Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein und sich am Markt zu behaupten, kommen die meisten Unternehmen nicht darum herum, ihre Geschäftsprozesse soweit wie möglich zu automatisieren. Die End-to-End-Automatisierung der Betriebsabläufe, sowohl intern als auch mit Kunden und Lieferanten, ist ein wichtige Voraussetzung für die digitale Unternehmenstransformation.
RPA und IPA von strategischer Bedeutung
Kaum überraschend ist, dass knapp drei Viertel der Unternehmen (73 Prozent) der Prozessautomatisierung eine "sehr große" oder "große" Bedeutung zumessen und sie vielerorts auch in den strategischen Zielsetzungen verankert ist. Etwas über die Hälfte der Firmen (51 Prozent) verfolgt eine eigene Automatisierungsstrategie. 48 Prozent sagen, dass die Prozessautomatisierung einen Baustein in der allgemeinen Geschäftsstrategie für alle Zukunftsthemen bildet. Bei 43 Prozent ist sie Bestandteil der Digitalisierungsstrategie.
Das ist das zentrale Ergebnis der aktuellen Studie zu "Intelligent Automation", die CIO, CSO und COMPUTERWOCHE zusammen mit SS&C Blue Prism, NICE und UiPath realisiert haben. Für die Studie wurden 317 C-Level-Geschäfts- und IT-Entscheiderinnen und -entscheider, IT-Leitende und Fachbereichsverantwortliche aus Unternehmen unterschiedlichster Branchen, Größen und Umsatzklassen in Deutschland befragt.
Zur Studie 'Intelligent Automation 2023' im Aboshop
Aufschlussreich: Unternehmen, die die Prozessautomatisierung als strategisches Ziel festgeschrieben haben, bevorzugen die Methode der Robotic Process Automation (RPA) statt der Intelligent (Process) Automation (IA/IPA). Bei 53 Prozent der Befragten ist RPA und bei 50 Prozent ist IA/IPA seit Längerem oder seit Kurzem strategisch verankert. Anders stellt sich die Situation in Zukunft dar: 29 Prozent planen den Einsatz von IA/IPA fest ein, 26 Prozent den von RPA. Das deutet darauf hin, dass die Bedeutung einer intelligente Prozessautomatisierung, die mit Technologien für Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML), über kurz oder lang steigt.
Prozessbeschleunigung und Kosteneffizienz
RPA wird in Bezug auf die Automatisierung aber auch bis auf Weiteres das bevorzugte Mittel der Wahl bleiben. Knapp zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) wollen in den nächsten zwölf Monaten auf jeden Fall oder wahrscheinlich in RPA investieren, doch nur 52 Prozent in IPA, also ganze 13 Prozent weniger. Besonders investitionsfreudig in Bezug auf RPA sind mittlere Firmen und große Unternehmen (71 beziehungsweise 70 Prozent). Kleinere Betriebe sind in dieser Beziehung deutlich zurückhaltender (55 Prozent).
Die Studie gibt zudem Antworten auf die Frage, welche Zielsetzungen mit einer Prozessautomatisierung verfolgt werden. Mit Abstand am wichtigsten ist den Befragten die Prozessbeschleunigung (45 Prozent), gefolgt von mehr Kosteneffizienz (38 Prozent) und höherer Kundenzufriedenheit / besserem Kundenverständnis (33 Prozent). Für 30 Prozent ist eine geringere Fehleranfälligkeit, und für 23 Prozent eine Arbeitsentlastung der Beschäftigten das oberste Ziel. Etwas mehr als ein Fünftel wollen in erster Linie die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen verbessern.
Top-3-Erfolgsfaktoren
Automatisierungsprojekte werden folgen selbstredend nicht dem Prinzip "l'art pour l'art" ("Kunst nur um der Kunst Willen"), sondern müssen konkreten Nutzen bieten. Die Top-3-Kriterien anhand der Unternehmen den Erfolg ihrer RPA-/IPA-Vorhaben messen sind: Profitabilität (40 Prozent), Zeitersparnis (37 Prozent) und Return on Investment, RoI (35 Prozent). Interessant ist, dass große Unternehmen den Erfolg überdurchschnittlich häufig an der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit festmachen (jeweils 31 Prozent), ganz im Gegensatz zu kleineren Betrieben (21 beziehungsweise 18 Prozent).
Der Erfolg einer Prozessautomatisierung hängt aber auch von einer Reihe weiterer Faktoren ab, zum Beispiel von einer hohen Datenqualität. Die ist vielerorts noch nicht ausgereift. Nur sechs von zehn Befragten zeigen sich mit der Qualität ihrer Daten "zufrieden" oder "sehr zufrieden". Ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg ist das Alignment der an einem RPA-/IPA-Projekt beteiligten Personen und Bereichen. In dieser Beziehung sind die Unternehmen gut aufgestellt: Bei 81 Prozent der Befragten gibt es ein Alignment zwischen Vorstand/Geschäftsführung, IT-Abteilung und Fachbereichen, von denen ein Fünftel es sogar als "umfassend" einstuft.
Prozessautomatisierung braucht Changemanagement
Genauso wichtig ist die Erkenntnis, dass es sich bei der Automatisierung von Prozessen mit RPA oder IPA nicht nur um ein IT-Projekt, sondern vor allem ein Business-Projekt handelt, wie folgende Beispiele zeigen: 87 Prozent der Befragten haben im Zuge von RPA-/IPA-Projekten eine personelle Umstrukturierung, 84 Prozent neue Verhaltens- beziehungsweise IT-Richtlinien oder Betriebsvereinbarungen und 82 Prozent eine Neugestaltung von Berichtslinien umgesetzt oder planen sie.
Die mit der Prozessautomatisierung einhergehenden Veränderungen, die auch althergebrachte Arbeitsweisen aufbrechen, erfordern ein kluges Changemanagement und einen Wandel in der Unternehmenskultur. Dafür sind die Unternehmen offensichtlich noch zu wenig sensibilisiert. Lediglich 37 Prozent sind überzeugt ("stimme zu" oder "stimme voll und ganz zu"), dass eine Prozessautomatisierung durch ein Veränderungsmanagement zu begleiten ist. 38 Prozent halten davon eher wenig oder nichts. Und weniger als die Hälfte der Befragten (46 Prozent) "stimmt zu" oder "stimmt voll und ganz zu", dass ein Automatisierungsprojekt einen Kulturwandel erfordert.
Automatisierungsgrad nicht zufriedenstellend
In Bezug auf den Prozessautomatisierungsgrad liegt ebenfalls noch viel Arbeit vor den Unternehmen. Lediglich 56 Prozent zeigen sich damit "zufrieden" oder "sehr zufrieden". Die eher geringe Zufriedenheitsquote hängt möglicherweise damit zusammen, dass gerade einmal 45 Prozent der Befragten den Anteil der tatsächlich End-to-end automatisierten Prozesse als "sehr hoch" oder "hoch" einstufen. Auffallend ist, dass die Zufriedenheit mit der Prozessautomatisierung bei den C-Level-Verantwortlichen besonders stark ausgeprägt (66 Prozent) ist, im Gegensatz zu den Fachbereichen (47 Prozent), die am wenigsten damit zufrieden sind. Die enorme Differenz von 19 Prozentpunkten könnte damit zusammenhängen, dass C-Level-Verantwortliche und Fachbereiche den Automatisierungsgrad jeweils unterschiedlich definieren.
Die Studie förderte darüber hinaus eine ganze Reihe weiterer Ergebnisse zutage, zum Beispiel was die Auswahl einer RPA- oder IPA-Lösung angeht. Mit Abstand am wichtigsten ist den Befragten die Integrationsfähigkeit einer solchen Lösung in die vorhandene IT-Infrastruktur und in Cloud-Dienste (40 Prozent). Weitere wichtige Kriterien sind Security-Aspekte (31 Prozent), (geringer) Implementierungsaufwand (30 Prozent), Lizenzkosten (27 Prozent) und Benutzerfreundlichkeit (23 Prozent). Im Zuge der Prozessautomatisierung gewinnt auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) an Bedeutung. Immerhin 60 Prozent der Befragten nutzen KI-Technologien bereits, allen voran Sprachassistenten (Voice Assistant), Natural Language Processing (NLP) und optische Zeichenerkennung (OCR).
Auswahl externer Partner - Qualität vor Quantität
Interessant ist aber auch, woher die Ideen zur Automatisierung von Prozessen kommen, und zwar in erster Linie aus dem eigenen Unternehmen: von den Beschäftigten, den Führungskräften in den Fachbereichen (52 Prozent) oder aus der IT-Abteilung (43 Prozent). 28 Prozent der Befragten nutzen spezielle Software-Tools, um Automatisierungsoptionen zu identifizieren und zu sammeln.
Geht es an die konkrete Umsetzung eines RPA- beziehungsweise IPA-Projekts, wird in den meisten Fällen nicht ausschließlich auf interne Ressourcen beziehungsweise den konzerneigenen IT-Dienstleister gesetzt, sondern externe Unterstützung hinzugezogen. In erster Linie setzen die Befragten dabei auf Berater- bzw. Consultingfirmen (42 Prozent). Knapp ein Viertel (24 Prozent) arbeitet mit einem Systemhaus/Distributor zusammen, 16 Prozent nehmen "Professional Services" des jeweiligen Anbieters in Anspruch.
Doch Vorsicht: Kooperiert ein Unternehmen im Rahmen eines RPA-/IPA-Projekts mit mehreren externen Partnern, bringt das auch Risiken und Nachteile mit sich. So befürchten 71 Prozent der Befragten ("ja, sehr stark" und "ja"), die mit vier oder mehr Partnern kooperieren, dass dadurch neue und anbieterbezogene "Prozesssilos" entstehen können. Und das ist nicht wirklich erstrebenswert.
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Studiensteckbrief
Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE
Studienpartner: Blue Prism GmbH, NICE Systems GmbH (Platin); UiPath GmbH (Gold)
Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich
Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die Entscheiderdatenbank Entscheiderdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels
Gesamtstichprobe: 317 abgeschlossene und qualifizierte Interviews
Untersuchungszeitraum: 23. November bis 30. November 2022
Methode: Online-Umfrage (CAWI) Fragebogenentwicklung & Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und Computerwoche in Abstimmung mit den Studienpartnern