Mit dem Internet der Dinge und der Digitalisierung der Wirtschaft wird sowohl die Datenmenge als auch die Geschwindigkeit, mit der diese Daten erzeugt werden, weiter steigen. Unternehmen, die in das Gewinnen und Analysieren von Daten oft viel Geld investiert haben, sollten darauf gefasst sein, dass sich auch Dritte für ihre Daten und die daraus gewonnenen Informationen interessieren.
Nicht nur die IT-Abteilungen müssen die unternehmenswichtigen Daten vor Verlust und unbefugtem Zugriff schützen, Vorstand und Geschäftsführer haften gegenüber ihrer Gesellschaft persönlich für Schäden aus einem unzureichenden Informationssicherheits-Management. Ebenso wichtig wie die Datensicherheit ist die Frage, wem die Daten gehören. Damit entscheidet sich, wofür sie verwendet werden dürfen und ob ihre Nutzung vertraglich gestattet oder eingeschränkt werden kann.
Eigentum an Daten - gibt es das?
In der Datenschutzdiskussion ging es bislang immer um den Schutz personenbezogener Daten. Die Frage, wem die Daten gehören, die im Internet of Things und in der digitalen Produktion gesammelt werden, wird dagegen erst seit kurzem erörtert. Sie setzt voraus, dass es überhaupt ein Eigentum an Daten gibt, über das jemand frei verfügen kann. Um die Frage beantworten zu können, muss man sich zunächst darüber im Klaren sein, dass der aus dem Informationsmanagement bekannte Begriff des Dateneigners ("Data Owner") nicht mit dem rechtlichen Begriff des Dateneigentümers gleichzusetzen ist.
Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich beim Data Owner um eine Rolle, die bestimmten Mitarbeitern in einem Unternehmen zugewiesen wird. Wer sie übernimmt, ist für das Erfassen und Verwalten von Daten sowie das Bereitstellen für Berechtigte verantwortlich, ohne dass ihm die Daten im Rechtssinn "gehören". Der Data Owner ist nicht befugt, die Daten auf eigene Rechnung zu verkaufen oder sie zu löschen, wenn ihm gerade danach ist. Das könnte im rechtlichen Sinne nur ein Dateneigentümer.
Tatsächlich kennt unser Rechtssystem aber nur das Eigentum an Sachen, also körperlichen Gegenständen. Jeder kann etwa Eigentum an einem PC erwerben und damit nach Belieben verfahren. Er kann andere von jeder Einwirkung auf den PC ausschließen. Gesetzlich geregelt ist also bislang nur - wie es der Philosoph Immanuel Kant einmal ausdrückte, "das dingliche Mein und Dein", aber nicht die Zuordnung unkörperlicher Daten zu einem bestimmten Eigentümer. Das deutsche Sachenrecht kennt kein Eigentum an Daten, und auch der oft gebrauchte Begriff des geistigen Eigentums hat damit nichts zu tun, denn Daten als solche unterliegen keinem Schutzrecht wie etwa dem Urheberrecht oder dem Patentschutz.
Autor Andreas Leupold hat sich auch mit den rechtlichen Risiken beim Einsatz von 3D-Druckern beschäftigt. Mehr dazu lesen Sie hier.
Angesichts des Werts, den Daten mittlerweile haben können, und der Tatsache, dass wir heute mit Daten handeln und Milliardenbeträge umsetzen können, mag es befremdlich erscheinen, dass unsere Gesetze keinen Dateneigentümer kennen. Es entspricht aber der Rechtswirklichkeit.
Mit der Digitalisierung der Wirtschaft und der zunehmenden "Datafication" der Produktion wird bald jedes Unternehmen Antworten auf folgende Fragen finden müssen: Wird es ein Eigentum an Daten geben und wenn ja, wie kann es rechtlich gesichert werden? Und wie kann mit der vertraglichen Einräumung von Rechten an Daten zumindest eigentumsähnliche Wirkung erzielt werden?
Wird es bald ein Eigentum an Daten geben?
Politische Brisanz hat die Grundlagendiskussion vor allem dadurch bekommen, dass die EU-Kommission auf Betreiben von Kommissar Günther Oettinger laut über die Einführung eines besonderen Schutzrechts für Daten nachdenkt, das eine dem Urheberrecht vergleichbare Wirkung entfalten würde.
Aus rechtlicher Sicht gilt zunächst der Grundsatz der Gemeinfreiheit von Informationen, der nur durch eng begrenzte, genau spezifizierte Immaterialgüterrechte (Patent, Urheberrecht, Markenrecht, Designschutz) durchbrochen wird. Auch das dem Thema am nächsten stehende Datenbankschutzrecht schützt nur die Investitionen in Datenbanken und nicht die Daten als solche. Jeder soll Informationen frei verwenden können, soweit es nicht ausnahmsweise gute Gründe für eine ausschließliche Zuordnung von Rechten gibt, etwa die Schaffung von Anreizen für neue Erfindungen oder die besondere persönliche Beziehung des Autors zu den individuellen Elementen des von ihm geschaffenen Werkes.
Für Daten greifen die herkömmlichen Schutzzwecke des Immaterialgüterrechts nicht so richtig. Weder entstehen Daten in einem besonderen individuellen menschlichen Schaffensakt noch bedarf es besonderer Anreize zur Produktion von Daten. Vielmehr werden diese mit exponentiellem Zuwachs und überwiegend durch Maschinen produziert, weil die technischen und ökomischen Bedingungen sich verändern. Ein besonderes Schutzrecht könnte aber die Funktion haben, eine ordnende Wirkung hervorzubringen in dem Sinne, dass Daten vor allem dann produziert und verarbeitet werden, wenn dies auch einen hinreichenden ökonomischen Nutzen verspricht, sprich: mehr Effizienz in den Datenmarkt zu bringen.
Allerdings gibt es eine Reihe gewichtiger Argumente gegen die Schaffung neuer absoluter Verfügungsrechte an Daten. Big Data basiert gerade darauf, dass der Nutzen und "Wert" von Daten im Augenblick der Erhebung oder Produktion noch gar nicht absehbar ist, so dass eine entsprechende Effizienzanalyse theoretisch und praktisch unmöglich ist. Noch gravierender sind aber die Probleme, die sich aus der Unterscheidung von Daten und Informationen ergeben. Diese bezeichnen unterschiedliche Konzepte, die oft in der Diskussion nicht hinreichend auseinandergehalten werden.