geworden. Heute sind es 4000 Bewerbungen, die sich aus unterschiedlichsten Kanälen speisen und durch ein breites Spektrum an Recruiting-Aktivitäten ausgelöst werden. Aus all diesen Maßnahmen resultierten im vergangenen Jahr 33 Einstellungen, dieses Jahr sollen es 51 werden.
Funke hat die Recruiting-Maschine angeworfen und ist auf breiter Front auf Mitarbeitersuche gegangen, zumal es dem Unternehmen sehr gut geht und es dringend Personal benötigt. Mindsquare ist in den vergangenen beiden Jahren um rund ein Drittel gewachsen, und der Business-Plan sieht vor, dass es auch in den nächsten drei Jahren so weitergehen soll.
Ausschließlich Informatiker mit Soft Skills werden eingestellt
Neben der Unternehmensgröße und dem Standort gibt es ein Detail, das die Mitarbeitersuche zusätzlich erschwert: Timm Funke stellt nur Informatiker ein, gerne auch sogenannte Bindestrich-Informatiker - also solche mit Betriebswirtschafts-Know-how. Er versichert selbst nach mehrmaligem Nachhaken, dass er in diesem Punkt keine Kompromisse eingeht. Auch ein nachweislich genialer Ingenieur oder sonstiger Quereinsteiger mit bestem SAP-Know-how habe keine Chance, bei Mindsquare zu beginnen. Mit diesem Pfund wuchern die Ostwestfalen bei ihren Kunden - und dort kommt das gut an.
Der Informatikabschluss als solcher reicht indes nicht aus, um eingestellt zu werden. Wie überall und erst recht in der Beraterwelt spielen die Soft Skills eine wichtige Rolle. Vor allem dann, wenn man sich wie Mindsquare das Firmenmotto "Freunde statt Kollegen" verordnet. Jeder Neuling muss vor allem gut ins Team passen. Um herauszufinden, ob die Interessenten das tun, organisiert das Beratungshaus einen Bewerbertag mit Abendprogramm. Hier spielen die Kandidaten mit den Mitarbeitern und Führungskräften Paintball oder Lasertag. Die Bewerber gewinnen einen ersten Einblick in die Kultur, die durch viele gemeinsame Aktivitäten geprägt ist. Umgekehrt schauen sich die Manager die Eingeladenen ganz genau an. Will ein Kandidat nicht am Abendprogramm teilnehmen ("Ich bin müde", "Ich spiele nicht gerne"), hat er einen großen Minuspunkt. Aus Firmensicht zeige das, dass er nicht bereit sei, sich auf andere Personen einzulassen, und sich wohl auch in Zukunft nicht mit dem Motto "Freunde statt Kollegen" anfreunden werde.
SAP-Workshops, LAN-Partys und 14.000 Xing-Kontakte
Funke muss, wie er sagt, "aus allen Rohren feuern", um seine künftigen Mitarbeiter, die dem hohen Qualitätsmaßstab gerecht werden, zu finden. Das beginnt bei klassischen Recruiting-Maßnahmen wie dem Engagement auf Hochschulkontaktmessen. In vier Universitäten engagiert sich Mindsquare intensiver. Es sind vor allem solche, in denen führende Mitarbeiter studiert haben, die nun den Kontakt zu ihrer einstigen Bildungsstätte wieder aufgenommen haben. Die Aktivitäten reichen von Infotagen, Betreuung von Hochschulabschlussarbeiten über SAP-Workshops bis hin zu LAN-Partys. "Wer solche Aktivitäten ernst nimmt, braucht einen langen Atem", warnt Funke. Ein schneller Erfolg stelle sich mit diesen Maßnahmen nicht ein.
Die besten Erfolge verzeichnet der engagierte Manager über das "Active Sourcing", wie einer der neuen Trendbegriffe unter Personalern lautet. Das heißt, das Unternehmen macht sich selbst auf die Suche nach Kandidaten und spricht sie im Netz direkt an. Dafür hat Funke eigens zwei Mitarbeiter eingestellt. Selbst hat er 14.000 Xing-Kontakte und ist auch sonst im sozialen Netz sehr aktiv. Er beteiligt sich in diversen Foren, in denen sich Absolventen tummeln, und gibt dem IT-Nachwuchs Nachhilfe in Sachen Karriere.
Ein Pluspunkt sei auch die erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb "Great Place to Work", der die besten Arbeitgeber ermittelt. Die Hälfte der Bewerber, die zu Mindsquare kommen, geben an, dass diese Auszeichnung ein zusätzlicher Grund sei, im Unternehmen anzuheuern.