Analyse des Wall Street Journal

Was läuft falsch bei HP?

08.11.2012
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Schlechter Umgang mit Barmitteln

Wie andere große IT-Unternehmen verfolgt auch HP die Strategie, durch Akquisitionen neue Technologien ins Haus zu holen. Doch viele der großen Einkäufe erwiesen sich als Fehlinvestitionen, dampften die erheblichen Barmittel ein und bescherten dem Konzern einen hohen Schuldenstand. Das Unternehmen hat sich damit auf absehbarer Zeit der Möglichkeit beraubt, neue Deals zu finanzieren.

2007 konnte HP noch auf einen Vermögensstand von elf Milliarden Dollar verweisen, bei fünf Milliarden Dollar Schulden. In vier der sechs vergangenen Fiskaljahre gab HP nahezu das Doppelte des verfügbaren Cashflows für Akquisitionen sowie für Aktienrückkäufe aus. Am Ende des letzten Geschäftsquartals standen 9,5 Milliarden Dollar Barreserven rund 24 Milliarden Dollar langfristige Schulden gegenüber. Zum Vergleich: Oracle kann derzeit über 32 Milliarden Dollar und Cisco Systems sogar über 49 Milliarden Dollar verfügen. HP reiht sich in die überschaubare Liste der Technologie-Companies ein, die mehr Schulden als Barreserven haben.

Unterm Strich zeigt sich, das sich weder die Rückkaufprogramme noch die Übernahmen ausgezahlt haben.

Foto: Autonomy

Anfang des Jahres musste HP acht von dreizehn Milliarden Dollar der EDS-Übernahme abschreiben. Im Jahr 2010 hatte der Konzern den Mobile-Device-Anbieter Palm für 1,2 Milliarden Dollar übernommen, um das Geschäft ein Jahr später einzustellen und den Betrag abzuschreiben. Im vergangenen Jahr zahlte HP zehn Milliarden Dollar für die Akquisition der Softwareanbieters Autonomy. Erst kürzlich meldete der Konzern sinkende Einnahmen in diesem Geschäftszweig.

Zwischenzeitlich kaufte HP eigene Aktien im Wert von 20 Milliarden Dollar zurück. Derzeit verharrt der Aktienkurs auf dem niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Die Rating-Agentur Moody's drohte bereits eine mögliche Rückstufung der HP-Bewertung an. Damit fiele dem Unternehmen eine mögliche Fremdfinanzierung von Übernahmen und Investitionen noch schwerer.

HPs aktueller Lösungsansatz: Whitman strebt Schuldentilgung und eine ausgewogene Balance zwischen Barreserven und Bankkrediten an, bevor Übernahmen denkbar sind. Zudem hat HP das Tempo beim Aktienrückkauf gedrosselt. In den vergangenen neun Monaten gab das Unternehmen für dieses Programm 1,5 Milliarden Dollar aus, in den vergangenen drei Monaten waren es nur noch 365 Million Dollar. Zeitgleich wuchs das Bargelddepot um 6,5 Milliarden Dollar.