Der Fehler liegt im System, nicht in der Software
Die Ernüchterung von Finanzvorständen und etwaigen Lenkungsausschüssen ist in solchen Fällen groß und nachvollziehbar. Es liegt nahe, die Fehler bei der Software zu suchen. Sie liegen aber woanders - im "System Mensch", das den Zielen durch Handeln entgegenwirkt.
Dass solche Szenarien nicht nur Einzelfälle sind, belegen aktuelle Zahlen. Nur in rund dreißig Prozent der Projekte werden die vorgegeben Verbesserungen tatsächlich realisiert, eine fast schon erschreckend niedrige Zahl. Es gilt also, dem Management auf die Sprünge zu helfen, denn die Technik schafft es nicht allein, Erfolge herbeizuführen.Um nach einer Software-Einführung die gewünschten Fortschritte zu erreichen, müssen die Unternehmen methodisch vorgehen, nicht nur technisch. Dabei gilt es, drei Punkte zu beachten:
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Die Einführung einer Software ist nur die halbe Miete. Der erwartete Nutzen ist in konkrete Maßnahmen zu übersetzen. Nehmen wir als Beispiel die beabscihtigte Senkung der Bestände; hier wäre es sinnvoll, nach der Stabilisierungsphase beispielsweise die Sicherheitsbestände sukzessive um zehn Prozent zu verringern. Solche Maßnahmen sollten gerade dann definiert und umgesetzt werden, wenn die aktuelle Effizienz der Prozesse als "gut" zu bewerten ist. Das Unternehmen verlässt damit bewusst seine "Komfortzone".
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Als Konsequenz daraus müssen die Unternehmen alle relevanten Prozesse und Abläufe kontinuierlich auf deren Effizienz prüfen. Hierzu müssen sie geeignete Kennzahlen (Key Performance Indicators) definieren. So wird gewährleitet, dass die definierten Maßnahmen nicht über das Ziel hinausschießen. Eine Senkung der Rohstoffbestände sollte schließlich nicht dazu führen, dass die Produktion unzureichend versorgt wird und sich das Unternehmen statt in eine Trainings- in eine Panikzone manövriert.
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Für die Koordination der Maßnahmen sollte das Projekt-Management verantwortlich zeichnen. Nur "in time, in quality and in budget" reicht bei einer Softwareeinführung eben nicht aus. Geht es daum, die Maßnahmen durchzusetzen, so ist das lokale Management (Werk, Vertriebsniederlassung, Distributionszentrum) in der Pflicht. Es muss die Verantwortung annehmen und so zum wirtschaftlichen Gelingen des Vorhabens beitragen. Das ist nur gerecht, denn die Verbesserungen fallen ja auch in diesem Bereich an, beispielsweise bei der Material-, Termin- oder Kapazitätsplanung.
- Ratgeber Projekt-Management
Selten sind es äußerliche Faktoren wie schlechte Beratung, die die Einführung eines Projekt-Management-Tools zum Scheitern verurteilen. Viel eher liegen die Fehler im Unternehmen selbst. Zu hohe Erwartungen an das Werkzeug, zu wenig Know-how oder politische Grabenkriege verhindern den Erfolg der Implementierung. - Tool ersetzt Methode
Es ist eine Binsenweisheit, dass erfolgreiches Projekt-Management weit mehr ist als nur die Einführung eines PM-Tools. Doch obwohl zu erwarten wäre, dass dies hinlänglich bekannt ist, denken viele Verantwortliche noch immer, mit der Implementierung eines modernen Werkzeugs hätten ihre Projektleiter alles zur Hand, was sie für ihre Arbeit brauchen. Schließlich beherrschen die Projektleiter ihr Geschäft, und moderne Tools unterstützen sowieso die meisten bekannten PM-Methoden. - Methode und kein Ende
Auch der umgekehrte Fall lässt sich beobachten: Es gibt viel Methode, aber noch kein adäquates Werkzeug. Offenbar herrscht bei einigen Beratungsansätzen die Philosophie vor, dass zuallererst sämtliche Prozesse und Methoden gründlich erarbeitet werden müssen. Erst wenn diese stehen, kann das dazu passende Tool ausgewählt werden. - Ein aufgezwungenes Tool
Neben der Frage, wann ein Tool ins Spiel kommt, sollte auch betrachtet werden, wer eigentlich über ein neues System entscheidet. Projekt-Management-Werkzeuge betreffen mehrere Rollen im Unternehmen, die Entscheidung darüber wird somit auf Management-Ebene getroffen - meist von der IT-Leitung. Eine recht häufig anzutreffende Tendenz ist die, das ERP-System einfach um Projekt-Management-Module zu erweitern. Das erscheint auf dem ersten Blick als eine recht praktikable Lösung, vor allem für das Projekt-Controlling; für die beteiligten Fachbereiche jedoch ist so ein ERP-Tool selten praxistauglich. - Zuviel Controlling
Wieviel Controlling benötigt die Projekt-Management-Welt wirklich? Beziehungsweise wieviel kann sie verkraften? Es steht außer Frage, dass im Rahmen der Planung von Projekten auch die Kosten kalkuliert und das Budget festgelegt werden müssen. Im Laufe der Durchführung sollen das Budget überwacht und die Projektkosten laufend neu geschätzt werden. Aus Unternehmenssicht sind dabei vor allem projektübergreifende Kosten- und Budgetinformationen von Interesse. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kaufleuten und dem Projektleiter ist damit unabdingbar. - Keine Integration in die Systemlandschaft
Nicht nur im Zusammenhang mit ERP-Systemen wird deutlich, dass sich PM-Werkzeuge mit anderen Unternehmenslösungen verbinden lassen müssen. Projektarbeit besteht nicht nur aus Planungsmethoden im engeren Sinn. Sie betrifft unterschiedliche Rollen im Unternehmen und umfasst auch Themen wie Projektdokumentation, Kommunikation im Team oder Erstellen von Projektangeboten. - Mangelnde Kommunikation und fehlendes Verständnis
Was haben Projektmitarbeiter beziehungsweise das Unternehmen davon, wenn die geleisteten Stunden im Tool zurückgemeldet werden? Lohnt sich dieser "Extra-Aufwand" überhaupt? Weshalb muss ein Projektleiter monatliche Statusberichte erstellen? Liest die überhaupt jemand? Allen Benutzern eines neuen Projekt-Management-Tools sollte bei dessen Einführung bewusst sein, welche Vorteile sie selbst und das Unternehmen vom Einsatz des Systems haben. Sobald die Pflege des Tools als unnötig, lästig oder arbeitsverhindernd wahrgenommen wird, sind die Chancen für einen erfolgreichen Einsatz extrem niedrig. - Zu wenig Unterstützung vom Management
Dieselben Manager, die sich zuvor für das besagte Werkzeug entschieden hatten, können dieses verkümmern lassen. Wie das passieren kann? Man arbeitet mit den alten Gewohnheiten, liest die Berichte nicht, ignoriert Eskalationen aus dem System und trifft die Entscheidungen wie gewohnt und nicht auf Basis der Tool-Informationen. Den Daten im System wird nicht vertraut, und statt eine solide Informationsbasis einzufordern, werden alte Arbeitsweisen weitergelebt. - Ungeklärte Verantwortung für das Tool
Geneigte Nutzer, Unterstützung des Managements, Berücksichtigung der Belange aller Beteiligten sowie ein sinnvolles Zusammenspiel mit dem Controlling - das sind die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Systemeinführung. Doch wer zeichnet verantwortlich für die Pflege des Tools? Wer sorgt sich zum Beispiel um die ständiger Veränderung unterliegenden Stammdaten. Wer erstellt neue Vorlagen? Wer ändert die Workflows gemäß den angepassten Prozessen und aktualisiert die Berichte? Wer organisiert das Einspielen von Software-Updates?
Nicht nur den Weg bewerten, sondern auch das Ziel
Die Unternehmen dürfen nicht nur den Projektverlauf bewerten. Sie müssen auch das Ergebnis im Blick behalten. Dann würde der Weg, der mit der Einführung einer neuen Software beginnt, auch zu Ende gegangen. Bestände, Budgets und Anlagevermögen müssen aus der Komfortzonen geholt werden - zum Wohl der Bilanz und des wirtschaftlichen Erfolgs.
Quasi nebenbei würde sich so auch der Beitrag erhöhen, den die (IT-)Mitarbeiter zur Wertschöpfung leisten. Denn die gewonnene Zeit und die besseren Informationen durch den Softwareeinsatz, aber auch die erreichten Budgeteinsparungen ließen sich b gut für die Entwicklung neuer Produkte verwenden. (qua)