FC Bayern, Star Trek, Schambach

Wie ein CIO, ein Astronaut und ein Gründer eine Konferenz aufmischten

25.09.2015
Von Florian Kurzmaier
Deutschlands beste Cloud-Projekte und Big-Data-Lösungen sind gekürt. Doch nicht nur großartige Projekte, auch spannende Keynotes sorgten für beste Unterhaltung - und eine elementare Erkenntnis: „Die Physik lässt sich nicht bescheißen.“

Es ist Donnerstagmorgen, 17. September 2015, 9.30 Uhr im IDG Konferenzzentrum. Das Plenum von Best in Cloud und DATA+ ist zum Bersten gefüllt, später kommende Teilnehmer drängen sich im Eingangsbereich, müssen stehen. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Gastgeber Michael Beilfuß (Verlagsleiter der IDG Business Media GmbH und Mitglied der Geschäftsleitung) und einer Einführung durch die Moderatoren Heinrich Vaske (Chefredakteur der COMPUTERWOCHE) und Martin Bayer (stellv. Chefredakteur der COMPUTERWOCHE) heißt es auf der Bühne zum Start eines langen und voll gepackten Konferenztages: Mia san mia.

Michael Fichtner (CIO des FC Bayern), Stephan Schambach (Gründer von Intershop und Demandware) sowie Professor Ulrich Walter (re., deutscher Astronaut und Ordinarius für Raumfahrttechnik) sprachen bei Best in Cloud und DATA+.
Michael Fichtner (CIO des FC Bayern), Stephan Schambach (Gründer von Intershop und Demandware) sowie Professor Ulrich Walter (re., deutscher Astronaut und Ordinarius für Raumfahrttechnik) sprachen bei Best in Cloud und DATA+.

Michael Fichtner, CIO des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München, betritt die Bühne der COMPUTERWOCHE für seine Eröffnungskeynote. Es geht dabei primär um die beeindruckende Digitalisierungsstrategie des Clubs, die Rolle von Cloud Computing und Big Data für die Expansion des FC Bayern nach Asien und Nordamerika. Kein Zweifel: Die IT ist die treibende Kraft des größten deutschen Fußballclubs auf dem Weg zur Weltmarke.

IT darf den Wert einer Marke nicht beschädigen

Fichtner beginnt seinen Vortrag nicht etwa mit der Trophäensammlung von Bayern München, sondern mit einem emotionalen Video. Es zeigt die Geschichte des FC Bayern und seine lokale Verwurzelung mit München und Umgebung. Wurzeln, die trotz der zunehmenden Internationalisierung gepflegt werden wollen, stellen sie doch das Fundament der Weltmarke dar.

Dass der FC Bayern seine Mitglieder lange Jahre mit Papier-Workflows verwaltet hat, erscheint angesichts der inzwischen 251.000 Mitglieder wie ein Märchen aus längst vergangenen Zeiten. Der Verein hat seine Mitgliederverwaltung heute vollständig digitalisiert und zu großen Teilen automatisiert. Fichtner ergänzt: "251.000 Mitglieder zu verwalten ist anders gar nicht mehr möglich heute." Ähnliches gilt auch für die Verwaltung der etwa 3700 weltweiten Fanclubs mit ihren 295.000 Mitgliedern.

"Die Hauptaufgabe der IT es dafür Sorge zu tragen, dass IT den Markenwert nicht beschädigt", sagte FC-Bayern-CIO Michael Fichtner.
"Die Hauptaufgabe der IT es dafür Sorge zu tragen, dass IT den Markenwert nicht beschädigt", sagte FC-Bayern-CIO Michael Fichtner.
Foto: Foto Vogt GmbH

Insgesamt kommt der FC Bayern weltweit auf über 400 Millionen Fans, die für fünf bis sieben Millionen Unique Visits auf der mittlerweile in 8 Sprachen verfügbaren Website sorgen und das clubeigene FCB.tv in über 80 Ländern konsumieren. "Die Internationalisierung", so Fichtner, "ist einer der absoluten Treiber der IT." Im Zuge der IT-seitigen Neuausrichtung des Vereins sollte die Systemlandschaft des Clubs, die aus über 52 Systemen mit vielen Redundanzen und Inkonsistenzen bestand, konsolidiert werden. Im Mittelpunkt: Die zentrale Verwaltung der Kundendaten, eine einheitliche Plattform für die Anwendungslandschaft, Hochverfügbarkeit im Betrieb der Anwendungen und die Schaffung einer durchgängigen Lösung für den sportlichen Bereich. Eine große Herausforderung, die vor dem Hintergrund einer so einfachen, wie strikten Maxime durchgeführt wurde: "Die Hauptaufgabe der IT ist es dafür Sorge zu tragen, dass IT den Markenwert nicht beschädigt", so Fichtner. "Ich stehe nächstes Jahr nicht hier, wenn von heute bis zur nächsten Veranstaltung in der Zeitung steht, dass Hacker bei uns in die Systeme reingekommen sind und Kreditkartendaten entwenden konnten. Das ist das Worst-Case-Szenario für uns im Unternehmen."

Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen hat die IT des FC Bayern die Systeme in nur 11 Wochen auf die HANA Enterprise Cloud migriert. Am Ende stehen nicht nur eine wesentlich verbesserte Skalierbarkeit, sondern auch Performance-Vorteile. Hinzu kommt, dass den Entscheidungsträgern im Club eine praktische Lösung für mobile Endgeräte zur Verfügung gestellt werden kann, in der Live-Telemetrie zum Füllstand des Parkhauses der Allianz Arena, der Auslastung des Stadions und des Stehplatzbereiches sowie der aktuellen Umsatzentwicklung der gastronomischen Services angezeigt werden kann. So lassen sich nicht nur monetäre Aspekte steuern, sondern auch der An- und Abreiseverkehr oder sicherheitsrelevante Aspekte wie die Auslastung der Südkurve.

Und auch für die Administration rund um die Mannschaft, die Planung von Trainings, Behandlungen oder Dopingkontrollen, das Scouting und die Spielanalyse kommen integrierte Lösungen zum Einsatz. Welchen Wert diese Daten dann in der Realität haben, veranschaulichte Fichtner mit einem Zitat. Am Vorabend vor der Veranstaltung konnte Thomas Müller beim Auftaktspiel der diesjährigen Champions-League Saison bei Olympiakos Piräus mit einer krummen, verunglückten Halbfeldflanke das Siegtor für den FC Bayern erzielen. ZDF-Reporter Bela Rethy sagte dazu nach dem Spiel: "Da kann sich Bayern München noch so viel mit Spielanalysen, Deckungsschatten oder Ballkontrolle auseinandersetzen - dann schießt der Müller einfach so ein komisches Tor." Das sind dann die Grenzen der IT.