Nichts gegen Gartenarbeit. "Aber im Ruhestand wollte ich nicht nur Rosen schneiden", sagt Rainer Scharpegge. Der ehemalige IBM-Manager wollte mehr. Viel mehr: "Mein Traum war es, in andere Welten einzutauchen." Heute, mit 63, hat er sich diesen Traum erfüllt. Der Heidelberger berät auf Vermittlung des Senior Experten Service (SES) in Bonn ehrenamtlich Firmen im Ausland. Ein Projekt führte ihn in die Mongolei, zwei weitere nach Rumänien. "Die Arbeit im Ausland weitet meinen Horizont und hält mich jung und lebendig", schwärmt Scharpegge. "Als Tourist lernt man fremde Länder nie so gut kennen."
Funkeln in den Augen bekommen längst nicht alle Ex-Manager, wenn sie von ihrem Ruhestand erzählen. "Die Allerwenigsten erfüllen sich den großen Traum", sagt Fachbuchautorin Bettina von Kleist ("Wenn der Wecker nicht mehr klingelt - Partner im Ruhestand"). Ein wichtiger Grund für die Ernüchterung: "Lang gehegte Pläne verlieren oft ihren Reiz, wenn das Gegengewicht des reglementierten Berufsalltags fehlt."
Hobbys entstehen nicht über Nacht
Unter Berufstätigen ist die Vorfreude auf den letzten Lebensabschnitt indes groß, wie eine Repräsentativumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt. Demnach freuen sich die Deutschen vor allem darauf, mehr Zeit zu haben für sich selbst (50 Prozent), für Fitness und Gesundheit (48 Prozent) sowie für ihre Hobbys (48 Prozent). Nur 6,6 Prozent aller Befragten haben Angst vor Langeweile. Bei den Gutverdienern liegt dieser Anteil jedoch bei immerhin zehn Prozent.
Da gilt es frühzeitig gegenzusteuern. Wer die Zeit nach dem Job voll auskosten will, sollte sich durchaus schon mit 30 oder 40 damit auseinandersetzen. Hobbys und Interessen entwickeln sich nicht über Nacht. "Ergründen Sie schon vor dem Schritt in die Pension Ihre persönliche Schatzkiste", empfiehlt die Gerontologin Sonja Schiff, Geschäftsführerin des auf Altenpflege spezialisierten Seminaranbieters Care Consulting in Salzburg. Die imaginäre Schatzkiste sollte die eigenen Stärken, Lebenserfahrungen und Träume enthalten. Wer sich über diese Dinge Gedanken gemacht hat, kann entscheiden, was er behält, was er lieber wegwirft und was er neu machen will. Die entscheidenden Fragen lauten: Wer bin ich? Und: Wer möchte ich in Zukunft sein?
Berufstätige, die diese Fragen für sich beantwortet haben, brauchen keine Angst vor einem schwarzen Loch zu haben, in das sie fallen könnten. Eine Identitätskrise lässt sich meist umschiffen. "Denn der Mensch bleibt derselbe - egal ob Angestellter oder Pensionär", erklärt Schiff. "Wer nach Feierabend immer nur vor dem Fernseher sitzt, wird dies in der Rente auswalzen. Wer indes neben dem Beruf schon viele Interessen und Leidenschaften pflegt, wird dazu im Ruhestand noch stärker kommen."
Walter Neubauer ist einer von denen mit vielen Interessen. Schon zu Berufszeiten machte der einstige IT-Manager seinen Segel- und Jagdschein. "Den Ruhestand einfach auf sich zukommen zu lassen ist keine so gute Idee", glaubt der 66-Jährige aus dem niedersächsischen Rotenburg. "Wer nur den Job im Kopf hat, steht später mit leeren Händen da."
Spaß auch jenseits der IT
Das hat Neubauer klug verhindert. Heute geht er nicht nur segeln und jagen. Er spielt mit seinen vier Enkeln, unternimmt mit seiner Frau Städtetouren, und außerdem belegt er seit drei Jahren an der Volkshochschule einen Russisch-Kurs. "Da merke ich, wie viel Freude es macht, auch jenseits der IT Neuland zu entdecken."
- Robert Laube, Director und Service Line Lead Business Intelligence für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, drei Kinder:
"Ich habe E-Mails von meinem Mobiltelefon verbannt. Auch nehme ich mir, wann immer möglich, die Zeit, morgens mit meinen Kindern zu frühstücken und sie in die Schule und den Kindergarten zu bringen." - Yasmine Limberger, Group Manager Personalmarketing für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, ein Kind:
"Ich will vor allem das Gefühl haben, dass es meiner Tochter gut geht, ich aber auch als Teilzeitführungskraft einen guten Job mache. Außerdem benötige ich auch ein wenig Luft für persönliche Dinge. Das bedarf einer exakten Terminplanung. Man darf Dinge nicht liegenlassen, sondern muss seine Prioritäten zeitnah abarbeiten und immer alles im Blick behalten." - Petra Kaltenbach-Martin, Service Line Lead Dynamics CRM für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, ein Kind:
"Es ist schwierig, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Bisher klappt es aber mit viel Organisation. Beispielweise nutze ich die Schlafzeiten meines Kindes, um Dinge abzuarbeiten. Zudem muss man viel Energie und Motivation für Kind und Beruf mitbringen. Dennoch ist es schön, beide Welten zu verbinden." - Hans-Peter Lichtin, Country Director Avanade Schweiz, zwei Kinder:
"Die gemeinsame Zeit mit meiner Familie versuche ich so bewusst wie möglich zu nutzen. Es gibt Tage, da kann ich durchaus mit meiner Familie frühstücken und auch zu Abend essen. Das Wochenende verbringe ich mit meiner Familie." - Dominik Steiner, Business Development Executive Avanade Schweiz, Zwillinge:
"Aus meiner Sicht ist es enorm wichtig, dass man lernt, sich persönlich abzugrenzen und sich Freiräume schafft oder auch spontane Freiräume mal für sich nutzt. Ich versuche von Zeit zu Zeit früh nach Hause zu gehen und so den Abend mit der Familie zu genießen und arbeite dann liegen gebliebene Arbeit am Abend nach - etwa wenn meine Kinder im Bett sind. Oder ich frühstücke mit den Kindern und bringe sie dann in die Tagesstätte. An einem solchen Tag beginne ich dann eben eine Stunde später zu arbeiten." - Eva Steiger-Duerig, HR & Recruiting Consultant bei Avanade, zwei Kinder:
"Wir haben die Kinderbetreuung sehr gut organisiert. Zudem habe ich das Glück, dass die Stadt Zürich ein gutes Kinderbetreuungsangebot hat und mein Mann sich auch an der Kinderbetreuung mitbeteiligt. Dennoch ist das Betreuungsangebot in Zürich auch mit sehr hohen Kosten verbunden." - Carmen Egelhaaf, Senior Marketing Specialist Avanade, ein Kind:
"Abends schreibe ich mir eine Checkliste, was privat am nächsten Tag alles organisiert und erledigt werden will: Lebensmittel einkaufen, aufräumen, Hemden und Blusen zur Reinigung bringen, Geburtstagskarte an Tante Irmgard schreiben, Geschenk für das Patenkind besorgen etc., damit ich nach der Arbeit gleich durchstarten kann. Unsere Putzfrau trägt viel dazu bei, dass ich von einigen Haushaltsaufgaben entlastet bin und möglichst viel Zeit mit meinem Sohn verbringen kann. Und ein Netzwerk von Freunden (da keine Oma in der Nähe) hilft aus, wenn mein Sohn krank ist oder Kindergartenferien zu überbrücken sind." - Andrea Cebulsky, Director Legal Europe Avanade, zwei Kinder:
"Sicherlich ist auch das Reisen manchmal eine Herausforderung - ich bin fast immer mindestens ein- bis zweimal die Woche unterwegs. Ein-Tages-Reisen sind noch zu managen. Problematischer wird es, wenn man für ein paar Tage weg muss, dann muss auch mal die Oma mithelfen. Da ist es dann wichtig, dass man frühzeitig planen kann, insbesondere weil mein Mann die Woche auch unterwegs ist. Der Terminkalenderabgleich mit vier Familienmitgliedern ist manchmal eine Herausforderung für sich."