Work-Life-Balance

Weniger zu arbeiten bleibt ein Traum

27.12.2016
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Höherqualifizierte und Besserverdiener machen mehr Überstunden

Mehr Zeit für Familie oder Hobbys wünschen sich zwar viele, doch der Vollzeitjob dominiert weiterhin die Arbeitswelt, Überstunden sind die Regel. "Viele Beschäftigte würden gerne ihre Arbeitszeit reduzieren, um mehr Zeit für die Familie zu haben. De facto sind es aber gerade Besserverdienende und Höherqualifizierte, die überlange Arbeitszeiten bewältigen", sagt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Berlin.

Noch dominiert der Vollzeitjob das Arbeitsleben. Doch jüngere Arbeitnehmer fordern viel selbstbewusster kürzere Wochenarbeitszeiten und mehr Freiraum, beobachtet Karl-Heinz Brandl, Bereichsleiter Innovation und Gute Arbeit bei der Dienstleistungsgesellschaft Verdi. Mittlerweile reagierten einige Unternehmen und erprobten in Pilotprojekten Arbeitszeitkonten, die den Mitarbeitern mehr Flexibilität für unterschiedliche Lebensphasen lassen. "Die Telekom ist eines der Unternehmen, das den Beschäftigten flexiblere Arbeitszeitmodelle anbietet", sagt Brandl. Der Gewerkschafter beobachtet, dass sich Jüngere vom Ideal des Vollzeitjobs verabschieden, auch wenn das ihre Chefs überhaupt nicht gerne sehen.

Home Office, Arbeitszeitkonten und Work-Life-Balance werden von vielen Mitarbeitern gefordert und gewünscht. Diese Flexibilität bieten jedoch nur wenige Unternehmen.
Home Office, Arbeitszeitkonten und Work-Life-Balance werden von vielen Mitarbeitern gefordert und gewünscht. Diese Flexibilität bieten jedoch nur wenige Unternehmen.
Foto: TravnikovStudio - shutterstock.com

Kienbaum befragt regelmäßig Absolventen nach ihren Werten und Karriereperspektiven. Gerade der Generation Y wird nachgesagt, dass sie spaßorientiert sei und viel Wert auf Freizeit lege. Auf den ersten Blick bestätigt die Studie "Werte von Absolventen" diesen Eindruck, denn nur 20 Prozent der Befragten nennen Karriereorientierung als Ziel, für 67 Prozent sind Familie und Freunde besonders wichtig. Doch die Autoren der Studie fanden auch andere Aspekte.

Absolventen erwarten vom Arbeitgeber Flexibilität, Kollegialität und regel­mäßiges Feedback. Auch die strikte Trennung von Beruflichem und Privatem ist ihnen nicht so wichtig. Also abends oder am Wochenende noch schnell eine E-Mail zu beantworten, scheint die Jüngeren weniger zu stören als ihre älteren Arbeitskollegen. Weniger zu arbeiten finden viele nicht ­unbedingt erstrebenswert, ein ausgewogenes Verhältnis von Freizeit, Familie, Freunden und Beruf dagegen schon.

Vertrauensarbeitszeit ermöglicht Work-Life-Balance

"Jüngere Mitarbeiter wollen nicht weniger arbeiten, sondern ihre Arbeitszeit flexibler gestalten", sagt Katja Rieder, die bei Insiders Technologies aus Kaiserslautern für Marketing- und Human-Resources-Aufgaben zuständig ist. Das Unternehmen entwickelt Software für Input-Management und Kundenkommunikation und beschäftigt rund 120 Mitarbeiter.