Neues Frauen-Netzwerk

"Weil Frauen Vorbilder brauchen"

24.03.2015
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Das neue Netzwerk "Women create tech" erwartet am 24. März etwa 250 Frauen aus IT und Digital Business in München. Eine davon ist Andrea Pfundmeier, Gründerin des Verschlüsselungsspezialisten Boxcryptor. Über harte Diskriminierung klagt die 27-Jährige nicht. Sie verlangt aber nach weiblichen Vorbildern.
Andrea Pfundmeier, Gründerin Boxcryptor: "Ich merke ja selbst, dass mir weibliche Vorbilder fehlen."
Andrea Pfundmeier, Gründerin Boxcryptor: "Ich merke ja selbst, dass mir weibliche Vorbilder fehlen."
Foto: Andrea Pfundmeier, Boxcryptor

Mit dieser Frage bringt man Andrea Pfundmeier zum Lachen: "Können sie mich zu jemandem durchstellen, der sich mit der Software auskennt?" Lachen muss die 27-Jährige nicht nur deswegen, weil sie die Software selbst beherrscht. Sie ist auch noch Chefin des Unternehmens, das der Anrufer gerade kontaktiert. Ende 2011 hat die junge Frau gemeinsam mit einem früheren Kommilitonen Boxcryptor gegründet, einen Anbieter von Datensicherheit in der Cloud. Darüber und über Frauen in der Technikwelt wird Pfundmeier kommende Woche in München sprechen. "Women create tech" nennt sich der Event, der ein neues Frauennetzwerk in Schwung bringen soll.

Initiiert wurde das Netzwerk von der Schwedin Charlotta Asell, Managerin beim Payment-Anbieter Klarna. Neben Gründerinnen wie Pfundmeier holt "Women create tech" beispielsweise Sucharita Mulpuru nach München, Vice President and Principal Analyst bei Forrester Research. Asell rechnet mit rund 250 Besucherinnen.

Pfundmeier sagt, sie habe in ihrem Arbeitsalltag zu 90 Prozent mit Männern zu tun. Harte Diskriminierung oder Mobbing erlebt sie nicht. Wohl aber das Erstaunen über Frauen in der Technikwelt - und zwar bei beiden Geschlechtern. "Ich engagiere mich vor allem deswegen in dem neuen Netzwerk, weil Frauen Vorbilder brauchen", erklärt sie. "Ich merke ja selbst, dass mir weibliche Vorbilder fehlen."

Es ist ihr wichtig, andere Frauen kennenzulernen, sich auszutauschen und zu hören, wie die Kolleginnen in dieser oder jener Situation reagieren würden. Pfundmeier sagt: "Wir müssen endlich von der Vorstellung wegkommen, dass Informatik nichts für Frauen sei." Die junge Unternehmerin hofft, dass Netzwerke wie "Women create tech" ihre Geschlechtsgenossinnen ermutigen. Asell stimmt zu. Sie will ihr neues Netz zunächst einmal als Plattform für alle Interessentinnen verstanden wissen.

Bei Boxcryptor arbeiten für Pfundmeier und Co-CEO Robert Freudenreich mittlerweile 20 Angestellte. Die Gründerin legt auf ein gemischtes Team wert. "Je mehr verschiedene Perspektiven, umso besser für den Erfolg", sagt sie. Denn wenn Informatiker für Informatiker gründen, sei das Risiko des Scheiterns hoch.

Frauennetzwerke sind nötig - noch

Was Frauen in IT und Technik angeht, setzt die 27-Jährige auf den gesellschaftlichen Fortschritt. Rein weibliche Netzwerke betrachtet sie daher als Übergangslösungen, die im Moment noch nötig sind. Pfundmeier beobachtet, dass Männer ihre Networks selbstverständlicher nutzen als Frauen. Ist irgendwo eine Stelle zu besetzen, kennt "man" oft einen Studienfreund oder Kumpel und schlägt ihn vor.

Frauen tun das viel seltener. Eben weil sie - noch - wenig solcher Netze aufgebaut haben. "Ziel muss aber sein, dass es keine Rolle mehr spielt, ob jemand Frau oder Mann ist, oder, wo jemand herkommt", erklärt sie. "Wenn wir in 30 Jahren immer noch Frauen-Netze brauchen, dann ist etwas schiefgelaufen!"

Vor wenigen Tagen erst hat der Bundestag die Frauenquote für die Aufsichtsräte bestimmter Großkonzerne beschlossen. Eine Entscheidung, die Pfundmeier zwiespältig sieht. "Grundsätzlich halte ich es für besser, die Politik hält sich aus der Wirtschaft heraus", sagt sie offen. Gleichzeitig will sie die Förderung von Frauen aber nicht vernachlässigen. Mehr als von Quotenregelungen hält die junge Unternehmerin von Bildung. Ihre Forderung: "Informatik schon in der Grundschule - und zwar für alle!"